Raised Fist - From The North Tipp

Raised Fist - From The North
Da erwartet man in diesen niederschlägigen Tagen nichts Gutes, und schon scheppert einem der neue RAISED FIST Rundling aber sowas von um die Ohren, dass man glaubt, Sänger und fleischgewordene Maschine Alexander Hagman hätte einem einen heftigen Clothesline verpasst.

Und was soll man sagen? Es fühlt sich einfach gut an, mal wieder neue Laute der Schweden vernehmen zu können. Denn in der Vergangenheit musste man aufgrund ihrer etwas zögerlichen Veröffentlichungstaktik ja penibel darauf achten, sich ältere Scheiben wie „Sound Of The Republic" oder aber auch „Ignoring The Guidelines" nicht zu überhören.

Die ersten Töne entstammen dem Song „Flow", welcher seinem Namen alle Ehre zu machen scheint. Er fließt geradewegs so dahin und hinterlässt Lust auf mehr. Dieses kann nun negativ oder auch positiv gedeutet werden. Ich selbst bin mir noch nicht so ganz sicher, was von dem Opener zu halten ist. Fest steht aber, dass da noch eine Steigerung möglich ist. Die lässt auch nicht lange auf sich warten, schon im Anschlusstrack „Chaos" schmettern die Gesangssalven von Sänger Hagman und treiben einen sprichwörtlichen Energieberg vor sich her. Und so soll es auch gleich mit „Man And Earth" weitergehen.

Mit dem vierten Song „In Circles" scheint sich mein persönlicher Albumhöhepunkt anzubahnen. Da wird einfach mal der Knüppel aus dem Sack geholt und mit einer Eingängigkeit serviert, dass man direkt in der heimischen Stube einen Tanzreigen eröffnen möchte. Das Highlight erstrahlt in der Form von „We Will Live Forever" zu meiner Freude noch ein wenig länger und wird direkt von „Sanctions" abgelöst, welcher auch ohne Probleme auf den anderen RAISED FIST Alben eine passende Heimat gefunden hätte.

Aber wo ein Highlight ist, ist auch Tiefpunkt. Diesen finde ich in den folgenden Tracks „Ready To Defy" und „Depressions". Die Titel sind nun keine Fehltritte, aber sie wirken irgendwie etwas fehlplatziert oder auch von Dr. Emmett Brown aus den Anfängen des letzten Jahrzehnts hergefluxkompensiert. Denn gerade „Ready To Defy" erinnert mich doch sehr stark an eine gewisse Musikrichtung namens Nu-Metal.

Nach dieser kurzen Euphoriepause geht es mit dem Song „Gates" weiter, für welchen die beiden vorherigen Lieder wohl als Anlaufstrecke dienen sollten, denn dieser schmettert nur geradeso aus den Klangkörpern. Dagegen kommt „Until The End" schon fast hymnenhaft daher. Aber keine Angst, diese Hymne steht nur kurz, bis sie vom Nachfolger „Unsinkable" umgerissen wird und wir anschließend glücklich aus „From The North" entlassen werden.

Abschließend kann man hier sagen, dass es RAISED FIST mal wieder geschafft haben, sich selbst einen weiteren Meilenstein in ihrer Historie zu legen. Und diesen hohen Ansprüchen dauerhaft gerecht zu werden, ist bestimmt kein leichtes Unterfangen – bestätigt aber ein weiteres Mal, dass sie zu recht da stehen, wo sie sind, nämlich auf dem Podest der wohl stilschwenkendsten HC-Kapelle. Und so schwenkend wie sie in ihrem technisch ausgefeilten DIY-Stil agieren, agiert auch dieses Album. Dadurch lässt es keinerlei Monotonie aufkommen und wohl ein jeder, der ein Freund von Hagmans eigenwilligem Gesang ist, wird seine Höhepunkte auf diesem Album finden und feiern.
Wenn so eine Scheibe immer das Ergebnis einer längeren Albumabstinenz wäre, würde ich doch gerne warten!