Was vielleicht den einen oder anderen im Hardcore nicht ganz so bewanderten Grünschnabel an dem Genre oftmals stört, ist das technisch nicht ganz so ausgeklügelte Songwriting-Verfahren nach dem Motto „einfach den Sechssaiter schreddern und dazu schreien“ – okay, das war jetzt vielleicht ein wenig übertrieben. Doch zumindest mir kam es bislang immer so vor, als würden immer dieselben Muster erzeugt werden, der Mut zur Komplexität und Neuheit fehlt. Aus dieser Masse an Output, den dieses Genre liefert, können sich letztlich nur diejenigen abheben, die etwas Außergewöhnliches machen – sei es ein Signature-Sound oder eben der Mut, etwas Neues beizumischen.
Abgesehen davon, dass Hardcore Musik für das Ausrasten in kleinen Clubs ist, sollte es im Idealfall jedoch auch irgendwie dem Konsumenten im Ohr bleiben, was leider zu viele Bands noch nicht verstanden haben. Wie dem auch sei, wenn eine Band sich „Ambient Melodic Hardcore“ schimpft, weckt dies dann doch mein Interesse – aha, da könnte sich eventuell mal wieder jemand was trauen.
Wie auch schon der „Ambient“-Teil verrät, sind WHITERIVER sehr atmosphärisch unterwegs und setzen anstatt auf Ausrasten eher auf den „Wir wedeln mit den Feuerzeugen“-Part. Und irgendwie muss ich zugeben, gibt mir das einen inneren Frieden, auch wenn ich zugegebenermaßen dieses „wir sind alle Gutmenschen, Menschlichkeit, Gesellschaftskritik, folge deinen Träumen, Gefühle, Freiheit, dies das ...“, Ihr wisst schon, was ich meine, eher peinlich als innovativ, wie im Promotext angepriesen wird, finde.
Was WHITERIVER wirklich gut machen, ist, mit rhythmischen Qualitäten zu punkten, zumal ein unglaublicher Monsteranteil aus dem Progressiven à la PLINI oder THE CONTORTIONIST zu finden ist. Da die ruhigen Lieder mit den etwas tänzerischen Songs wie „Lato“ oder „Guided By Tides“ abgewechselt werden, muss man sich zu keinem Punkt des Albums durchquälen. Abwechslung wird uns eigentlich allerhand geboten – dennoch kann man leider die Songs als ungeübtes Ohr nicht wirklich auseinanderhalten. Das muss aber gar nicht so schlimm sein, betrachtet man das Konzept, das hinter den Songtiteln steckt. „Vesna“ (slawisch für Frühling), „Lato“(slawisch für Sommer), „Fall“ (englisch für Herbst) und „Hiver“ (französisch für Winter) umspannen einen ganzen Jahresablauf, womit das Album „Warmth“ als eine geistig-emotionale Entwicklung verstanden werden kann.
... aber manche sind gleicher
Obwohl „Royal Blood“ einen eher schwachen Abgang macht, bleibt mir „Warmth“ definitiv positiv in Erinnerung. Auch wenn der Signature-Sound nicht vorhanden ist und sie vom Grundprinzip wie eigentlich jede zweite softere Hardcore-Band wahrgenommen werden können, machen WHITERIVER durch den progressiven, anspruchsvolleren Teil, der geschickt eingeflochten wird, ihre Sache dann doch ein wenig besser, als alle anderen.
TRACKLISTE
1. Vesna
2. Brittle Glass
3. Lato
4. Fall
5. Hiver
6. Guided by Tides
7. Wasted
8. For Life
9. Warmth
10. On Par
11. Source
12. Royal Blood