Running Wild - Shadowmaker

runningwild shadowmaker

Stil (Spielzeit): Heavy Metal/Hard Rock (50:18)
Label/Vertrieb (VÖ): SPV/Steamhammer (20.04.12)
Bewertung: 7,5/10

running-wild.net

Beizeiten ticken Musiker etwas seltsam. Da wollen sie die Arbeit ihrer Band beenden und sich auf andere Dinge konzentrieren, geben ein Abschlusskonzert auf Europas größtem Metalfestival (Wacken) und sind zwei, drei Jahre später plötzlich mit einem neuen Album zurück. So geschehen bei RUNNING WILD, deren Bandchef Rolf Kasparek plötzlich doch wieder Bock auf neue Musik hatte und mit "Shadowmaker" nun ein Album mit zehn neuen Songs veröffentlicht – alle selbst geschrieben und eingespielt.

Die Kritiker werden Rock 'n' Rolf weiter belächeln und meckern, die Hardcore-Fans wird's freuen. Doch was ist mit denen, die wie ich alte Nummern und Alben der Band kennen und schätzen, das Hickhack um den "echten" Drummer Angelo Sasso aber zum Schießen fanden und sich aus verschiedenen Gründen nicht mit den jüngeren Werken des deutschen Urgesteins befasst haben? Selbst die sollten etwas mit "Shadowmaker" anfangen können, wie mehrere Durchgänge des Albums zeigen. Denn abgesehen von dem fürchterlichen "Luke, ich sehe aus wie dein Vater"-Artwork, den immer noch einfallslos programmierten Computer-Drums, platten Texten und einer klinischen Produktion ist "Shadowmaker" überraschend gut und abwechslungsreich ausgefallen. Auch wenn der straighte, sehr eingängige Opener "Piece Of The Action" ungewohnt rockig aus den Boxen rauscht und so gar nicht nach dem klingt, womit ich RUNNING WILD in Verbindung bringe, macht vor allem Kaspareks Gesang klar, wem man hier lauscht. Die Midtempo-Nummer "Black Shadow", die sofort zum Mitbangen animiert und mit gutem Riffing glänzt, "Shadowmaker", das siebeneinhalbminütige "Dracula" und "Into The Black" sind sehr hörenswert und pendeln mit einer Mischung aus altbewährten Trademarks und einer frischen Hard Rock-Seite zwischen "neu, aber interessant" und "so ähnlich muss das klingen". Ganz anders liegt der Fall bei dem wirklich gewöhnungsbedürftigen "Me & The Boys": Je nach Stimmung ist der pure Achtziger-Stadionrock entweder fürchterlich cheesy, billig und aufgesetzt oder aber ein cooler Party-Song mit Gute-Laune-Feeling. Wie sehr das zu einer Band wie RUNNING WILD passt, sei einmal dahin gestellt, jedenfalls sorgt gerade diese Nummer für sehr kontroverse Reaktionen. Apropos gute Laune: Generell macht "Shadowmaker" einen erfreulich positiven, lockeren Eindruck. Rolf Kasparek scheint hier einfach das gemacht zu haben, worauf er Bock hatte.

Die Kontroversen dürften sich bei drei Songs übrigens stark in Grenzen halten, denn bei "Riding With The Wind" und "Sailing Fire" handelt es sich doch tatsächlich um urtypische RUNNING WILD-Piratenhymnen! Textzeilen wie "Rum and powder in the air", "The Jolly Roger's flying high" und "The beat of the holy sea is pounding in our hearts", straighte Riffs mit Wiedererkennungswert, Rolfs Vocals, melodische Hooks, starke Melodiebögen und Refrains – DAS sind RUNNING WILD, und zwar RUNNING WILD zum Hinknien! Der flotte, rifflastige Headbanger "I Am Who I Am" (diesmal ohne Piratenthematik) komplettiert das hochwertige Trio, bei dem man sich nur eine Frage stellen kann: Warum klingen nicht alle Songs so geil?!

"Shadowmaker" ist viel besser als gedacht, und selbst, wenn "I Am Who I Am", "Riding With The Wind" und "Sailing Fire" als unangefochtene Höhepunkte die restlichen Songs recht blass aussehen lassen, gibt es doch genügend hochklassiges Material sowohl für Hardcore-Anhänger als auch Gelegenheitshörer. Ich bin stark beeindruckt!