Power Quest - Sixth Dimension

Power Quest - Sixth Dimension

Die britische Band POWER QUEST blickt auf eine turbulente Bandgeschichte zurück – gegründet im Jahr 2001, folgte fünf Alben und 24 Musiker plus "Drummer" Scott Michaels später (also über den Daumen gepeilt eine komplett neue Band pro Album) im Jahre 2013 die Auflösung, ehe am 1. April des vergangenen Jahres die Rückkehr und Arbeit an einem neuen Album angekündigt wurden. Das Album ist nun endlich da – ob seiner Qualität bin ich mir aber nicht sicher, ob das alles nicht doch eher ein langgezogener Aprilscherz war.

Ein Griff in den Klischee-Baukasten

Der Opener "Lords Of Tomorrow" beginnt mit sphärischen Klängen und mutiert schnell zu einer genretypischen Uptempo-Nummer, inklusive penentrant-hoher Keyboard-Melodie, die leider noch das Beste am Song ist. Der Rest klingt wie am Powermetal-Reißbrett konstruiert, nur dass Drummer Rich Smith sich nicht für einen der fünf Standard-Schlagzeuggrooves entscheiden konnte und deswegen munter hin und her wechselt.

Mit "Starlight City" wird es zwar eingängiger als im Vorgängersong, insgesamt bleibt es aber leider generisch, was dadurch nicht besser wird, dass man den Refrain in gut sechs Minuten so oft bruteforce-mäßig wiederholt, dass er sich am Ende doch als Ohrwurm festsetzt.

Der Aufwärtstrend auf niedrigem Niveau setzt sich in "Kings and Glory" fort – klebrig-süßer Gute-Laune-Powermetal, bei dem man weiterhin in jeder Klischeebox einen Haken setzen kann, der aber immerhin frisch genug klingt, dass ich nicht sofort die Kopfhörer von den Ohren nehmen will.

"Face The Raven" startet noch vielversprechend riffbetont und mit aggressiverem Gesang (wenn man in diesem Genre von aggressiv sprechen kann), was alleine aber leider nicht über die weiteren Instrumente hinwegrettet. Das Keyboard klingt dünn, aber dafür zu hoch, als dass ich es noch als angenehm empfinde, und ein abgehackter Schlagzeugbreak im Refrain tut sein Übriges – bitte weiter im Programm.

Eighties Flashbacks und noch mehr Klischees …

Sowohl "No More Heroes" als auch "Revolution Fighters" sorgen bei mir dank ihres 80er-Jahre-Vibes für nostalgische Gefühle. Beide Songs könnte man problemlos als Hintergrundmusik für eine Trainingsmontage im 80er-Jahre-Standard-Kampfsportfilm à la "Karate Tiger" verwenden – unmittelbar bevor Kurt McKinney doch noch Jean-Claude van Damme verprügelt, nachdem der seinem Vater das Knie zertreten und seine Freundin an den Haaren gezogen hat. Beide Songs passen stilistisch irgendwie nicht wirklich ins Gesamtkonzept des Albums, aber funktionieren für sich genommen durchaus gut.

Nach einem leicht breiig klingenden "Pray For The Day" wird es in "Coming Home" nochmal hinreichend fröhlich. Es bleibt relativ uninnovativ, aber immerhin kombinieren POWER QUEST die Standard-Powermetal-Bauklötze endlich so, dass es wieder annähernd so wie das klingt, was ich auf ihren vorherigen Alben (die ich teilweise wirklich gut fand) schon einmal gehört habe – es ist also nicht alles verloren.

Den Abschluss macht der Titeltrack "The Sixth Dimension", aber eigentlich ist an diesem Punkt auch schon alles gesagt. Nach zwei Minuten, die sich eher wie zwei Stunden anfühlen, setzt endlich der Gesang ein – untermalt durch eine Nebenmelodie, die so sehr nach "She's Like The Wind" aus Dirty Dancing klingt, dass ich wirklich erst einmal im Kalender nachsehen musste, ob wir nicht doch eher 1986 statt 2017 haben.

Wer ist hier die Zielgruppe?

Um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen – eigentlich mag ich Powermetal und das sogar sehr gerne. Egal, ob epische Arrangements wie damals bei RHAPSODY OF FIRE oder an Misanthropie grenzende Fröhlichkeit wie bei FREEDOM CALL – ich bin dabei! Drachen, Einhörner und Elfen sind alles gern gesehene Gäste im heimischen Plattenregal, aber dieses Kitschungeheuer (Danke, Theo) ist selbst für mich einfach zu viel des Guten, so dass ich mich frage, wem man dieses Album dann guten Gewissens empfehlen kann. Ich bin nur zu einem Schluss gekommen: Liebe Black-Metaller, wenn Ihr mal wieder Material braucht, um uns Powermetal-Fans zu verspotten, bitte greift zu!

Etwas Diplomatie zum Abschluss

Nach diesen nicht ganz so netten Worten habe ich irgendwie das Bedürfnis, doch noch etwas Freundliches zu sagen: Das Album ist gut produziert, die Jungs wissen ihre Instrumente zu bedienen und sowohl "Coming Home" als auch "Kings And Glory" zeigen, dass auch hinsichtlich des Songwritings durchaus weiterhin Potential vorhanden ist. Daher hoffe ich einfach, dass "The Sixth Dimension" ein Ausrutscher nach unten war und POWER QUEST auf dem nächsten Album wieder zeigen, dass sie all meine eigentlich heißgeliebten Klischees auch auf die gute Art erfüllen können.

Tracklist:

  1. Lords Of Tomorrow
  2. Starlight City
  3. Kings And Glory
  4. Face The Raven
  5. No More Heroes
  6. Revolution Fighters
  7. Coming Home
  8. The Sixth Dimension