RAM - Rod Tipp

RAM - Rod
    Klassischer Heavy Metal

    Label: Metal Blade
    VÖ: 03.11.2017
    Bewertung:9/10

    RAM im Web


Seit einigen Jahren gibt es eine ganze Reihe an Bands insbesondere aus Skandinavien, die klassischen Heavy Metal mit Underground-Attitüde zelebrieren. Davon kann man halten, was man will: Die Kapellen abfeiern, weil sie so unfassbar true und kultig sind, oder sie zum Teufel jagen, weil sie stets wiederkäuend da weitermachen, wo die frühen JUDAS PRIEST oder IRON MAIDEN aufgehört haben.

Die Speerspitze der skandinavischen Metal-Bewegung?

RAM sind eine der routiniertesten und dienstältesten Truppen dieser klassischen Metal-Bewegung. Zwei Jahre nach "Svbversvm" holen die Schweden mit ihrem fünften Longplayer "Rod" zum nächsten Rundumschlag aus. Und eines wird ganz schnell klar: Auch zwölf Jahre nach ihrem Debüt "Forced Entry" fährt das Quintett eisern auf seiner kompromisslos-traditionellen Metal-Schiene.

In einer Dreiviertelstunde knallen uns die Skandinavier höchst klassischen Heavy Metal vor den Latz, wie er ursprünglicher nicht sein könnte. Songaufbauten, Riffing, Leads, Hooklines, Vocals, Produktion: "Rod" ist eine knietiefe Verbeugung vor einflussreichen traditionellen Kapellen der späten Siebziger und Achtziger, ohne altbacken zu wirken. Darüber hinaus liegt der Hauch des Okkulten über den Songs, die auch bei längerer Spielzeit durchgehend die Spannung halten.

RAM feuern aus allen Rohren

Gleich der Opener "Declaration Of Independence" läuft mit über sieben Minuten ins Ziel. Mächtig drückend mit Gänsehaut-Atmosphäre, sägenden Riffs und Ohrwurm-Hooks steuern die Schweden auf einen epischen Refrain zu. Das Gitarrensolo erinnert an IRON MAIDEN zu "Somewhere In Time"-Zeiten. "On Wings Of No Return" feuert mit durchgedrückter Doublebass kompromisslos nach vorne und ist in allen Belangen eine Lehrstunde in Sachen klassischer Metal.

In der Midtempo-Hymne "Gulag" zeigen sich RAM von ihrer Schokoladenseite: Galoppierende Riffs unterstreichen klagende Gitarren-Melodien, die Platz für Oscar Carlquists ausdrucksstarke Vocals machen, bevor sie im erdrückenden Chorus wiederkehren. Nach einem gefühlvollen Solo entfalten die melancholischen Doppel-Leads ihre volle Wirkung. So simpel – und doch so effektiv.

Der heftige Doublebass-Stampfer "A Throne At Midnight" mit deutlicher JUDAS PRIEST-Schlagseite im Chorus zieht das Tempo ordentlich an, bevor die Band in der zweiten Hälfte des Albums erstmals eine Konzept-Story erzählt.

"Rod" ist ein halbes Konzeptalbum

In sechs Parts behandeln die Schweden die Geschichte des Charakters Ramrod The Destroyer, der fast bis zur Unkenntlichkeit verzerrt im Instrumental/Spoken-Words-Intro "Anno Infinitus" zu Wort kommt.

Dann lassen RAM die fast achtminütige, epische Hymne "Ignitor" mit hoppelnden Riffs, kreischenden Soli, Tempowechseln und einer Breitseite an MAIDEN-Gedächtnis-Leads los. Insbesondere in den dreieinhalb Minuten vor Songende erzeugt das Gitarren-Duo Harry Granroth/Martin Jonsson aus simplen Harmonien eine unvergleichlich melancholisch-erhabene Stimmung.

"The Cease To Be" ist mit anklagenden Strophen und kraftvoll-melodischem Refrain die einzige Verschnaufpause auf "Rod", die den Spätsiebziger-Spirit von JUDAS PRIEST atmet. Der Songaufbau, die unverzerrten Gitarren in den Strophen und Carlquists wehmütiger Gesangsstil erinnern an "Victim Of Changes".

Nach dem unspektakulären, erzählenden Zwischenspiel "Voices Of Death" folgt der heftigste Nackenbrecher des Albums, "Incinerating Storms". Mit thrashigen Riffs, kreischenden Soli und Carlquists Screams ist der Name Programm. "Painkiller" trifft auf "Resurrection", aufgelockert von einem okkult-düsteren Chorus und doppelläufigen Harmonien. "Ashes" beendet die Ramrod-Story mit anfangs klagenden Melodien, dann unheilvollen Gitarren und industriellen Drums.

45 Minuten klassischer Metal in purer, essentieller Form

RAM zelebrieren die Essenz des traditionellen Heavy Metal mit einer ganz eigenen lässigen Selbstverständlichkeit – kompromisslos, kraftvoll, abwechslungsreich, melodisch. Wer 45 Minuten lang eine solch dichte Stimmung aufbaut und hält, Songs wie "Gulag" kreiert und mit einem Sänger wie Oscar Carlquist gesegnet ist, darf sich bei den Altmeistern bedienen, so viel er will.

Irgendwann wird es JUDAS PRIEST oder IRON MAIDEN nicht mehr geben. Wenn RAM deren Erbe fortführen, wird die Welt in Ordnung bleiben.

Trackliste

1. Declaration of Independence
2. On Wings of No Return
3. Gulag
4. A Throne at Midnight
5. Ramrod the Destroyer, Pt. 1: Anno Infinitus
6. Ramrod the Destroyer, Pt. 2: Ignitor
7. Ramrod the Destroyer, Pt. 3: The Cease to Be
8. Ramrod the Destroyer, Pt. 4: Voices of Death
9. Ramrod the Destroyer, Pt. 5: Incinerating Storms
10. Ramrod the Destroyer, Pt. 6: Ashes

Band

Oscar Carlquist: Vocals
Morgan Pettersson: Drums
Harry Granroth: Guitars
Martin Jonsson: Guitars
Tobias Petterson: Bass