Witherscape - The Inheritance Tipp

Witherscape - The Inheritance
Dan Swanö hat wieder was Neues am Start! Eine gewisse Grundqualität kann man bei dem umtriebigen Multi-Instrumentalisten und Musikproduzenten immer erwarten. Groß vorstellen muss man dieses Genie sicherlich nicht, da der Schwede im Death Metal, Black Metal und im Progressive Rock / Metal schon seit zwanzig Jahren einige markante Spuren hinterlässt. Mit WITHERSCAPE liefern Swanö und sein Kollege Ragnar Widerberg ein Konzeptalbum ab, welches sich mit einer fiktiven Geschichte aus Stockholm zum Ende des 18. Jahrhunderts befasst. Der Protagonist verliert seine komplette Familie wegen einer seltsamen Krankheit und erhält als Nachlass einen Schlüssel zu einem Haus im Norden. Was ihn dort erwartet, ist unklar und „The Inheritance" befasst sich eben mit genau dieser Reise ... 

Zuckersüß tönt uns im einen Moment „save all the tears, that you're crying" entgegen und im nächsten Augenblick hauen uns WITHERSCAPE eine tiefdunkle Growlattacke vom Feinsten um die Ohren. WITHERSCAPE spielen also mit Gut und Böse und mit Hell und Dunkel, bis dahin nichts Neues. Aber die Schweden bedienen sich ganz unkonventioneller Stilmittel, die ich in der Kombination tatsächlich noch nicht gehört habe. Angefangen von unterschiedlichsten Stimmungen, über absolut unübliche Enden, bis hin zu aufreibenden Wechselbädern, die erst nach und nach Sinn machen. Die Platte muss auf jeden Fall am Stück gehört werden, um die Komplexität und das Zusammenspiel zu erfassen. Nur so kann man erkennen, wie die Rädchen wirklich ineinandergreifen.

Ragnar Widerberg zaubert kernige Riffs ohne Ende und dank des Talents des Duos wird der Hörer trotz schmaler Bandbesetzung mit massig Melodien überschüttet. Weitere Stärken liegen im Klavierspiel, man hört deutlich, dass hier Profis am Werk sind, die voll und ganz in Musik aufgehen. Das Titeltstück „The Inheritance" lässt den ersten Teil des Abenteuers (die Platte schreit nur so nach Fortsetzung...) mit wehmütigem, großartigem Tastenspiel ausklingen.

Dan Swanö kann noch dazu seine jahrzehntelange Produktionserfahrung einbringen. Stellenweise hat man tatsächlich das Gefühl, die Musiker spielen die Platte direkt im eigenen Wohnzimmer und man schaut sich verstohlen um. Gewöhnungsbedürftig sind allerdings so manche 80er Jahre Keyboardsounds und mancher Schlagzeugpart, der verdächtig nach Dose klingt. Beides nachzuhören bei „The Math Of The Myth", für mich das einzige Sorgenkind der Platte, etwas zu wirr und zu bunt geraten.

„Dead For One Day" ist WITHERSCAPE angeblich leicht von der Hand gegangen, das hört man dem Stück auch an. Es startet mit Dan und seiner Akustiklampfe, schaukelt sich dann langsam in ein großes Finale hoch. Langsam peitscht sich das Lied also zum Höhepunkt und befasst sich mit der Möglichkeit, tot für einen Tag zu sein. Wäre es nicht interessant zu sehen, wer wirklich um dich trauert? Wie jedes Projekt, jede Produktion und jede Band, in der Dan Swanö mitwirkt, so klingt auch WITHERSCAPE durchweg nach ihm und atmet den besonderen Charme des musikalischen Tausendsassas.

Den letzten Punkt zur Höchstwertung zücke ich nur nicht, weil die Stücke bei aller Genialität doch durchweg dem gleichen Muster folgen. „The Inheritance" ist eine große, magische, musikalische Reise mit Tiefgang, auf der WITHERSCAPE tatsächlich eine Geschichte erzählen. Fesselnd, packend und schon jetzt eines meiner Topalben in 2013!

Anspieltipps: Das schwarzgetönte „The Wedlock Observation" und der Überhit der Platte „Astrid Falls"