Slime - Sich Fügen Heißt Lügen

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Stil (Spielzeit):
Deutschpunk (46:04)
Label/Vertrieb (VÖ): People Like You / EMI (15.06.12)
Bewertung: 8/ 10

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Nachdem die alten Deutschpunk-Heroen SLIME bereits ein paar Reunion-Shows hinter sich haben, ist es auch nicht sonderlich verwunderlich, dass sie jetzt auch ein Album rausbringen. Einzig die Qualität von „Sich Fügen Heißt Lügen" verwundert mich – schließlich hätten SLIME nach fast 20 Jahren auch einfach alles verlernen können, was sie damals so groß gemacht hat. Aber nach den ersten paar Sekunden des Openers und Titeltracks wird klar: auch 2012 sollte man mit SLIME rechnen.

Als ich in meiner Deutschpunk-Phase steckte, war SLIMEs letztes Album „Schweineherbst" eine Offenbarung für mich und ist bis heute eines der ganz wenigen Alben, die ich mir anhören kann, ohne rote Ohren dabei zu bekommen. Leider können sie nicht komplett dort (oder bei „Viva La Muerta") anknüpfen, was vor allem daran liegt, dass Schlagzeuger, Song- und Textschreiber Stephan Mahler nicht mehr dabei ist. Seine Stimme und sein geniales Drumming wird heute leider stark vermisst. Glücklicherweise konnten die Hamburger aber noch mal das Meiste retten und der stete Drang nach vorne macht das differenzierte Spiel Mahlers fast wieder wett.

Textlich retten sie sich damit, dass sie ganz konsequent nur Texte von Dichter Erich Mühsam  (von Nazis 1934 umgebracht) nutzen, der mit seinen anarchistischen Texten wunderbar in die Geschichte von SLIME passt. Allerdings muss ich auch sagen, dass der Ruf nach Anarchie 1994 noch was anderes in mir auslösen konnte, als das heute der Fall ist – aber hey, wenigstens trauen sie sich, sich politisch zu äußern! Einigen Songs stehen die Texte ja auch mehr als gut – Hände werden dabei so oder so zu Fäusten werden!

Im Jahre 2012 klingen SLIME wie eine furiose und sehr punkige Version von „Schweineherbst" meets „Codename Freibeuter" (vom Nebenprojekt C.I.A.) und zeigen die meisten ihrer Stärken, als wären die letzten 20 Jahre gar nicht gewesen: Man erkennt die Stimme sofort und Sänger Dirk schafft es wieder, den Hass auf den Kapitalismus in dir zu wecken. Außerdem gibt es neben typischen Gassenhauern auch wieder kleine Reggae-Einsprengsel und zwischendurch immer mal wieder ein paar düstere Parts, die man so gar nicht mit Deutschpunk verbinden würde („Bett aus Lehm und Jauche"). Also abwechslungsreich ist „Fügen.." auf jeden Fall geworden. Und unerwartet stark.

Wer mit Deutschpunk nie etwas anfangen konnte oder im Höchstfalle die BROILERS aushält, was deutschsprachigen Punk angeht, der wird sich auch mit SLIME im neuen Jahrtausend nicht zufrieden geben können. Alle alten Fans, die sich nicht komplett abgewandt haben, dürften diese Platte aber genauso abfeiern können wie ich das gerade tue.