OneThirtyEight - London Transmissions Tipp


Stil (Spielzeit): Avantgarde (49:59)
Label/Vertrieb (VÖ): Eigenprod. (15.12.08)
Bewertung: 9 / 10 Punkten
Link:www.myspace.com/onethirtyeightmusic


OneThirtyEight ist ein 1-Mann Projekt aus London, das bislang mit 3 Demos keinerlei Aufsehen erregte. Jetzt also, logischerweise noch immer ohne Deal, das Full-Length-Debüt.

Lassen wir den guten Mann, dessen Name mir nicht geläufig ist, mal erklären, was er so treibt. 1:38 „create a twisted style of music of dark stories & unsettling atmospheres, blended with the absurd“. Jo, er weiß, was er tut. Auch wenn der nur mit traditionellen Musikvorstellungen ausgestatte Hörer beim Genuss von „London Transmissions" da wohl ernsthafte Zweifel anmelden würde. --- Ich versuch mal meine Beschreibung dieser Klangexperimente auf dieselbe Weise wie wohl der Musiker (Experimentator) ebenfalls verfährt: nämlich frei assoziativ.

Musik in der sehr entfernten Nähe: vielleicht MY LIFE WITH THE THRILL KILL KULT, CURRENT 93, Roger Waters, TOOL, EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN, TYPE-O-NEGATIVE (man höre sich mal die Lead Gitarre von „ Carllary Whore“ an; die ist atmosphärisch dem unglaublich schönen Doom-Lead von „World Coming Down“ sehr ähnlich; nur noch vordergründiger, länger, intensiver… ); dann noch: Danny Elfman, Harry-Lime-Theme aus “Der Dritte Mann”... kaputte Bontempi-Sounds, viel unbehagliche Akustik-Klänge  (Gitarre / Piano), noch unbehaglichere elektronische Geräusche steht melancholischer Schönheit gleichberechtigt gegenüber...

(also möglicher Soundtrack zu Filmen wie:)
“Man Bites Dog”, “Citizen Cam” und anderen Mockumanteries. Mir schießen aber auch Bilder in den Kopf von „Brazil“ (schon wieder Harry Lime!) Also natürlich auch „Der Dritte Mann“, „Citizen Kane“ (ach was!) , dann: „The Wall“ oder die Melancholie der Gebrüder Kaurismäki.

Da ich aber mehr lese als ins Kino gehe, assoziiere ich literarisch weiter: Botho Strauss, Robert Walser, Philip Roth, Dalton Trumbo könnten die die Literatur bereitstellen, zu der „London Transmission“ eine schöne Vertonung wäre… Anderweitig und besser dieses Mittelding aus toller Musik im Dark Wave-/ Gothic- / Doom- / Psychedelic- Bereich und elektrostatischen und anderen Störgeräuschen zu beschreiben fällt mir nicht ein.

Das alles liest sich so, als sei London Transmission verkopfter Intellektuellen-Funk. Tatsächlich ist LT sehr avantgardistisch und experimentell. Und dennoch funktioniert es streckenweise schlicht auch nur als Musik. Atmosphärisch so kompakt wie vielschichtig. Ich vergebe mal aus reiner Willkür 9 von 10 Punkten, weil mir dieses seltsame Ding schon diverse Male richtig düstere Freude gemacht hat... Auch wenn sich 9 von 10 Leuten an den Kopf fassen werden...

p.s.: dass der Name "OneThirtyEight" eine Reminiszenz an THE MISFITS darstellt, ziehe ich angesichts der dargebotenen Geräusche in Zweifel….