Soilwork - A Whisp Of The Atlantic (EP) Tipp

Soilwork - A Whisp Of The Atlantic (EP)
    Melodic Death Metal

    Label: Nuclear Blast
    VÖ: 04.12.2020
    Bewertung:9/10

    Soilwork im Web


Seit der Veröffentlichung ihres letzten Albums „Verkligheten“ im Januar 2019 waren SOILWORK alles andere als untätig. Nach den drei einzeln veröffentlichten Songs ihrer „Feverish“-Trilogie haben die Schweden nun aus diesen sowie den beiden neuen Songs „A Whisp Of The Atlantic“ und „The Nothingness And The Devil“ eine EP konstruiert, die mit 37 Minuten Spielzeit schon fast Albumcharakter hat. Nun mag sich der Leser fragen, wie man bei gerade mal fünf Songs auf eine Gesamtspielzeit von über einer halben Stunde kommt. Die Antwort: Der Titeltrack der EP ist mit über 16 Minuten Länge der wohl monumentalste Song der Bandgeschichte.

Ist das noch eine EP oder schon ein Album?

Obwohl es keine allgemein gültige Definition gibt, ab welcher Länge oder Songanzahl ein Album als solches deklariert werden kann, scheint der allgemeine Konsens zu sein, dass alles unter einer halben Stunde Spielzeit mit weniger als sechs Songs eine EP ist, alles darüber ein Album. Im Falle von „A Whisp Of The Atlantic“ ist wie eingangs erwähnt eine genaue Klassifikation schwierig, weswegen die Autorin im weiteren Verlauf des Artikels die Veröffentlichung, wie die Band selbst auch, als EP bezeichnen wird.

„A Whisp Of The  Atlantic“ – der sprichwörtliche Elefant im Raum

Es gibt Bands, bei denen es keineswegs überrascht, wenn der ein oder andere Track über eine viertel Stunde lang ist. SOILWORK hingegen sind da eher die Ausnahme und es dürfte den ein oder anderen Fan gegeben haben, der bei der Länge des Titeltracks (16:31) erstmal schlucken musste. Spätestens beim Hören dieses absoluten Monumentalwerks aber wird klar, dass das Quintett aus Helsingborg es ernst meint und die Jungs um Frontman Björn „Speed“ Strid all ihr musikalisches Können in diesem Song gebündelt und zur Schau gestellt haben.

Ruhig beginnend, mit von Meeresrauschen untermalten Klavier und Akustikgitarre, baut sich der Song innerhalb kürzester Zeit zu einer absoluten Melodic-Death-Symphonie auf, wie man sie in der Form nicht oft hört. Nun mögen böse Zungen behaupten, dass SOILWORK schon lange nicht mehr dem klassischen „Gothenburg Melodic Death Metal“ angehören und eher im Modern Metal einzuordnen sind. Vor allem, nachdem die Schweden mit dem Vorgängeralbum „Verkligheten“ in für sie neue musikalische Territorien vorgedrungen sind.

Diese Richtung gehen sie in diesem Track weiter und treiben es auf die Spitze, sodass innerhalb von knapp 17 Minuten die Grundstimmung immer wieder zwischen Prog, Melodic Death und Blues hin und her schwankt. Das führt dazu, dass „A Whisp Of The Atlantic“ an keiner Stelle langweilig oder langatmig wird und Facetten von SOILWORK hervortreten, die man in der Form wohl nie erwartet hätte.

Kurz gesagt, der Track ist ein mit den verschiedensten Soli und Stimmungen gespickter Song, der sich kein bisschen wie 16½ Minuten anfühlt und zu Recht als „monumentalster SOILWORK-Song“ gehandelt wird.

„Feverish like this“

Die „Feverish“-Songtrilogie, bestehend aus den Songs „Feverish“, „Desperado“ und „Death Diviner“, bildet das Herzstück des Albums. Seit Oktober 2019 wurden die Songs einzeln im Abstand einiger Monate veröffentlicht und knüpfen musikalisch zwar eher an „Verkligheten“ an, sind aber um einiges griffiger und härter als die Songs des Vorgängers. Die von SOILWORK gern eingesetzten unterliegenden Blastbeats finden sich in allen drei Songs und treiben sie voran Richtung absoluter musikalischer Explosion.

Der zweite Track der EP, „Feverish“, vereint alle diese Charakteristiken und kann es in puncto musikalische Diversität von Aggressivität bis Melodiösität durchaus mit dem Titeltrack aufnehmen. Das angriffslustige „Desperado“ überrennt den Hörer mit einem Riff, das die Nackenmuskulatur ordentlich trainiert und zusammen mit dem eingängigen Refrain live wahrscheinlich alles abreißen wird.

Der letzte Song im „Feverish“-Bundle, „Death Diviner“, geht musikalisch eher in die Richtung von THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA, dem Hard Rock/AOR-Nebenprojekt von Sänger Björn „Speed“ Strid und Gitarrist David Andersson. Nichtsdestotrotz behält „Death Diviner“ eine gewisse Härte bei und bringt stellenweise sogar etwas Groove mit.

„There's no one left to stand between me, the nothingness and the Devil“

Das Finale des Albums bildet der ebenfalls neue Song „The Nothingness And The Devil“, der philosophisch-poetisch die Geschehnisse des Albums nochmal musikalisch wie textlich zusammenfasst. Der Song wirkt wie die Brücke zwischen den beiden musikalischen Welten des Titeltracks und der „Feverish“-Trilogie, da sowohl die bluesigen AOR- Momente als auch die aggressiven und forschen Augenblicke in einem Song kombiniert werden. Auch textlich bildet „The Nothingness And The Devil“ die Brücke zwischen den Songs der „Feverish“-Trilogie und dem Titeltrack, die nach Gitarrist David Andersson jeweils Feuer und Wasser philosophisch repräsentieren.

Fazit

Die EP „A Whips Of The Atlantic“ ist mit all seinen musikalischen Facetten und philosophischen Gedanken in den Texten ein absolut gewaltiges Werk und verglichen mit dem Vorgängeralbum „Verkligheten“ ein riesiger Sprung in eine völlig neue Interpretation von Melodic Death Metal. Eine absolute Empfehlung nicht nur für SOILWORK Fans und das Grand-Finale des – zumindest im Melodic Death Metal – Spitzenjahres 2020.

Trackliste:

  • A Whisp of the Atlantic
  • Feverish
  • Desperado
  • Death Diviner
  • The Nothingness and the Devil

SOILWORK sind:

Björn "Speed" Strid - Gesang
David Andersson - Gitarre
Sven Karlsson - Keyboard
Sylvain Coudret - Gitarre
Bastian Thusgaard - Schlagzeug