Nightwish - Vehicle Of Spirit (Blu-ray) Tipp

Nightwish - Vehicle Of Spirit (Blu-ray)
    Symphonic Metal

    Label: Nuclear Blast
    VÖ: 16.12.2016
    Bewertung:9/10

    NIGHTWISH im Web


Mit "Endless Forms Most Beautiful" und der dazugehörigen Konzertreise sind NIGHTWISH auf dem bisherigen Zenit ihres Schaffens angekommen. Davon zeugen die beiden auf "Vehicle Of Spirit" enthaltenen Konzerte. Sie präsentieren Floor Jansen, Tuomas Holopainen, Emppu Vuorinen, Marco Hietala, Troy Donockley und Interimsdrummer Kai Lahto in bestechender Form auf der Bühne.

Ausverkaufter Gig in Wembley

Am 19.Dezember 2015 spielten NIGHTWISH einen ausverkauften Auftritt in der Wembley Arena in London. Eine ausgeklügelte Lichtshow, riesige Videoprojektionen, Pyros und Feuerwerk bilden den Rahmen für eine imposante Show, die musikalisch den Fokus auf das aktuelle Album legt und dabei die zahlreichen Hits wie "Amaranth", "Nemo" oder "Ever Dream" nicht außer Acht lässt. Der "Oceanborn"-Opener "Stargazers", grandios von Floor dargeboten, sorgte bei dem ein oder anderen Anwesenden für Freudentränen, und die B-Seite "While Your Lips Are Still Red" hatten wohl die wenigsten Besucher auf dem Zettel.

Bei dem fabelhaften Epos "The Poet And The Pendulum" und "Ghost Love Score", das immer mehr zu Floors Nummer wird und ihr wie auf den Leib geschneidert scheint, macht sich eine dicke Gänsehaut breit, und das überlange, opulent orchestrierte "The Greatest Show On Earth" lässt am Ende noch mal richtig die Fetzen fliegen - inklusive Gastauftritt von Autor und Evolutionsbiologe Richard Dawkins, der auch auf dem aktuellen Studioalbum zu hören ist.

Heimspiel in Tampere

Das im Ratina-Stadion in Tampere aufgenommene Heimspiel fand am 31. Juli 2015 statt. Für den Hochsommer haben NIGHTWISH bei ihrer Open Air-Show allerdings einen ziemlich grauen Tag erwischt. Die Bühne wird um einen Catwalk bis zur Mitte des Publikums ergänzt, auf dem bis auf zwei, drei Ausflüge von Floor und dem von Marco vorgetragenen "The Islander" allerdings nichts weiter passiert.

Die Setlist konzentriert sich mit acht Beiträgen selbstredend auf "Endless Forms Most Beautiful", von dem insbesondere die Nummern mit Unterstützung von Troy Donockley ("Élan", "Alpenglow", "My Walden") sehr viel Spaß machen. Neben "Stargazers" zaubern die Finnen zwei weitere Spätneunziger-Nummern aus dem Schatzkästchen mit selten gespielten Songs ("Sleeping Sun", "She Is My Sin"). Insgesamt unterscheidet sich die Setlist in sechs Positionen, also gut einem Drittel, von der Wembley-Show.

Die Show findet fast komplett bei Tageslicht statt - ungewöhnlich, aber gerade im direkten Vergleich zum typischen Hallenkonzert aus Wembley ein interessanter Kontrast. Auch auf der großen Bühne in Tampere sparen NIGHTWISH nicht mit Effekten und schicken zu Beginn von "The Greatest Show On Earth" ein hübsches Feuerwerk in den Himmel.

Wertiges Bonusmaterial

Neben einem interessanten Interview mit Richard Dawkins finden sich zehn weitere Nummern als Bonusmaterial auf der zweiten Disc. Und die werten das Package nochmals auf. Bis auf die akustische Livepremiere von "Edema Ruh" von der "Nightwish Cruise" sind alle Tracks professionell aufgenommen worden, manche wurden sogar fürs Fernsehen mitgeschnitten. Zwar ist das Bild kein HD mehr, aber immer noch gut. Beim Ton stört lediglich die Balance: Einige Songs sind deutlich lauter abgemischt als andere. Ansonsten ist der Klang zwar nicht so hochwertig wie bei den beiden Hauptkonzerten, aber auch weit von Bootleg-Niveau entfernt.

Es handelt sich bei den Boni hauptsächlich um hörenswerte alternative Versionen (grandios: "The Poet And The Pendulum" aus Mexico City). Neben dem erwähnten "Edema Ruh" gibt's mit "Last Ride Of The Day" mit SONATA ARCTICA-Fronter Tony Kakko und dem selten gespielten "Sahara" sogar zwei echte Leckerbissen.

Gute Präsentation mit leichten technischen Schwächen

Beide Blu-rays bieten den Konzertton als Stereo- und Mehrkanalspur. Der Ton der Wembley-BD ist kraftvoller als der aus Tampere, bei dem mir die Drums zu schwachbrüstig klingen. Bei beiden Konzerten ist im ziemlich leise abgemischten Mehrkanal der Gesang von Floor sehr laut, während Tuomas' Keyboard untergeht. Das ist im Stereoton ausgeglichener, dann hört man jedoch die Fans aus den hinteren Boxen nicht mehr, und der Raumklang ist dahin. Insgesamt ist der Sound gut, aber keine Referen. Mit ein paar Einstellungen am Receiver kann man sicher etwas mehr Power herauskitzeln - entsprechendes Equipment vorausgesetzt.

Das Bild fällt sehr unterschiedlich aus: Während die Tampere-Show recht klassisch daher kommt und in HD auf der Blu-ray einen guten Eindruck macht, ist das Wembley-Konzert von der Band bewusst anders gehalten worden. Gerade in dunklen Bereichen grobkörnige Szenen, unscharfe Bilder und verwackelte Einstellungen sollen für einen "schmutzigen" Eindruck sorgen. Über diese Entscheidung wird in Foren und Rezensionen heftig gestritten, dabei ist das natürlich eine Geschmacksfrage. Ich find's gut, gerade weil man dadurch eben nicht zwei Hochglanz-Produktionen serviert bekommt.

Die Kameraschwenks und Länge der Einstellungen gehen völlig in Ordnung: Die Bandmitglieder werden oft für eine längere Zeit im Bild festgehalten, Feuerwerke, Special Effects und Fans werden zum großen Teil gut eingefangen.

Floor Jansen hat NIGHTWISH gerettet

Beiden Konzerten gemein ist die sichtbar gelöste Stimmung. Die Bandmitglieder machen ihre Späßchen, grinsen sich an und haben sehr viel Freude daran, zusammen auf der Bühne zu stehen. Bezeichnend finde ich hier die Tampere-Show, weil Floor Jansen ganz offensichtlich lieber mit ihren Jungs auf der Bühne rockt, statt sich auf dem Laufsteg zu präsentieren. Es scheint, als seien NIGHTWISH endlich wieder die Einheit, die man in den letzten Tarja-Jahren und der Anette-Phase schmerzlich vermisst hat.

Floor Jansen ist ohne Wenn und Aber die perfekte Frontfrau und Sängerin für diese Band. Sie intoniert den opernhaften Gesang der Tarja-Nummern genauso perfekt wie die Vocals von Anette auf "Dark Passion Play" und "Imaginaerum", wechselt spielend leicht zwischen erhabener Dame und rockiger Frontsau, wirkt deutlich bodenständiger als ihre Vorgängerinnen und zieht das Publikum völlig in ihren Bann. Sie ist nicht weniger als die Rettung für NIGHTWISH gewesen - und das sage ich als jemand, der "Dark Passion Play" und "Imaginaerum" auch wegen des Gesangs von Anette Olzon abgefeiert hat.

Mehr value for money ist kaum möglich

Zwei komplette Shows mit jeweils 17 Songs, von denen sich sechs unterscheiden, zehn Bonustracks, ein hochformatiges Digibook mit glänzendem Cover und zahlreichen Fotos im Innenteil: "Vehicle Of Spirit" bietet viel fürs Geld. Sehr viel. Von den tleichten echnischen Schwächen abgesehen haben NIGHTWISH ein fabelhaftes Livepaket in ihrer besten Bandbesetzung geschnürt, das die Wartezeit auf neues Material nach dem Sabbatjahr 2017 wunderbar verkürzen wird.

Tracklist

Blu-ray 1 (The Wembley Show)

01. Shudder Before The Beautiful
02. Yours Is An Empty Hope
03. Ever Dream
04. Storytime
05. My Walden
06. While Your Lips Are Still Red
07. Élan
08. Weak Fantasy
09. 7 Days To The Wolves
10. Alpenglow
11. The Poet And The Pendulum
12. Nemo
13. I Want My Tears Back
14. Stargazers
15. Ghost Love Score
16. Last Ride Of The Day
17. The Greatest Show On Earth

Blu-ray 2 (The Tampere Show)

01. Shudder Before The Beautiful
02. Yours Is An Empty Hope
03. Amaranth
04. She Is My Sin
05. Dark Chest Of Wonders
06. My Walden
07. The Islander
08. Élan
09. Weak Fantasy
10. Storytime
11. Endless Forms Most Beautiful
12. Alpenglow
13. Stargazers
14. Sleeping Sun
15. Ghost Love Score
16. Last Ride Of The Day
17. The Greatest Show On Earth

Extras:

01. Weak Fantasy (Vancouver)
02. Nemo (Buenos Aires)
03. The Poet And The Pendulum (Mexico City)
04. Yours Is An Empty Hope (Joensuu)
05. 7 Days To The Wolves (Espoo, Barona Arena)
06. Sleeping Sun (Masters Of Rock)
07. Sahara (Tampa Bay)
08. Edemah Ruh acoustic (Nightwish Cruise)
09. Last Ride Of The Day (Rock In Rio feat. Tony Kakko)
10. Élan (Sydney)
11. Richard Dawkins Interview From Wembley

Band

Floor Jansen - Vocals
Emppu Vuorinen - Gitarre
Marco Hietala - Bass, Vocals
Tuomas Holopainen - Keyboard
Troy Donockley - Uilleann Pipes, Tin Whistle
Kai Hahto - Drums