KISS - Kissology: The Ultimate Collection Vol.2 1978-1991 (4 DVDs)

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Stil (Spielzeit): Hard Rock (442 Minuten)
Label/Vertrieb (VÖ): Eagle Vision/Edel (24.07.09)
Bewertung: 7,5/10
Link: www.kissonline.com
Ziemlich genau zwei Monate ist es her, daß KISS den ersten Teil ihrer „Kissology" Reihe in Deutschland veröffentlichten und auf dem die Anfänge der Band bis zum Jahr 1977 abgehandelt wurden. Jetzt legt die Hard Rock Legende aus New York nach und beschäftigt sich auf „Kissology Vol. 2" mit den Jahren 1978 bis 1991.

1978 hatten KISS gerade „Alive II" veröffentlicht und ihren Ruf als eine der spektakulärsten Live-Bands der Welt untermauert. Dazu kam ihr erstes Best Of Album „Double Platium" auf zwei LPs. Kurz gesagt: KISS waren auf dem Höhepunkt ihres Erfolges, verkauften Millionen von Platten und zusätzlich Unmengen an Merchandise, das mal mehr mal weniger und gern auch mal gar nichts mit Musik zu tun hatte. Auch wenn sie bei religiösen Hinterwäldlern immer noch für Angst und Schrecken sorgen, sind KISS mittlerweile längst ein Phänomen für die ganze Familie geworden.
Ein Jahr später folgt auf dem „Dynasty" Album der größte Single Hit der Band. „I Was Made For Loving You" wird von der Disco-Generation und Millionen von Menschen, die mit Rockmusik eigentlich nichts am Hut haben, ebenso inbrünstig geliebt, wie von KISS-Fans gehasst.

Und doch steckt in dem Moment des größten Triumphs auch bei KISS bereits der Beginn des Abstiegs. Lead-Gitarrist Ace Frehley und Drummer Peter Criss haben mit Alkohol- und Drogenproblemen zu kämpfen und steuern, dem Vernehmen nach, auf der kreativen Ebene immer weniger zur Band bei, können sich andererseits auch immer weniger mit KISS identifizieren. Auch die vier selbstbetitelten Solo-Alben, unter dem KISS Banner veröffentlicht, retten die Situation nicht mehr.
Bis zur Mitte der 80er werden KISS drei Gitarristen verschleißen und nach zwei Versuchen, neue Musiker mit neuen Masken und dazu passenden Comic-Identitäten ins Rennen zu schicken, ihre Masken für die kommenden gut 20 Jahre einmotten und in der musikalischen wie ihren Einfluss betreffend in der Mittelmäßigkeit landen.

Aber Schritt für Schritt. Die erste DVD ist eigentlich mehr Bonus-DVD als die tatsächlich dafür gedachte vierte Silberscheibe. Was braucht eine erfolgreiche Soupergroup? Genau: Einen eigenen Film. Das dachten sich KISS 1979 auch und zimmerten aus einer Reihe von Comic-Klischees und Musikfilm-Geschmacklosigkeiten „Kiss Meets The Phantom Of The Park" in dem ein verrückter Wissenschaftler die KISS Musiker durch Roboter ersetzen will. Dank ihrer, durch geheimnisvolle Talismane zur Verfügung gestellte, Superkräfte können KISS aber natürlich entkommen. Mehr Trash geht kaum. Die hier vorgestellte Version „KISS In Attack Of The Phantom Of The Park" ist die internationale Kino-Fassung des TV-Films, mit einigen zusätzlichen oder alternativen Live-Szenen und einigen hinzugefügten Spezialeffekten.
Umrahmt wird das ganze von einem Interview aus dem Jahr 1978, in dem der Journalist KISS um jeden Preis als Blender darstellen will und auch die alte „Gefahr für die Jugend" Kiste wird ein weiteres Mal geöffnet; und einem Interview aus dem Jahr 1979, in dem KISS sich vor einem ihnen sehr viel gewogeneren Moderator ständig gegenseitig ins Wort fallen und besonders bei Ace der Verdacht aufkommt, er könnte nicht vollkommen nüchtern ins Studio gekommen sein.

Auf der zweiten DVD geht es dann endlich wieder um das, was diese DVD Serie ausmacht: Liveaufnahmen bis zum Abwinken. Das heißt, nicht ganz, denn zunächst beginnt die DVD mit dem Videoclip zur unsäglichen Ballade „Shandy", dem letzten gemeinsamen Auftritt der Originalbesetzung. Es folgt ein kurzes Interview mit Peter Criss zu seinem Ausstieg und der Vorstellung seines Nachfolgers Eric Carr.
Nach einem kurzen Vollplayback-Intermezzo in einer deutschen TV-Show und einer Kurzdoku über die Ankunft von KISS in Australien stehen die wieder komplettierten KISS endlich in Sydney auf der Bühne und liefern eine starke Vorstellung ab. Und doch ist nicht zu übersehen, dass angestrengt versucht wird, die Risse in der Band zu kitten. Ace Frehley bekommt deutlich mehr Raum als bei früheren Touren und darf deutlich mehr singen. Außerdem fällt die Diskrepanz zwischen den deutlich poppigeren neuen Stücken und dem harten Rock der 70er auf. Einzig Eric Carr ist ein echter Aktivposten und treibt die Band deutlich härter an, als es Peter Criss zuletzt getan hatte. Aber das kann nicht mehr verdecken: KISS sitzen zwischen den Stühlen und daran wird sich von jetzt an mehr als zehn Jahre auch nicht viel ändern.
Und es kommt schlimmer. Nach dem vollkommen konfusen „The Elder" Album versuchen KISS die Image-Korrektur, schneiden die Haare ab und versuchen, irgendwie moderner zu wirken. Das Ergebnis ist eine Optik, die trotz Make-Up mehr nach Miami Vice als nach Rock N'Roll aussehen und was die Band in der Fernsehshow „Fridays" veranstaltet zeigt, dass die Band 1982 auf der Kippe steht. Etwas Hoffnung macht das „Creatures Of The Night" Album, die bis zu diesem Zeitpunkt härteste Veröffentlichung.

1983 packt auch Ace seine Koffer und wird, da sich auf die Schnelle kein anderer Gitarrist für die anstehenden Auftritte der „Creatures Of The Night" Tour finden lässt, vorerst durch Vinny Vincent ersetzt. Der ist typischer 80er Gitarriste (höher, schneller, weiter...vor allem aber schneller) und fügt sich nie wirklich in die Band ein.
Mit einem Konzert vor rund 200.000 Fans in Brasilien leitet die dritte DVD die letzten maskierten Tage von KISS für die nächsten 13 Jahre ein. Und die wollen KISS offensichtlich möglichst schnell hinter sich bringen, denn bei fast jedem Song ist die Band einige Schläge schneller als auf Platte und oft auch schneller, als es dem Song gut tut. Da hatte es wohl jemand eilig.
Im Herbst des selben Jahres folgt auf MTV die Sensation. KISS präsentieren sich zum ersten Mal ohne Maske den Fernsehkameras. „Lick It Up" wird das erste Album ohne Masken und auch das letzte mit Vinny Vincent. Der Auftritt in der Cascais Hall in Lissabon ist der erste Auftritt ohne Make-Up und sowohl die Band als auch, wie einige Kameraschwenks ins Publikum zeigen, die Fans wissen noch nicht so recht, was sie davon halten sollen.
Ein kleiner Sprung ins Jahr 1987. Vinny Vincent ist Geschichte. Mittlerweile hat Bruce Kulic den Platz an der Leadgitarre eingenommen und der im vergleich zu seinen Kollegen weit weniger extrovertierte Gitarrero hat es nicht immer leicht, mit dem Rest der Band Schritt zu halten. Die Songs vom „Crazy Nights" Tourstopp in Philadelphia sind überwiegend solche, die es danach eher selten in Setlists geschafft haben und das aus gutem Grund. KISS liefern gleichförmige F*cl-Mich Songs am Fließband ab und scheinen so sehr Bon Jovi zu kopieren, wie die zuvor echte Rockbands.
Daran hat sich auch weitere drei Jahre später wenig geändert. Die 80er Jahre hatten ihren Höhepunkt Anfang der 90er Jahre. Kurz bevor Grunge die Rockmusik einerseits wieder authentisch, aggressiv und gefährlich machen, sie andererseits aber in Sachen Talent und Können in die Steinzeit zurückkatapultieren, würde, stehen toupierte Haare, tuckiges Gehampel, miese Soft-Rock Songs oder, wahlweise, seelenloses Seitengewichse auf der Tagesordnung. Kurz: Der Stadionrock ist am Arsch. Und KISS demonstrieren 1990 eindrücklich, warum. Paul Stanley wechselt während des Konzerts mehrmals die Klamotten und hampelt teilweise so wild herum, dass er kaum genug Luft zum Singen hat und Gene weiß ohne Rüstung, Ketten und sein Demon-Gimmick noch immer nichts mit sich anzufangen. KISS sind Lichtjahre davon entfernt, die große und großartige Band zu sein, als die sie Mitte der 70er die Rockmusik revolutionierten.
Ein großer persönlicher Schlag wartet 1991 auf die Band, als Eric Carr im Alter von nur 41 Jahren den Kampf gegen den Krebs verliert. Der MTV Meldung zu seinem Tod, die pietätvollerweise schon die Ankündigung seines Nachfolgers Eric Singer enthält, folgt das Video zum halben Coversong „God Gave Rock And Roll To You", dem letzten Auftritt von Carr bei KISS, das leider durch den Abspann unterbrochen wird.

Auch dieses Mal gibt es drei verschiedene Editionen mit drei unterschiedlichen Bonus DVDs mit Konzerten zwischen 1979 und 1988. In meinem Fall ein Konzert aus dem Jahr 1988 im New Yorker Ritz vor einer für KISS Verhältnisse fast intimen Konzert mit 1500 Zuschauern. Das ganze hat allerdings kaum mehr als Bootleg-Qualität. Es gibt nur eine Kameraeinstellung und immer wieder sind die Hände des Publikums im Weg. Das mag ein authentischeres Live-Erlebnis vermitteln; mehr als ein Mal sehen muss ich es aber nicht. Anhören schon eher, denn im Vergleich zu einigen anderen Tonsspuren auf dieser Sammlung ist der Sound absolut OK.

Der zweite Teil der „Kissology" spannt sich über den Teil der Bandgeschichte, der unter Rock- wie KISS-Fans der umstrittenste sein dürfte. Einige der größten kommerziellen Erfolge fallen in diese Zeit, aber genau so die Abkehr vom harten Rock und das große kreative Loch der 80er. Die goldenen Jahre liegen hinter der Band und „Revenge" der mögliche Neustart in den 90ern und die Re-Union lassen noch einige Jahre auf sich warten.
Und so kann dieser zweite Teil der „Kissology" mit dem ersten einfach nicht mithalten, macht aber Hoffnung auf das große Finale. Große Moment, so ehrlich muss man sein, bietet diese DVD wenige und ist so eher für Komplettisten interessanten.


Disc One

Land Of Hype And Glory(Ausschnitt, Ausgestrahlt am 20.01.1978)

Kiss In Attack Of The Phantoms (Kino-Version des NBC Films von 1979)

The Tomorrow Show With Tom Snyder(Ausschnitt 31.10.1979)


Disc Two

Shandi (Musikvideo 1980)

CNN Interview with Peter Criss (Ausgestrahlt am 24.09.1980)

Countdown (Ausschnitt einer australichen TV Show, Ausgestrahlt 21.09.1980)

Rockpop (Deutsche TV-Show, Ausgestrahlt 13.09.1980)
She's So European
Talk To Me

Kiss Invades Australia (Dokumentation vom November 1980)

Sydney Showground, Sydney, Australia(22.11.1980 - "Unmasked" Tour)
Detroit Rock City
Cold Gin
Strutter
Shandi
Calling Dr. Love
Firehouse
Talk To Me
Is That You
2,0000 Man
I Was Made For Lovin' You
New York Groove
Love Gun
God Of Thunder (Incomplete)
Rock And Roll All Nite
Shout It Out Loud
King Of The Night Time World
Black Diamond

Fridays (Ausgestrahlt 15.01.1982)
The Oath
A World Without Heroes
I

Top Pop (Ausgestrahlt November 1982)
I Love It Loud


Disc Three

Marcana Stadium, Rio De Janeiro, Brazil (18.01.1983 - "Creatures Of The Night" Tour)
Creatures Of The Night
Cold Gin
Calling Dr. Love
Firehouse
I Love It Loud
War Machine
Black Diamond
Rock And Roll All Nite

MTV Special: Kiss Unmasking (Ausgestrahlt 18.09.1983)

Cascais Hall, Lisbon, Portugal (11.10.1983 - "Lick It Up" Tour)
Creatures Of The Night
Detroit Rock City

The Spectrum, Philadelphia, PA (18.12.1987 - "Crazy Nights Tour")
Love Gun
Bang Bang You
No, No, No
Crazy Crazy Nights
Reason To Live

The Palace Of Auburn Hills, Detroit, MI (14.10.1990 - "Hot In The Shades Tour")
I Stole Your Love
Deuce
Heaven's On Fire
Crazy Crazy Nights
Black Diamonds
Shout It Out Loud
Strutter
Calling Dr. Love
I Was Made For Lovin' You
Fits Like A Glove
Hide Your Heart
Lick It Up
God Of Thunder
Forever
Cold Gin
Tears Are Falling
I Love It Loud
Love Gun
Detroit Rock City
I Want You
Rock And Roll All Nite

Day In Rock (MTV - 25.11.1991)
Eric Carr ist tot

God Gave Rock 'N' Roll To You II (Musikvideo 1991)


Bonus DVD

The Ritz, New York, NY (13.08.1988 - "Crazy Nights" Tour)
Deuce
Love Gun
Fits Like A Glove
Heaven's On Fire
Cold Gin
Black Diamond
Firehouse
Crazy Crazy Nights
Calling Dr. Love
War Machine
Tears Are Falling