KISS - Kissology: The Ultimate Collection Vol. 3 / 1992 - 2000 (5 DVDs) Tipp

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Stil (Spielzeit): Hard Rock (729 Minuten)
Label/Vertrieb (VÖ): Eagle Vision/Edel (05.02.2010)
Bewertung: 9/10

Links: www.kissonline.com
Ein halbes Jahr lang haben KISS die Fangemeinde auf den dritten Teil der „Kissology" Reihe warten lassen, und so langsam nähern wir uns der Gegenwart. Auf „Kissology Vol. 3" geht es um die bewegten Jahre zwischen 1992 und 2000.

1992 hatten KISS die 80er endlich hinter sich gelassen und mit „Revenge" ein Album abgeliefert, das sie, wenn vielleicht auch nicht wieder an die Spitze, so doch immerhin in den Kreis der ernstzunehmenden Hard Rock Bands zurück brachte. Die zuckersüßen Pop-Rock Songs gehörten der Vergangenheit an, die quietschbunten Outfits wurden gegen schwarzes Leder getauscht. Wohl seit dem legendären „Alive!" Album von 1975 hatten KISS nicht mehr so rau und aggressiv geklungen. Gleichzeitig versuchten die New Yorker nicht, wie vor 17 Jahren zu klingen, sondern gaben sich einen zeitgemäßen Sound.
Nicht wenige Fans halten „Revenge" für eines der stärksten KISS Alben und sind sicher, dass damit der Grundstein für einen erneuten Aufstieg mit diesem härteren Straßen-Image gelegt worden wäre, wenn nicht drei Jahre später die Re-Union gekommen wäre. Erfahren wird man es nie.

So beginnt die erste DVD mit einem der drei Konzerte, die 1993 zu „KISS Alive III" zusammengefasst wurden, das sich in Auftreten und Sound stark am neuen Image der Band orientierte. Entsprechend ist die Setlist, in der die rockigen bis metallischen Songs dominieren.
Auch der Band selbst tut der frische Wind sichtbar gut. Auch wenn Gene Simmons sein Dämonen-Gimmick offensichtlich immer noch vermisst, wirkt er weniger verloren auf der Bühne. Eric Singer, der den fast genau ein Jahr zuvor verstorbenen Eric Carr ersetzt, gibt mit seinem harten Drum-Stil weiteren Schub und Paul Stanley tänzelt auch in Leder gewohnt lasziv über die Bühne. Lediglich Bruce Kulick wirkt immer noch wie der nette Junge von Nebenan und damit etwas fehl am Platz.
Wie bei den ersten beiden „Kissology" Boxen sind die Aufnahmen auch hier weitgehend unbearbeitet, und so kann man hier und da auch kaum überhören, warum eine bestimmte Aufnahme oder gar ein ganzer Song es später nicht auf das Live-Album geschafft hat. Trotzdem zeigt dieser Mitschnitt aber vor allem, warum spätestens „Alive III" vielen Fans den Glauben an KISS zurückgegeben hat. Hier steht wieder eine echte, hungrige Rockband auf der Bühne. So ganz haben das die Fans an diesem Abend in Detroit aber scheinbar nicht gesehen, denn trotz starker Performance auf der Bühne sind die Reaktionen eher verhalten. Wie sehr man später bei der Veröffentlichung, auf der ein sehr lautes Publikum zu hören ist, nachgeholfen hat, darf sich jeder selbst überlegen.

Als nächstes gibt MTC Produzent Alex Coletti einen Einblick in die Entstehung von KISS „Unplugged" von den Akustik-Sets während der KISS Conventions: über die Idee, die zu Beginn der 80er ausgestiegenen Originalmitglieder dazu zu nehmen, woraus schließlich der erste Schritt zur Wiedervereinigung werden sollte, über vertragliche Schwierigkeiten, die den gemeinsamen Auftritt doch noch in letzter Minute zu verhindern drohten. Doch am Ende lief alles glatt und am 9. August 1995 spielten beide Besetzungen von KISS ein Konzert in den Sony Studios in New York.
Der von MTV übertragene Teil des Konzerts ist auf CD und Video/DVD veröffentlicht worden, bei dem hier vorliegenden Mitschnitt handelt es sich um den kompletten Auftritt. Während sich MTV vor allem auf die Balladen konzentrierte, kommen hier sehr viel mehr Hits zum Zuge, die allerdings auch teilweise nur bedingt in ihr neues Akustikgewand passen wollen.

Neben dem Auftritt selbst sind hier vor allem die Reaktionen interessant, vor und auf der Bühne. Paul und Gene sind sichtlich besorgt, ob ihre beiden (zu diesem Zeitpunkt noch) Ex-Mitglieder, die nicht unbedingt für einen gesunden Lebenswandel bekannt sind, den Auftritt sauber über die Bühne bringen werden. Peter Criss freut sich wie ein Schneekönig, wieder mit KISS auf der Bühne zu stehen, Ace Frehley weilt seinem Spitznamen entsprechend in anderen Sphären. Und dann sind da noch Eric und Bruce...Letzterer, der auf der Akustikgitarre noch einmal zeigt, warum er in der Band ist, spielt an diesem Abend seinen letzten Auftritt als Mitglied von KISS überhaupt; Eric wird erst knapp sechs Jahre später auf der „Farewell" Tour erneut als Ersatz für Peter ins Boot kommen. Das alles scheint Singer an diesem Abend deutlich bewusster zu sein als Kulick, der sich einfach über die Anwesenheit der vollen Originalbesetzung freut. Auch die Reaktionen der Fans lassen eigentlich keinen Zweifel, wohin die Reise nach diesem Konzert gehen muss.

Und damit wären wir bei der zweiten DVD, denn die beginnt mit dem ersten Konzert der wiedervereinigten und wiedermaskierten Truppe, abermals in Detroit. Bei aller Liebe, aber dieser Mitschnitt hat wohl hauptsächlich historischen Wert. Man merkt der Band extrem an, dass sie lange nicht in der Besetzung auf der Bühne gestanden hat. Da wird so mancher Einsatz vergeigt. Noch nerviger ist allerdings, dass zwischen den Songs zwar der Ton weiter läuft, der Bildschirm aber schwarz bleibt. Warum in den Pausen nicht mitgefilmt wurde, weiß vermutlich niemand. Übrigens: Einige Szenen könnten Fans aus dem Video zu „Shout It Out Loud" bekannt vorkommen.
Als kleines Schmankerl folgt ein Auftritt, der teilweise während der MTV Video Music Awards 1996 live übertragen wurde, seinerzeit für die meisten bei uns in Europa das erste echte Lebenszeichen nach der Wiedervereinigung und ein Ausblick auf das, was uns im Dezember des selben bzw. im Mai des nächsten Jahres erwartete.
Das Besondere an diesem kurzen Konzert ist der ungewöhnliche Ort unter der Brooklyn Bridge und das fast schon verschwenderische Feuerwerk über dem Hudson River.

Es folgt auf DVD drei der nächste kleine Sprung ins Jahr 1998. KISS hatten das lang erwartete, dann allerdings recht umstrittene Album „Psycho Circus" veröffentlicht, das stilistisch irgendwo zwischen dem fast schon alternative-progressiven „Carnival Of Souls" und dem typischen 70er Jahre Stil festzustecken schien.
Außerdem versprach man den Fans eine Tour der Superlative. Neben einer echten Zirkusshow mit Artisten und Stelzenläufern im Vorprogramm sollten während der Show Filmsequenzen auf den Leinwänden abgespielt werden, die mit den am Eingang an jeden Fan ausgehändigten 3D Brillen eben dreidimensional erscheinen sollten. Ich weiß nicht genau, wie es in den USA mit der Zirkus-Show aussah, als die „Psycho Circus" Tour nach Europa kam, war davon zumindest nichts mehr zu sehen, die 3D Videos waren jedenfalls ein eher kurzlebiger Gag.
Trotzdem macht die DVD genau da weiter. Von den Artisten im Vorprogramm ist auch hier nichts zu sehen, dafür aber einer der längsten Auftritte der Reihe, bei dem mit den Songs vom seinerzeit aktuellen Album auch eine Reihe von Nummern zum Zuge kommen, die man, vom Titelstück mal abgesehen, später eher nicht mehr in den Setlists fand.
Der Auftritt ist stark, aber neben der etwas rohen Abmischung macht die Kameraführung gelegentlich klar, dass hier nicht mit einer Veröffentlichung im Hinterkopf aufgenommen wurde. Trotzdem ist dieser mit vielen Klassikern gespickte Auftritt für mich neben dem von 1992 das Herzstück dieser „Kissology" Ausgabe.

Dagegen ist der nächste Kurz-Auftritt eher wieder ein Ausflug in die überlebensgroße Welt von KISS. Als die Band 1999 ihren eher mäßig erfolgreichen Film „Detroit Rock City" der Öffentlichkeit vorstellte, wollte vor allem Gene Simmons etwas, das andere Premieren nicht hatten... ein KISS Konzert. Wer also schon immer mal einige tausend VIPs abrocken sehen wollte: Voilà.

Ein Jahr später sieht die Zukunft weniger rosig aus. Die alten Probleme, die schon Ende der 70er zur Trennung führten, sind wieder aufgebrochen und die beiden Bandköpfe Simmons und Stanley entscheiden, dass eine Ende mit Schrecken der bessere Weg wäre.
Später, vor Beginn der Japan Tour, wird Peter Criss die Band erneut verlassen und durch Eric Singer ersetzt werden. Nachdem die Tour mehrmals verlängert wird, kommt schließlich Genes ehemaliger persönlicher Assistent Tommy Thayer ins Boot und ersetzt Ace Frehley, woraufhin jedem klar wird, dass die Abschiedtournee nur der Abschied vom Original-Line Up ist.
Das alles kann im Juni 2000 allerdings noch niemand ahnen, als KISS in East Rutherford auf die Bühne steigen. Man könnte dabei das Gefühl bekommen, die Band wollte den Auftritt möglichst schnell hinter sich bringen, denn KISS spielen sämtliche Songs einige Schläge zu schnell, womit vor allem Peter und Ace ihre Probleme haben.
Von Kameraführung und Schnitt könnte diese Aufnahme noch am ehesten für eine Veröffentlichung vorgesehen gewesen sein. Auch den Sound finde ich am ausgewogensten, von gelegentlichen Unsauberkeiten bei den Backroundvocals mal abgesehen, was das überstürzte Tempo noch bedauerlicher macht.

Auf der vierten DVD schließlich kommt der große Sprung zurück zum ersten jemals mitgeschnittenen KISS Konzert überhaupt. In den Linernotes erklärt der Produzent, dass diese Aufnahme nicht chronologisch passend im ersten Set der Serie genutzt würde, weil die Aufnahmen trotz Aufarbeitung den qualitativen Standards der Macher nicht genügten und man die Reihe so nicht beginnen wollte.
So ist das Konzert aus dem Jahr 1973, übrigens ohne Aufpreis, quasi als zusätzliche Bonus-DVD beigefügt. Die Entscheidung hat sich als richtig erwiesen, denn die Musiker sind nicht mehr als ein paar schemenhafte Gestalten, bei denen man nur aufgrund des Gesten und der teilweise zu erahnenden Masken erkennen kann, wer wer ist. Der rohe Sound der Anfangsjahre kommt allerdings schon recht gut zur Geltung.

Die eigentliche Bonus DVD, von der es dieses Mal nur eine Version gibt und nicht wie in der Vergangenheit verschiedene, zeigt dann ein weiteres Konzert von der „Alive/Worldwide" Tour 1996. Von der in Teilen deutlich veränderten Setlist fällt im Vergleich zum ersten Konzert der Tour (nur einen Monat zuvor) vor allem die bessere Koordination der Band auf. Schade eigentlich, dass die Band hier kein Konzert gegen Ende der Tour 1997 gewählt hat. Auf die DVD hat es dieses Konzert aber vermutlich nicht zuletzt geschafft, weil es die Heimkehr der Volkshelden in ihre Heimatstadt dokumentiert.

Nachdem mir die zweite Ausgabe von „Kissology" vor allem aus inhaltlichen Gründen nicht gefallen hat, habe ich hier wieder „meine" KISS und wohl auch die KISS, die fast alle Fans sehen wollen. Und das bietet diese DVD reichlich: KISS mit Masken, Kostümen, voller Show und den Klassikern der 70er Jahre.
Wieder einmal bekommt man reichlich Material für sein Geld. An der Produktion selbst mögen sich stellenweise die Geister scheiden. Was dem einen zu unterproduziert ist, wirkt für den anderen authentisch. In diesem Fall schließe ich mich der zweiten Gruppe an und bin ehrlich gespannt, mit welchen Aufnahmen der letzte Teil dann endgültig im Jetzt ankommt.

Disc One:

The Palace Of Auburn Hills, Detroit, MI (27.11.1992 – "Revenge" Tour)
Creatures Of The Night
Deuce
I Just Wanna
Unholy
Parasite
Heaven's On Fire
Domino
Watchin'
War Machine
Rock And Roll All Nite
Lick It Up
Take It Off
I Love It Loud
Detroit Rock City
God Gave Rock And Roll To You II
Love Gun
Star Spangled Banner

MTV Unplugged "Behind The Scenes" 1995

MTV Unplugged, Sony Studios, New York (09.08.1995)
Comin' Home
Plaster Caster
Goin' Blind
Do You Love Me
Domino
Got To Chose*
Sure Know Something
A World Without Heroes
Hard Luck Woman
Rock Bottom
See You Tonite
I Still Love Love You
Everytime I Look At
Heaven's On Fire*
Spit*
C'mon And Love Me*
God Of Thunder*
2000 Man
Beth
Nothin' To Lose
Rock And Roll All Nite

(* Nicht in de MTV Version enthalten)

Disc Two

Tiger Stadium, Detroit, MI (28.06.1996 – Alive/Worldwide Reunion Tour)
Deuce
King Of The Night Time World
Do You Love Me
Calling Dr Love
Cold Gin
Christine Sixteen
Love Gun
Shout It Out Loud
Watchin' You
Firehouse
Strutter
Shock Me
Rock Bottom
God Of Thunder
Let Me Go, Rock 'n' Roll
100,000 Years
Rock And Roll All Nite

MTV VMA Performance, Brooklyn Bridge, NY (04.09.1996)
Rock And Roll All Nite (live ausgestrahlt)
New York Groove
Deuce
Calling Dr Love
Love Gun

Dodger Stadium, Los Angeles, CA (31.10.1998 – „Psycho Circus" Tour) Teil 1
Psycho Circus
Shout It Out Loud
Let Me Go, Rock 'n' Roll
Shock Me
Do You Love Me
Calling Dr Love
Firehouse
Cold Gin
Nothin' To Lose
She
I Was Made For Lovin' You

Disc Three

Dodger Stadium, Los Angeles, CA (31.10.1998 – "Psycho Circus Tour") Teil 2
Into The Void
Love Gun
Within
100,000 Years
King Of The Night Time World
God Of Thunder
Deuce
Detroit Rock City
Beth
Black Diamond
Rock And Roll All Nite

"Detroit Rock City" Premiere Party, Los Angeles, CA (09.08.1999)
Detroit Rock City
Shout It Out Loud
Cold Gin
Rock And Roll All Nite

Continental Airlines Arena, East Rutherford, NJ (27.06.2000 – "Farewell" Tour)
Detroit Rock City
Deuce
Shout It Out Loud
Firehouse
Heaven's On Fire
Let Me Go, Rock 'n' Roll
Shock Me
Psycho Circus
God Of Thunder
100,000 Years
Love Gun
Black Diamond
Beth
Rock And Roll All Nite

Disc Four

Coventry, Queens, NY (22.12.1973 – Erstes gefilmtes Konzert überhaupt)
Deuce
Cold Gin
Nothin' To Lose
Strutter
Firehouse
Let Me Know
100,000 Years
Black Diamond
Let Me Go, Rock n Roll

Bonus Disc

Madison Square Gardens, New York, NY (27.07.1996 – "Alive/Worldwide" Tour)
Deuce
Calling Dr. Love
Cold Gin
Let Me Go Rock 'N' Roll
Shout It Out Loud
Watchin' You
Firehouse
Shock Me
Strutter
Rock Bottom
God of Thunder
Love Gun
100,000 Years
Black Diamond
Detroit Rock City
Rock and Roll All Nite