Propagandhi - Potemkin City Limits


Review

Stil (Spielzeit): Politischer Hardcore/Punk (41:33)
Label/Vertrieb (VÖ): FatWreck/SPV (14.10.2005)
Bewertung: 8/10
Link:
http://www.propagandhi.com/ Als erstes: Die neue Propagandhi überrascht nicht mehr ganz so wie das 2001er Manifest „Todays Empires Tomorrows Ashes“ -  rockt aber ordentlich. Außerdem ist es einfach schön, dass sich das „soziale Gewissen“ des kandischen Punkrocks wieder zurück meldet. Hat ja lange genug gedauert…

Eine Überraschung wie 2001 kann es deshalb schon nicht geben, da zwischen dieser und der Vorgängerplatte kein so großer Stilbruch vorhanden ist, wie es damals der Fall war. Propagandhi bieten weiterhin hochpolitischen 80iger beeinflussten Hardcorepunk. Und was sie machen, können sie. Auch ihre Angewohnheit, nicht auf gängige Songschemata zurückzugreifen haben sie sich bewahrt. Wer also auf der Suche nach lala-Strophen ist, die von einem netten Refrain mit Hook und Mitgröhlgarantie abgelöst werden, ist hier vollkommen falsch. Hier ordnen sich die Songs fast schon eher den linear verlaufenden Texten unter (also ohne jegliche Wiederholungen), die ohnehin immer schon eine Stärke von Propagandhi waren. Allerdings hat der Dreier auf diesem Album verstärkt ruhigere Parts in die Songs eingearbeitet. Nicht das „Potemkin City Limits“ ein Midtempo-Album wäre, aber innerhalb der Songs lassen sich Propagnadhi auch mal Zeit, Atmosphäre aufzubauen, bevor sie sie wieder niederknüppeln (z. B. bei „Bringer Of Greater Things“, welches unvermittelt eine Orgel auffährt).
Textlich ist die Band gewohnt beißend! Hier wird jedem an`s Bein geschifft, der es verdient hat! Vor allem die Kriegsbereitschaft der USA, die Abschirmung der westlichen Welt vor der Armut ganzer Kontinente, Patriotismus/Nationalismus und die Horrorseiten des Kapitalismus (und die Art, wie wir alle damit verbunden sind) stehen im Visier der Kanadier. Dazu gibt es jede Menge Zitate im Killerbooklet, welches eindrücklich die Vorgänge in einem Schlachthaus schildert und am Schluß noch vor Buchvorschlägen, Internetadressen und Anmerkungen der Musiker nur so strotzt. Alleine deswegen lohnt es sich bereits, das Album zu kaufen und nicht zu brennen.
Allerdings sollte man auch über die Anschaffung eines Wörterbuches nachdenken, da die Texte alles andere als oberflächlich sind und eine ähnliche Fachwörteranhäufung aufweisen, wie das bei Bad Religion früher der Fall war. Aber es lohnt sich! Schön ist es auch zu lesen, wie Donald (ich schätze mal „Rumpsfeld) über die Erde wandern und im Schweiße seines Angesichts Landmienen aufsammeln soll! Oder wie ganz offensichtlich Fat Mike (Bassist von NoFX, Labelbosss von Propagandhi und Initiator der Punk-Voter-Kampagne) für seine Zusammenarbeit mit der Industrie und der Politik (im Booklet zeigt ihn ein Foto beim Händeschütteln mit John Kerry) kritisiert wird.
Diese Platte sollte man wahrscheinlich  des Öfteren hören, um sich ein Bild zu machen, da auf den ersten Blick die Hits nicht so deutlich sind, wie beim Vorgängeralbum. Nach einigen Durchläufen bleiben bei mir vor allem der Opener mit seinem ungewohntem Anfang, „Bringer Of Greater Things“, “ Die Jugend Marschiert“ – ja richtig gelesen, ein deutscher Titel für ein englisches Lied – und „Rock For Sustainable Capitalism als „Hits“ hängen. Eventuell kann „Potemkin…“ nicht ganz die Klasse von „Todays Empires..“ halten, aber trotzdem bleibt das hier immer noch ein Wahnsinsalbum, bei dem es sich lohnt genauer auf Musik und Texte zu achten. Hier unterscheidet es sich stark von den meisten anderen Bands! Was ich allerdings gar nicht verstehe ist die Behauptung im Begleitschreiben, 2003 hätte es eine Sänger/Gitarristenwechsel in der Band gegeben. Da sowohl Stimme, Riffing und Photo keinerlei Wechsel andeuten und auch das Begleitschreiben etwas augenzwinkernd zu sein scheint, wird hier wohl eine Ente als Köder ausgeworfen sein. Verstanden hab ich es aber nicht.