The Sorrow - Misery Escape Tipp

The Sorrow-Misery Escape

Stil (Spielzeit): melodischer Metalcore (46:06)
Label/Vertrieb (VÖ): Napalm Records (26.10.12)
Bewertung: 8 / 10
The Sorrow Homepage
The Sorrow Facebook

Gleich vorab, THE SORROW aus Österreich sind nicht nur eine der wenigen Bands, die ich überhaupt aus diesem Land kenne, sondern für mich auch eine der besten Metalcore Bands überhaupt. Wobei man das, was THE SORROW machen, nicht wirklich guten Gewissens als Metalcore durchwinken kann, oder? Die Band hat schon immer einen hohen Anteil Thrash und auch puren Death Metal in ihre Stücke eingebracht. Metalcore soll ja angeblich aus Hardcore Punk, Melodic Death und Heavy Metal bestehen, so gibt es zumindest die allwissende Wikipedia-Macht vor.

Wenn ich aber an Sahnestücke von alten THE SORROW Alben wie „Saviour Welcome Home" oder „Knights Of Doom" denke, dann schwingen THE SORROW doch verhältnismäßig oft die Thrashpeitsche. Wie auch immer, ich mag die Band und war entsprechend gespannt auf den mittlerweile vierten Output.

THE SORROW agieren schon von Anfang an, erstaunlicherweise erst seit 2007, auf professionell hohem Niveau und auch „Misery Escape" ordnet sich vorbildlich in die international vorzeigbare Diskografie ein. Mit ihrem Sound brauchen sich die Österreicher sicher nicht vor Genregrößen wie AS I LAY DYING oder auch KILLSWITCH ENGAGE zu verstecken. Den Einstieg bietet der flotte Opener „Retracing Memories", hier wird ordentlich dicht geknüppelt und das Stück reißt einen im Vorbeigehen mit. Schön, dass bei THE SORROW die Drums richtig Bumms haben und nicht wie Furzattacken klingen, häufig ein böser Nebeneffekt bei Metalcore. Gesanglich sind THE SORROW schon immer weit über Durchschnitt und das gleiche gilt auch für die Gitarrenarbeit, wie im ersten Stück eindrucksvoll bewiesen wird. THE SORROW haben nicht so kranke Riffs wie AS I LAY DYING, stehen aber für meine Ohren stabiler und noch eine Spur schnörkelloser.

Besonders auffällig ist auf „Misery Escape" wieder einmal das Händchen der Band für große Refrains. „Burial Bridge" kann zwar auch eine beeindruckende Hook aufweisen, glänzt aber besonders in der shoutigen Einleitung zum Refrain. Das reißt mit und hat Klasse, ein extrem stimmiges Teil mit Moshpart zum Niederknien!

Was dann mit dem folgenden „My Oblivion" passiert ist, ist mir schleierhaft. Zwar tritt er heftiger und brachialer auf, aber der Übergang in den Chorus ist komplett vom eigenen Stück davor geklaut. Na ja immerhin bei sich selbst geklaut und zum Glück kann zum Ende noch einiges rausgeholt werden. Denn da folgt ein Moshpart mit Shoutings, der den vorherigen locker toppen kann.

„The Reason" klingt einleitend schon fast nach großem Stadion Rock, nimmt aber erfreulicherweise schnell wilde Fahrt auf. Im Refrain werden dann wieder die großen Emotionen ausgepackt, ein starker Song, der sofort überzeugt und interessante Tempowechsel hat.

Vollkommen ohne klaren Gesang kommt „Lost Chapter", mein Highlight der Platte, aus. Hier wird nur verzerrt (wie durch ein Funkgerät) gesprochen oder auch aus tiefster Seele geschrien, dazu gibt es leicht doomigen, trägen Sound. Bestätigt mir, dass THE SORROW weitaus mehr auf der Pfanne haben, als ihnen zugetraut wird. Auch nicht unwesentlich ist es zu wissen, dass sich „Misery Escape" gut am Stück hören lässt, das Ding läuft rund. Für meinen Geschmack hätte das Gaspedal aber noch öfter komplett durchgedrückt sein können, selbst wenn THE SORROW die Schnelligkeit gut ausgleichen können.

Auch wenn Kollege Kai und ich uns häufig einig sind, seiner Meinung in der Review zu „Origin Of The Storm" er könne „...das Album leider nicht hören, ohne zwangsläufig dauernd Vergleiche anstellen zu müssen..." kann ich nicht zustimmen. Im Gegenteil, ich finde THE SORROW erfrischend anders, eben nicht so auf die Kacke hauend und häufig aus den starren Grenzen von Metalcore ausbrechend. In der gesamten Diskografie von THE SORROW steht „Misery Escape" für mich zwar nicht ganz vorne, aber immerhin auf Platz zwei. Tolle Band, vollkommen unterschätzt und leider noch im Schatten der amerikanischen Szenegrößen.

Anspieltipps: "Perspectives", "Burial Bridges" und "Lost Chapter"

thesorrow bandfoto