Devin Townsend Project - Deconstruction

devin_townsend_deconstruction

Stil (Spielzeit): Progressive Metal (70:40)
Label/Vertrieb (VÖ): InsideOut/EMI (30.06.11)
Bewertung: 6,5/10

Link: http://www.hevydevy.com/

Während sich das DEVIN TOWNSEND PROJECT auf dem parallel erscheinenden "Ghost" den ruhigen, entspannten Klängen widmet, ist "Deconstruction" das langerwartete heftigste Werk des vierteiligen Albumzyklus' geworden. So gerne man sich auch den relaxten Klängen des Meisters hingibt – wenn er haufenweise Riffs aus dem Ärmel schüttelt, in altgedienter Manier growlt, schreit und kreischt und heftige Doublebass-Gewitter regnen lässt, kommt man nicht umhin, erleichtert aufzuatmen, selbst wenn es das Album leider nicht mit alten Großtaten aufnehmen kann.

Bei STRAPPING YOUNG LAD als auch in seiner DEVIN TOWNSEND BAND konzentrierte sich der kanadische Gitarrist und Sänger auf heftige, aber zu jeder Zeit hochmelodische Genialitäten, auf sich hochtürmende Riffwände, auf Wechselspiele zwischen Leichtigkeit und komplexen Arrangements. "Deconstruction" klingt anders als "Accelerated Evolution" oder "Terria", Townsend lässt seiner Wut in wandlungsfähigen und variablen Songs wie "Stand" oder dem heftigen "Juular" freien Lauf – aber meist kontrolliert und trotz bescheuerter Einfälle und Twists selten chaotisch. Das erinnert manchmal an die harten Momente in "Synchestra", ist aber noch eine ganze Ecke komplexer und brachialer. Ein Track wie "Planet Of The Apes" ist schon ziemlich durchgeknallt, das macht sich nicht nur in den vielen Tempowechseln und Breaks, sondern auch Townsends Gesang bemerkbar, der traumwandlerisch zwischen Genialität und Wahnsinn hin- und herpendelt und nichts weniger als ausnahmslos variable, fantastische Vocals bietet. Typisch ist der Wechsel zur Sonnenschein-Passage ab der Hälfte des Songs, in der der glatzköpfige Kanadier zu verhaltenen Gitarren einschmeichelnd singt und dem Hörer ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. In einem einzigen Track geschieht beim DEVIN TOWNSEND PROJECT oft mehr als auf kompletten Alben anderer Künstler, hier besteht allerdings auch die Gefahr vollkommener Überfrachtung. Die geniale Komplexität und der gebündelte Wahnsinn fordern dann auch ihren Tribut: Man muss sich "Deconstruction" schon ganz konzentriert und vor allem mehrmals geben, um tief in die Songs eintauchen zu können und sie zu verstehen. Einige Passagen bleiben beim ersten Hören hängen, an anderen beißt man sich auch nach zig Durchgängen die Zähne aus. Ein einfaches Werk ist dieses Album also definitiv nicht.

Der Hörer wird in vielen Fällen für seine Geduld belohnt, denn Devin Townsends Kopf entspringen solch verrückte und coole Ideen, dass man sich nur wünschen kann, zumindest ein kleines bisschen dieser Kreativität im eigenen Kopf zu haben. Die Kehrseite der Medaille: Nummern wie das kranke "Sumeria" oder der Überschallflieger "Pandemic" mit Operngesängen (!) sind mir dann doch eine Spur zu durchgeknallt und abgedreht, da braucht man schon ein verdammt dickes Fell und die richtige Stimmung, um wegen der ungeheuer hektischen Ausrichtung nicht einen Song weiter zu springen.

Dass Devin Townsend sowohl die ruhige als auch harte Seite der komplexen, progressiven Musik beherrscht, weiß der Hörer schon lange. Vielleicht sollte sich der Kanadier mit den nächsten Projekten aber wieder eher auf die Verschmelzung beider Stile konzentrieren, die auf den 2000er Werken wie "Terria" oder "Accelerated Evolution" seinesgleichen gesucht hat.