Flogging Molly - Life Is Good Tipp

Flogging Molly - Life Is Good
    Folk-Punk

    Label: Spinefarm
    VÖ: 02.06.2017
    Bewertung:9/10

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FLOGGING MOLLY haben sich mit "Life Is Good" sechs Jahre Zeit gelassen. Nach dem zumindest aus meiner Sicht extrem gelungenen "Speed of Darkness" schon fast frustrierend lang. "Life Is Good" ist aber ein durchaus würdiger Nachfolger und so hat sich das Warten am Ende gelohnt.

Eins ist nicht wie die anderen

Die Band läuft allgemein unter dem Label Folk-Punk – so habe ich sie damals kennen gelernt, nachdem mich Bands wie DROPKICK MURPHYS, THE REAL MCKENZIES und THE MAHONES in diese Richtung geführt haben. Aber FLOGGING MOLLY waren schon immer ein bisschen anders. Bei anderen Verstretern standen meist die fröhlichen Klänge des Folk im Vordergrund, es wurden die alten Lieder, die im Irish-Pub rauf und runter liefen, mit Punkeinflüssen gespielt. Es war immer klar erkennbar sowohl keltischer Folk als auch Punk.

FLOGGING MOLLY waren im Kern schon immer etwas ernster, gecovert haben sie selten und nicht so offensichtlich (das Einzige, das mich ohne großes Nachforschen anspringt, ist "Rare Oul' Times" auf ihrem "Drunken Lullabies") und klar spielen sie klassische Folkinstrumente und verarbeiten sowohl Folk- als auch Punk-Elemente, aber wirklich einschränken lassen haben sie sich davon nie. Ich würde also nicht argumentieren wollen, dass sie keinen Folk-Punk machen, aber doch ein Sternchen mit Kleingedrucktem anhängen wollen, für alle, die nach "Two Devils Will Talk" auf ähnliche, fröhliche und leicht verdauliche Empfehlungen hoffen.

Eine kontrastreiche Mischung ...

"Life Is Good" ist für mich schwer in Worte zu fassen, deshalb möchte ich mich vorab bei allen entschuldigen, die sich trotzdem dazu entschließen, meinem Versuch beizuwohnen. Das Album ist eindeutig FLOGGING MOLLY, die meisten Titel könnte man in den alten Alben verstecken, aber es ist irgendwie gleichzeitig reifer, progressiver und poppiger, melancholischer und optimistischer, runder und kantiger.

Es ist etwas offensiver keltisch, als "Speed Of Darkness" es war. Beim Einstieg mit "There's Nothing Left Pt.1" streift das geistige Auge über grüne Hügel, vorbei an grasenden Schafen und plätschernden Bächen, immer in der Sorge, dass ihm ein Michael Flatley auf den Fuß hüpft. "The Guns Of Jericho" ist über weite Teile fast ein klassischer Folksong. "Crushed (Hostile Nations)" setzt mit Dudelsack und einem Dave King ein, von dem ich jetzt gerne ein Album voll mit den alten DUBLINERS Songs von Luke Kelly hätte.

Es baut eindeutig auf Altem auf und entwickelt es weiter. Bei dem bereits letzten März in anderer Version veröffentlichten "The Hand Of John L. Sullivan" schwingt ein Hauch von "Tabacco Island" mit. "The Days We've Yet To Meet" klingt ein bisschen, als wollte sich die Geige für die aggressive Stimmung in "The Heart Of The Sea" entschuldigen. "The Last Serenade" scheint sich vorgenommen zu haben, diverse Titel vom Album "Within a Mile of Home" in ein Werk optimistischer Traurigkeit zu bündeln.

Es ruft Assoziationen mit Dingen hervor, die sich im allgemeinen Pop-Gedächtnis befinden, ohne dass es einem direkten Vergleich standhalten würde. "Reptiles (We Woke Up)" klingt ein bisschen wie die U2-Fassung von COLDPLAYs "Viva La Vida", ohne dass ich, nachdem ich mich nochmal durch den COLDPLAY Titel gequält habe, sagen könnte, warum mich das (nicht) stört. "Life is Good" klingt ein bisschen wie eine Dur-Version von REMs "Losing My Religion".

... mit vielen kleinen Details ...

Und dann habe ich immer noch nicht von dem Country-Sound gesprochen, der sich in "The Bride Wore Black" einschleicht. Oder von "Welcome to Adamstown", das mein Vokabular erheblich strapaziert, weil es meint, irgendwo zwischen Poppunk, Swing, Mariachi und LES HUMPHRIES umher hüpfen zu dürfen und trotzdem noch die Frechheit besitzt, gut und stimmig zu klingen.

Und selbst dann sind mit "Hope" und "Until We Meet Again" immer noch zwei Titel übrig, die es nicht verdient haben, unter den Tisch zu fallen. Ganz zu schweigen von den Titeln, die oben, dank kleiner Ausschnitte, als Beispiele missbraucht wurden – für Dinge, für die sie eben nur in kleinen Ausschnitten als Beispiel dienen können.

So macht der warme, sentimentale Klang, der an Luke Kelly mit Dudelsack erinnert, im Verlauf von "Crushed" erst bequemen akustischen Gitarren Platz, während sich im Hintergrund eine fast orientalisch angehauchte Geige einschleicht und der Gesang aggressiver wird. Und dann, versteckt hinter Schlagzeug und elektrischen Gitarren, die sich in den Vordergrund drängen, verschieben sich Strophe und Refrain langsam, bis auf der eins – wo der Deutsche (scheinbar genetisch bedingt) das dringende Bedürftnis verspürt zu klatschen – nichts bleibt, als unbequeme Stille.

Und selbst dann habe ich die Konstruktion des Albums mit teilweise extrem harten und abrupten, aber doch irgendwie passenden Übergängen zwischen Titeln noch nicht erwähnt. Oder den Texten, die sich, wie von FLOGGING MOLLY gewohnt, wieder recht eloquent mit den politischen und sozialen Gegebenheiten auseinander setzen, ohne dabei aufdringlich zu werden, ausreichenden Platz eingeräumt.

... macht ein extrem starkes Album

Um dann doch irgendwann zum Ende zu kommen, lässt sich sagen, dass "Life Is Good" ein extrem starkes und rundes FLOGGING MOLLY Album ist, ein "Speed Of Darkness", das sich mit seinen Ecken und Kanten etwas besser in den alten Stil einfügt, ohne dass es sich wie ein Kompromiss anhört. Es ist stellenweise anstrengend zu hören, aber immer lohnend und so konstruiert, dass man am Ende der unbequemen Phasen weich aufgefangen wird.

Ich bin kein Freund von übermäßig langen und spezifischen Genrebezeichnungen, aber falls jemand Progressive-Folk-Punk als Bezeichnung etablieren möchte, werde ich mich hier nicht wehren. Für alle, die FLOGGING MOLLY schon mögen oder einfach mal mit offenem Ohr reinhören wollen, eine klare Empfehlung und schon jetzt auf dem Weg zu meinem meistgehörten FLOGGING MOLLY Album.

 

Tracklist

1. Thers´s Nothing Left Pt. 1 (02:24)
2. The Hand Of John L. Sullivan (04:01)
3. Welcome To Adamstown (03:06)
4. Reptiles (We Woke Up) (03:43)
5. The Days We´ve Yet To Meet (03:42)
6. Life Is Good (04:04)
7. The Last Serenade (Sailors and Fisherman) (04:24)
8. The Guns Of Jericho (04:17)
9. Crushed (Hostile Nations) (04:23)
10. Hope (03:27)
11. The Bride Wore Black (02:59)
12. Until We Meet Again (03:59)

Band

Dave King: Gesang, Akustikgitarre, E-Gitarre, Bodhran
Bridget Regan: Violine, Tin Whistle, klassische Gitarre, Uilleann Pipes, Gesang
Dennis Casey: E-GItarre, Akustikgitarre, Gesang
Matt Hensley: Akkordeon, Konzertina, Klavier, Gesang
Nathen Maxwell: Bass, Gesang
Bob Schmidt: Mandoline, Mandola, Tenorbanjo, fünfsaitiges Banjo, Gesang
Mike Alonso: Schlagzeug