Navarone - Oscillation Tipp

Navarone - Oscillation
    Classic Rock, Alternative Rock

    Label: Rodeostar
    VÖ: 20.01.2017
    Bewertung:9/10

    navaronemusic.com


Für NAVARONE steht mit „Oscillation" nun das dritte Album an, nachdem sie mit ihren zwei bisherigen Studioalben „A Darker Shade Of White" von 2012 und „Vim & Vigor" aus dem Jahre 2014 sowohl Presse als auch Fans für sich gewinnen konnten. Zudem hat sich die niederländische Formation um Ausnahmesänger Merijn van Haren bei vielen Auftritten in Clubs und auf Festivals zu einer der stärksten und gleichzeitig unterschätztesten Rockbands Europas herausgebildet.

Ihre neueste Veröffentlichung bestätigt nicht nur den glänzenden Ruf der fünfköpfigen Truppe, sondern hebt sie in Sachen Komposition und Produktion auf ein noch höheres Level. „Wir haben monatelang an Ideen gebastelt und bereits im Vorfeld der Studioaufnahmen unseren Produzenten Joost van den Broek mit einbezogen“, resümiert Schlagzeuger Robin Assen über den effektiven Entstehungsprozess. „Allein für die Vorproduktion nahmen wir uns sechs Wochen Zeit, die eigentlichen Aufnahmen dauerten dann sogar volle zwei Monate. Sehr aufwändig also, aber wir betrachten es als lohnende Investition in unsere Zukunft. Neben dem zusätzlichen Einsatz weiterer Percussion-Instrumente, analoger Synthesizer und eines Orchesters mit Streichern und Bläsern ist man dem eigenen Anspruch gerecht geworden, „für jede Art Song den perfekten Sound, für jede Nummer die exakt passende Atmosphäre zu finden“.

NAVARONE bieten in den elf Tracks ein ausdrücklich vielseitiges, dynamisches und gewaltiges Rock-Spektakel, das aus der Schnittmenge von alternativem 90er und klassischem 70er Rock entsteht – Authentizität trifft auf Pathos, SOUNDGARDEN auf LED ZEPPELIN. Mit genau dieser Mixtur startet solide „Snake“ ins Album, das zusätzlich Wüstenstaub der Stoner-Marke WOLFMOTHER aufwirbelt und mit einem orientalisch anmutenden Instrumentalpart punktet. In dem bewusst schnörkellos arrangierten „Lonely Nights“ überrascht ein ansteckender Refrain, zu dem man gerne auch live sein Haar schütteln würde, sowie eine äußerst schräge bohrende Gitarre. Sein besonderes Flair erhält der Song dadurch, dass drei Drums-Tracks übereinander geschichtet wurden und eine Art Indian Tribal Groove entwickelt. Wem das Stück nicht gefällt, bekommt mit dem Zweiminüter „Showtime“ einen ordentlichen Arschtritt verpasst. Der tänzelnde Folksong „Free Together” steckt einem die Hippieblümchen ins Haar, zur akustischen Klampfe gesellen sich Bläser und 70s-Disco-Streicher. Die erste Single des Albums „Soon I’ll Be Home” steht nicht unbedingt für den Sound der Band, wo sie zu krampfhaft und aufgedreht versucht, eingängig und poppig zu wirken.

navarone pic

NAVARONE – Alternative und Classic Rock

Im Kontrast dazu steht „Shadow“, das wieder sowohl den Grunger als auch den Classic-Rocker auf seine Kosten kommen lässt. Dem bedrohlich brodelnden Rhythmus sitzt ein befreiend verführerischer Chorus auf. Flirrende Synthesizer bauen eine extreme Spannung auf, die sich in einem spacigen Desert-Rock entlädt. Punkig angehaucht, aber stets mit der nötigen Melodie behaftet, gibts mit „Step By Step“ voll eine auf die Zwölf. Die eher ruhig arrangierten „Chrome“ und „Unmistakably Everything“ bieten ausreichend Platz sich zu entfalten, wobei letzteres in beschwörender Intensität mehr Tiefgang beweist und bereits dieses innige schmerzliche Verlangen im nächsten Song andeutet.

Mit „Days Of Yore“ folgt der ultimative Höhepunkt der Scheibe. Definitiv ein Song für die Insel. Ein Song, wie er nur alle Jahre geschrieben wird. Ein Song, der NAVARONE auf den Rockthron hievt. Immer, wenn die Jungs ihre epischen, sehnsüchtigen Longtracks raushauen, sind sie ganz in ihrem Element. Wie eine feierliche Fanfare heben den Hörer anfangs sämtliche Instrumente in die Höhe, und lassen ihn, eingeleitet durch einen markerschütternden Schrei, von einen Moment auf den nächsten in einer Art musikalischem Vakuum zurück. Die Zeit scheint plötzlich stehen zu bleiben. Minimalistisch, zu hallender Snaredrum und brummelndem Bass gibt es nur noch die traumhafte Gesangsperformance von van Haren. „Bbbbbb …“, ja nicht zu viel Robert-Plant-Pathos hineinstecken. Seine Stimme erinnert fast schon mehr an Lenny Wolf von KINGDOM COME, der ebenso dem Epigonentum frönte. Was der Kerl in dem sich immer wieder steigernden Song für eine aufwühlende Gesangleistung abliefert, ist schlichtweg phänomenal. Während der Hörer im Gitarrensolo Trost in seiner unsterblichen Sehnsucht findet, lassen die Streicher diese sofort wieder auflodern. Ein Musik gewordener Parforceritt. Assen kommentiert zu der bluesigen Ballade: „Anfangs waren wir skeptisch, ob man eine Liebesballade schreiben kann, ohne kitschig zu klingen. Aber dank unseres überragenden Sängers und der Entscheidung, den Song live im Studio einzuspielen, um ihm einen rauen Charme zu geben, ist uns dieser schwierige Spagat gelungen.“

Der schmachtende Rausschmeißer „Don't Belong“ rundet ein Album ab, das mit kompositorischer Stärke und klangtechnischem Abwechslungsreichtum richtig zu begeistern weiß. „Oscillation“ gewinnt dem alten Bruder Rock ungeahnte neue Facetten ab und ist eine wahre Offenbarung.

Besetzung:

Merijn van Haren – vocals
Kees Lewiszong – guitar
Roman Huijbreghs – guitar
Bram Versteeg – bass
Robin Assen – drums

Tracklist:

01. Snake
02. Lonely Nights
03. Showtime
04. Free Together
05. Soon I’ll Be Home
06. Shadow
07. Step By Step
08. Chrome
09. Unmistakably Everything
10. Days Of Yore
11. Don’t Belong

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