Geschrieben von Samstag, 29 April 2017 15:20

Lord Of The Lost, Aeverium & Scarlet Dorn - Stuttgart / Im Wizemann

28.04.2017 – Die Hamburger Dark Rock-/Gothic- Band LORD OF THE LOST ließ die Stuttgarter Szene im Im Wizemann anlässlich ihrer „Raining Stars Tour 2017“ ordentlich im Sternenregen tanzen.

Um ganz ehrlich zu sein, war dies meine erste Gothic-Konzerterfahrung und ich hatte keine Ahnung, was mich erwarten würde – insbesondere wie ich mir die Fangemeinde der Herren der Verlorenen vorzustellen habe. Nach einem Interview mit Class Grenayde begab ich mich also zum Haupteingang und konnte bereits einige Partygirls mit pinken Haaren und Prinzessinenkrönchen sichten. Pünktlich um 19 Uhr begann schließlich der Einlass, der jedoch zu knapp eingeplant wurde, sodass ein Großteil des Publikums während des ersten Acts noch draußen kontrolliert wurde.

SCARLET DORN – die "wahre Voice of Germany"

Um 19:30 betrat Chris „The Lord“ Harms höchstpersönlich die Bühne und stellte uns SCARLET DORN, die „wahre Voice of Germany“ vor. Die Sängerin, welche mithilfe von LORD OF THE LOST einen Senkrechtstart in der Musikkarriere erreicht hat, legte trotz der Tatsache, dass sie keine langjährige Bühnenerfahrung besitzt, einen souveränen Auftritt hin. Gespielt wurde ihre erste EP „Scarlet Dorn“ inklusive eines Duetts mit dem Lord. Ebenso konnte man in der Band bereits Gared Dirge sichten, der die vielen Halbballaden von Scarlet mit dem Keyboard begleitete.

Erstaunlich viele Zuschauer sangen die Texte mit und Scarlet wies noch einmal darauf hin, dass ihre EP zum kostenlosen Download auf ihrer Homepage zur Verfügung steht, was ich nur empfehlen kann. Nach einer knappen halben Stunde verabschiedete sich die zufriedene Sängerin vom zufriedenen Publikum.

Überraschung des Abends: AEVERIUM

Eine weitere Viertelstunde Umbauzeit später, in der wir Disneymusik aus den Lautsprechern ertragen mussten, kündigte Chris die zweite Vorband AEVERIUM an. Ich hatte mir zu Hause ein paar Lieder von ihnen angehört. AEVERIUM gehören zu diesem seltsamen musikalischen Phänomen, bei dem die Band live tausend Mal besser klingt, als auf der Platte – zumindest war das mein Eindruck.

Die rotblonde Sängerin Aeva erhöhte nicht nur den optischen Wert der Band, sondern konnte mit ihren teils opernhaften Gesangskünsten voll und ganz überzeugen – auch wenn ihr halblebiges „Headbangen“ eher aussah, als würde sie irgendetwas aus ihren Haaren schütteln. Etwas mehr Publikumsinteraktion zeigte Sänger Marcel, der sich über seine Figur und die des Bassisten Lars lustig machte, vom tollen Buffet erzählte und dass er jetzt nicht mehr singen könne, ohne zu rülpsen. Nach dem Song „Heaven’s Burning“, für dessen Musikvideo er damals angeblich seinen Twingo hatte verkaufen müssen, kam er schließlich vor ans Gatter, sang ins Publikum und genoss es, von den Fans begrapscht zu werden. Fasziniert war ich auch vom Gitarristen Michael, der eine 9-Saiter-Gitarre spielte. Wieder sangen die Szenemenschen lautstark mit und freuten sich über das Versprechen, dass AEVERIUM wieder nach Stuttgart kommen würden.

LORD OF THE LOST Fangirl-Herzen werden zum Schmelzen gebracht

Nach wiederrum einer Viertelstunde Umbauzeit, in der ich dieses Mal interessante LORD OF THE LOST Fanfictions und schlechte Witze von Hardcore-Fangirls hinter mir erdulden musste, wurde ich um 21:15 Uhr vom „Star Wars Main Theme“ erlöst, der die Band des Abends ankündigte. Nacheinander betraten Tobi, Gared, Class, Chris und Pi (der neue Gitarrist der Band) die Bühne und wurden mit lauten Rufen, Pfeifen und dem Gekreische der Fangirls begrüßt.

Opener war „Drag Me To Hell“ und sofort war das ganze Publikum voll dabei: Ich konnte sogar in der ersten Reihe eine sehr alte Dame entdecken, die dermaßen stark headbangte, dass ich mir nicht ganz sicher war, ob ich mir um sie hätte Sorgen machen müssen. Bei den ersten drei Liedern, die allesamt vom neuesten Album „Empyrean“ waren, wurde für die Fotografen besonders viel gepost, sodass ziemlich schnell das aufwendige Make Up der Band mit dem Schweiß vom Gesicht lief.

Der Lord war gesanglich natürlich wieder in Topform und auch Pi schredderte mit dem Plektrum seine Gitarre, als wolle er Kleinholz aus ihr machen. Selbst die ruhigeren Lieder „Last Words“, „Epiphany“, „Dry The Rain“ und „Prison“ wurden nicht nur von Chris, sondern auch vom überwiegend weiblichen Publikum textsicher gesungen. Neben Gitarrensoli wurde auch ein Drum- und Keyboard-Solo von Tobi und Gared, der letzte Woche noch mit Uli Jon Roth auf Tour war, dargeboten.

Highlights des Abends waren natürlich die Klassiker „Blood For Blood“, „Die Tomorrow“, „Six Feet Underground“ und „Black Lolita“, doch einen deutlichen Stimmungsunterschied zwischen den Klassikern und den Liedern des neuen Albums, wie „In Silence“ und „The Love Of God“, gab es nicht, denn der ganze Club war am Tanzen, Singen oder Headbangen. Chris brachte uns den „Diskofinger“ bei (Trademark SUBWAY TO SALLY) und erklärte uns, dass seine Band nur über seine schlechten Witze lache, weil es im Vertrag stünde.

Bei „The Interplay Of Life And Death“ übergab Class Grenayde schließlich seinen Bass an Chris und ging samt Kamera für „TV Of The Lost“ in der Menschenmenge stagediven. Nach „In Silence“ leerte sich die Bühne und die Band wurde abermals mit Schreien, Pfiffen und Rufen für die Zugabe auf die Bühne geholt. Zuletzt wurden „Raining Stars“ und „Doomsday Disco“ gespielt, wobei ich jedoch die Hymne „Credo“ als ein passenderes Schlusslied eingeschätzt hätte. Um 23:10 Uhr war die Vorstellung schließlich zu Ende, doch alle wurden noch dazu eingeladen, im Vorraum mit den Musikern zu quatschen.

Insgesamt war dies ein ziemlich perfekter Abend und LORD OF THE LOST sind eine wirklich sympathische und unterhaltende Band, die qualitativ wirklich absolute Meisterklasse sind.

Setlist LORD OF THE LOST:

1. Drag Me To Hell
2. Miss Machine
3. Interstellar Wars
4. No Gods, No War
5. Last Words
6. Kingdom Come
7. Epiphany
8. Blood For Blood
9. Black Lolita
10. Die Tomorrow
11. Prison
12. Six Feet Underground
13. The Interplay Of Life And Death
14. The Love Of God
15. We're All Created Evil
16. Fists Up In The Air
17. La Bomba
18. Dry The Rain
19. In Silence

20. Raining Stars
21. Doomsday Disco