Anathema - Weather Systems

anathema weather systems

Stil (Spielzeit): Progressive/Art/Alternative Rock (55:45)
Label/Vertrieb: Kscope (20.04.2012)
Bewertung: 7/10

anathema.ws

ANATHEMA habe ich erst kennengelernt, als die Abkehr vom rohen Doom Metal der Anfangsjahre hin zum träumerischem Progressive/Alternative Rock schon vollzogen war. Deshalb kann und will ich mich gar nicht zu der Vergangenheit der Briten äußern, denn das, was sie seit den Spätneunzigern mit "Judgement", "A Natural Disaster" und zuletzt "We're Here Because We're Here" geschaffen haben, ist eine Klasse für sich. "Weather Systems" knüpft an die Linie des sehr ruhigen Vorgängers von 2010 an, lässt allerdings zu seltene Ausbrüche zu und bewegt sich etwas zu oft in träumerischem Kitsch.

Dabei beginnt das neue ANATHEMA-Werk mit einem echten Hammer: "Untouchable Part 1" überrascht nicht nur durch eingängige Gitarren und eine hypnotische Struktur, sondern entlädt sich gegen Ende auch in richtig feinem Rock und sorgt mit seiner gleichzeitig zerbrechlichen und kräftigen Schönheit für wohlige Schauer. Dieser Ausbruch (im Übrigen einer der besten ANATHEMA-Songs der jüngeren Vergangenheit) lässt hoffen, doch nach dem ruhigeren, das Thema des ersten Parts variierenden Gegenpart "Untouchable Part 2", in dem Sängerin Lee Douglas ihren ersten Auftrit hat, wird "Weather Systems" ruhig – vielleicht eine Spur zu ruhig. Manche Songs lullen den Hörer förmlich ein, in den entscheidenden Momenten fehlt der Kick. Allerdings: Das ist wohl Meckern auf sehr hohem Niveau, denn in ihrem Bereich macht den Briten so schnell keiner was vor. Die Cavanagh-Brüder verstehen es, fragile, zerbrechliche Songs mit einer eigenen, intensiven Atmosphäre zu erschaffen. Zudem ist der Gesang von Vincent immer wieder ein Höhepunkt jeder ANATHEMA-Platte. Nur die weiblichen Vocals, so schön, klar und rein sie auch sein mögen, werden auf "Weather Systems" etwas zu oft benutzt. Mit "The Gathering Of Clouds", "The Storm Before The Calm" und "The Beginning Of The End" warten im Laufe der CD aber noch sehr gute Songs auf den Hörer, die dann teilweise auch mal nicht mehr nur Keyboards, sanfte Streicher und Akustikgitarren, sondern auch verzerrte Sechssaiter bieten und dafür sorgen, dass "Weather Systems" nicht einschläfernd wirkt.

Wer Musik für ruhige Stunden sucht und sich in einer Platte fallen lassen möchte, sollte neben dem STORM CORROSION-Debüt auch das neue ANATHEMA-Album in Betracht ziehen. Aufgeschlossene ANATHEMA-Fans werden sich "Weather Systems" eh zulegen. Noch besser, abwechslungsreicher und berührender klangen die Briten allerdings auf den Alben davor.