Geschrieben von Donnerstag, 21 Oktober 2004 21:43

Illdisposed - Interview mit Sänger Bo Summer und Gitarrist Jakob Batten


Review


Link:http://www.illdisposed.com

Alk, Kameradschaft & Fetter Metal

Illdisposed ist fetter Metal. Fünf Jungs aus Dänemark, die sich bis vor kurzem mehr durch Alkohol als durch fette Erfolge über Wasser hielten. Doch das siebte Album „1-800 Vindication" - eine Dänen-Death-Walze par Excellenze - debütiert auf Roadrunner Records. Fetter support ist ihnen also garantiert. Zu Recht! In Schweden heißt es spätestens jetzt warm anziehen. BurnYourEars.de schaute im Hotelzimmer von Sänger Bo Summer und Gitarrist Jakob Batten vorbei. Beide machten ihrem Trinker-Ruf alle Ehre, was teilweise zu einem höchst amüsanten Interview führte. Der eine ein Schwaller vor dem Herrn, der andere ein Mann knapper Worte aber großem Selbstbewusstsein. Was mir die beiden teils mit gebrochenem Deutsch, teils auf Englisch sagen wollten, lest ihr hier. Fakten, Fakten, Fakten... 

Illdisposed gibt es seit Anfang der 90er und ihr habt vor „1-800 Vindication" schon sechs Platten veröffentlicht. Viele, unter anderem ich, haben euch aber erst dieses Jahr wahrgenommen. Woran liegt das?
Bo: Weil wir faul sind! Wir sind sehr viel durch Ostdeutschland getourt, haben viel für die ehemaligen Ossis gespielt, waren aber nie wirklich im Westen. Wir haben zwar 93 oder 95 auch mal in München, Hamburg und Köln Auftritte gehabt, aber sonst waren wir ständig in der ehemaligen DDR, weil... (lange Denkpause Anm. d. Verf.) behindert! Was ging da? Musik! Da haben wir viel gerissen. Aber jetzt wollen wir auch im Westen mitmachen. Wir lieben alles von Deutschland! Durch die Hilfe der Fans haben wir oft im K17 oder Knaack in Berlin gespielt und sind von dort aus weitergezogen, nach Leipzig zum Beispiel, aber nie gen Westen. Es geht um kleines Label, großes Label. Werbung und so weiter. Aber in Dänemark sind wir Weltberühmt! In Kopenhagen (beide spucken bei jedem „Kopenhagen" scherzhaft auf den Boden, Amn. D. Verf.) ziehen wir 700 bis 800 Leute an. 

Denkst du, Illdisposed ist eine unterbewertete Band?
Bo: Das waren wir mal, aber jetzt sprechen wir immerhin schon mit dir! Jetzt wollen wir die Kohle. 

Wird „1-800 Vindication" euer Durchbruch sein?
Jakob: Absolut. 

Ich kenne nur das neue Album, die alten gar nicht. Wir war euer Sound früher, wie ist er heute im Vergleich?
Bo: Bis 94 konnten wir nicht sagen, was wir gespielt haben, weil es genauso wie Suffocation klang. Wir haben genau wie die Amis gespielt. Ab 95... (brabbelt etwas Unverständliches zwischen Alkoholisch und Dänisch, anm. d. Verf.) ... wir haben was gekocht. Wir nennen es selbst Dänemark Heavy Metal oder Fetter Metal. Bis 94 waren wir Death Metal. Jetzt sind wir nur noch Heavy Metal mit scheiß Vocals. 

Jetzt mal im Ernst, was können die Fans von euerer neuen Platte erwarten?
Jakob: Das gleiche, was sie von jedem unserer Alben erwarten können: some groovy shit, some heavy stuff, some catchy music, that's all.
Bo: Aber die Techno-Samples sind neu. Das haben wir früher nie gemacht. Wir haben das erste Mal auf Hard Disk aufgenommen, das heißt, jetzt konnten wir auch die Electro-Samples und die cleanen Vocals miteinbauen. 

Es klingt schon sehr modern...
Bo: Ja, aber wir wollen nicht modern sein, wir wollen nur wir sein. 
Jakob: Wenn du dir die alten Alben anhörst, wirst du merken, dass es eigentlich nichts Neues ist. Es ist derselbe Kram mit einem neuen Touch. 

Also werden eure alten Fans keine Probleme mit dem neuen Touch bekommen?
Bo: Wenn jemand sagt, „hey, ihr seid ja gar nicht mehr Death Metal", dann sind wir stolz darauf. Wir wollen nicht mehr nur Death Metal sein, wir wollen Heavy Metal sein, wir wollen das ganze Volk erreichen. 

Seid ihr von der schwedischen Death Metal Szene beeinflusst worden?
Jakob: Nein, die schwedische Death Metal Szene wird von uns beeinflusst. 

Glaubst du?
Jakob: Ja, tue ich. Wir haben 1991 angefangen. 
Bo: Es war immer schon ein Krieg. Die Schweden waren schon immer viel mehr bemüht, um da zu sein. Das hat nur einen Grund, sie haben keinen Alkohol in Schweden. Er ist selbst gebrannt. Ein Bier kostet 5-6 Euro. In Dänemark sind's 5-6 Cent. Wir haben den Alkoholfaktor immer mitgenommen, das heißt, wir saufen mehr und sind verstrahlter als wir können. Weil wir Kumpels sind und nicht nur Bandkollegen. In Schweden gibt es 3-4 Bands, die sehr motiviert sind, nur weil sie keinen Alkohol haben. Sie haben nur die Musik. Wir proben nur einmal pro Woche, die Schweden vielleicht viermal pro Woche. Weißt du, was ich meine? 

Äh, ja...
Jakob: Wir trinken extrem viel bei den Proben. 

Und das ist gut für eure Musik?
Jakob: Ja, das ist es. 

Ihr habt euch für den Mix Tue Madsen (u.a. Mnemic, Heaven Shall Burn, The Haunted) ausgesucht, der momentan schwer angesagt ist. Was macht ihn aus?
Jakob: Er wird „der skandinavische Andy Sneap (u.a. Machine Head, Nevermore, Anm. d. Verf.)" genannt.
Bo: Wir haben eigentlich das ganze Album mit einem Ziggy (Produzent, Anm. d. Verf.) gemacht. Aber Roadrunner hat Grund zur Beanstandung gefunden. Tue hat dann den Mix in nur vier Tagen durchgezogen. Und jetzt hört es sich an wie Heaven Shall Burn oder eine andere Metalcore Band. Ich war selbst ein bisschen unzufrieden mit dem Sound. Ich möchte lieber unseren alten Sound mit ordentlich Wumms und Bass. Jetzt ist er so, aber das war nicht Tue in vier Tagen, sondern Ziggy in mehreren Monaten. 

In Anbetracht von heißen Newcomern wie Mnemic oder Raunchy, kann man von einem Metal-Boom in Dänemark sprechen?
Bo: Ja. Uns gibt es schon seit 1991 und wir sind wohl die einzige Band aus dieser Zeit, die es ins neue Jahrtausend geschafft hat. Es ist aber eher Zufall, dass Mercenary (Metalband aus Dänemark, Anm. d. Verf.) seit neuestem bei Century Media unter Vertrag stehen, Mnemic bei Nuclear Blast und wir sind bei Roadrunner. Drei, vier Bands zwischen 100 Km und 6 Mio. Menschen klingt nach viel, ist es aber gar nicht. 

Mögt ihr die anderen Bands?
Bo: Wir haben immer gesagt „Us vs. them!". Wirkliche Freundschaft haben wir nur in unserer eigenen Band. Ich habe nur 5-6 Freunde, könnte aber, wenn ich wollte 50 haben. Will ich aber nicht. Meine Freunde sind alle in der Band. Die Jungs waren auch bei meiner Hochzeit vor vier Jahren. 

Aha. Ihr seid jetzt im Roadrunner-Stall. Wie kam es eigentlich zu dieser Kooperation?
Jakob: Ein Talentscout hat uns angesprochen. Zu dieser Zeit standen wir auch mit anderen Labels in Kontakt, z. B. Metal Blade. Der Talentscout meinte nur...
(An dieser Stelle wird Jakob von Bo unterbrochen, der mir viele Details von den Geschehnissen hinter den Kulissen erzählt, die ich allerdings laut Bo der Öffentlichkeit vorenthalten soll, Anm. d. Verf.) 

Stört ihr euch nicht daran, dass bei Roadrunner viele hippe, teilweise auch Nu Metal Bands unter Vertrag stehen?
Jakob: Nein, das ist sogar eine gute Gelegenheit, uns einem breiteren Publikum präsentieren zu können.
Bo: Slipknot verkaufen vielleicht 3 Mio. Platten, Nickelback wahrscheinlich so 7. Mio. Klar, jetzt sind wir noch die Karotten. Aber wir wollen gern mitspielen. Allerdings wollen wir uns dafür nicht verbiegen, wir wollen Dänen bleiben, das ist unser Gebiet. 

Wie steht's mit eurem Verhältnis zu Deutschland aus? Kommt ihr manchmal als Fans und Privatpersonen rüber zu Festivals oder Konzerten?
Bo: Klar, wir haben durch unsere eigenen Konzerte seit 93 viele Mädels kennen gelernt. Deutschland ist unsere zweite Heimat. Bisher sind wir nur coolen Leuten begegnet. Es gab nie jemanden, der gesagt hat, „ihr seid ja Drecksdänen", oder so was. 

Wie lief das Rock Hard Festival denn aus eurer Sicht?
Jakob: Es war ziemlich cool. Viel besser als unsere anderen Festivalauftritte. Die Fans gingen ab und die Rock Hard Crew war auch sehr locker drauf. Es war eine coole Zeit dort. 

Ich habe gelesen, dass eure Tour zusammen mit Death Angel abgesagt wurde. Aus welchem Grund?
Bo: Nein, es wurde nicht abgesagt, sondern wir haben uns aus der Tour ausgeklinkt. Es waren nur 13 Dates im Dezember vorgesehen - zu wenig für uns. Wir wollen lieber auf eine größere Tour im Januar oder Februar gehen. Vielleicht mit Shadows Fall oder im Zuge der Raodrage-Tour. Da wäre es uns auch gleichgültig, ob wir „zu Death Metal" sind. Wir finden uns auch gerne mit der dritten oder vierten Position ab. In einer Halle ist das egal, da sind trotzdem Tausend Leute. Wir hoffen sogar ein bisschen darauf, mit Roadrage unterwegs zu sein. Fakt ist, dass wir Tourpflichten gegenüber Roadrunner haben und die werden wir gerne erfüllen. Wir sind alte Hunde und wollen mit unserer Musik feiern gehen. That's it. 

Seid ihr also eher eine Studioband oder tretet ihr lieber live auf?
Bo: Wir sind Kameraden! Auf unserem T-Shirt steht „Wir sind nicht viel, aber wir sind loco" (ich hoffe, ich habe das richtig verstanden, Anm. d. Verf.). Wenn wir auf Tour sind, sind wir fünf Leute, aber wir können die ganze Welt schaffen. Da können auch alle denken „ihr seid ja Nutten" oder so, das ist egal, wir sind Kameraden. Kameradschaft über alles. Wir brauchen keinen Masterplan oder so was. Es heißt eher „und, bei wem essen wir diesen Freitag? Bei dir, bei mir?", wenn du verstehst, was ich meine. Ich habe diese Band wegen der Freundschaft gegründet. Mag sein, dass wir jetzt bei Roadrunner sind, aber ich möchte lieber meine Kameradschaften als eine Nutte für die Kohle zu sein. 

Trotzdem habt ihr durch die größere Plattenfirma mehr Geld zur Verfügung. Werdet ihr also ein Video drehen?
Bo: Ja, im Oktober zu „Now We're History". Wir wissen aber, dass das ein Luxus für uns ist. 

Wenn ich an Dänemark und Metal denke, fallen mir zwei ganz spezielle Typen ein: Lars Ulrich und King Diamond. Wer ist cooler?
Jakob: Beide leben in Amerika. 
Bo: Aber ich bin definitiv mehr für King Diamond. Lars Ulrich ist eine „Kotznudel". Er kann kein Schlagzeug spielen. Ehrlich nicht, er spielt wie ein Mädel.
Jakob: King Diamond ist ein großes Talent und ein guter Entertainer. Wir haben viel Respekt vor ihm. 

Gibt es einen Act aus Dänemark, den ihr gerne empfehlen möchtet.
Jakob: Nein. 

Nein?
Jakob: Nein. Das sind alles Klone. Die wollen alle wie The Haunted oder Entombed klingen, die haben keinen eigenen Style. Ich würde keine dänische Band empfehlen. 

Was macht denn dann Illdisposed so besonders?
Jakob: Wir haben einen groovigen Style erfunden. Den haben sich dann schwedische Bands wie Soilwork von uns geborgt. Das ist doch cool. 

Sonst noch etwas, das ihr loswerden wollt?
Jakob: Kauft unser Album. Es erscheint am 04. Oktober. Wenn es euch gefällt, greift zu, ansonsten könnt ihr es in die Tonne kicken.