While Heaven Wept - Vast Oceans Lachrymose Tipp


WHW_-_Vast_Oceans

Stil (Spielzeit):
(Epicpowerheavyprogdoom) Metal ( 42:21)
Label/Vertrieb (VÖ): Cruz del Sur Music (06.11.09)
Bewertung: 9/10

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6 lange Jahre hat es gedauert, den Nachfolger zu „Of Empires Forlon“ vom Stapel laufen zu lassen… Aber das ist ja der fast übliche Veröffentlichungs-Intervall bei Tom Phillips, der seinen Stücken genau die Zeit lässt, sich zu entwickeln, die sie brauchen.

Das betrifft die Spielzeit ebenso wie die Zeit der Entstehung. (Tatsächlich sind einige der verwendeten Idee noch viel älter als sechs Jahre.) Da wird gefeilt, gemacht und getan. Das Resultat abgewogen. Nochmals gefeilt. Hier `ne Ecke weg-, da ein Schnörkel hineingefräst. Und dann noch mal von vorn. Zumindest klingt das so: nach verdammt viel Arbeit. Und während sich andere bei derlei Exerzitien gern mal verzetteln, ist hier jede Note exakt da, wo sie hingehört. Man spricht bei soviel Akribie auch gern von Perfektionismus.

Das ist und war eines der Markenzeichen von WHW. Auch unverändert –zumindest im Prinzip– ist, dass sich Tom Phillips nicht für irgendwelche Schubladen vereinnahmen lässt. (Spuren-) Elemente aus Epic Doom, Power / Heavy Metal, Prog & Neo-Klassik haben sich schon immer zu einem sehr logisch klingenden, natürlichen Ganzen zusammengefunden. Daran hat sich zwar nichts geändert, aber es hat, wenngleich keinen Stilwechsel, so doch eine ordentliche Akzentverschiebung gegeben:

Kurz: Doom raus, Prog (sprich: frühe FATES WARNING) rein. Das ist nach meinem Geschmack eigentlich ein Schritt in die eher  falsche Richtung, aber von Enttäuschung zu sprechen, wäre angesichts der kompositorischen Klasse von Phillips blasphemisch. Und man kann es sehr leicht positiv sehen: In „Vast Oceaansd Lacrymose“ verschwimmen die Genregrenzen zusehends zu etwas ganz Neuem, Eigenständigen. Und melancholisch sind auch diesmal nicht nur die Texte.

Was in meinem Ohr schwerer wiegt: Tom Phillips hat das Mikro weitergereicht. Seit 2005 ist Rain Irving in der Band und der stimmlichen Verantwortung. Dazu gleich.

Die Reise über „Vast Oceans Lachrymose“ beginnt in schwerer See: Die 15-minütige Überfahrt zu „The Furthest Shore“ startet in einem gewaltigen Riffgewitter, eine kurze Passage bei leichter  Brise lässt Atem schöpfen, dann geht es flott weiter… Und der Opener wechselt wieder und wieder sein Gesicht: mal ein Part mit MAIDEN-Leads, hier klingt’s eher etwas nach OMEN, da sehr nach FATES WARNING; gelegentlich nach Phillips Zweitband, SOLSTICE (UK): ein stetes Auf und Ab; so ist das auf hoher See. Dabei bleibt die Nummer aber immer harmonisch, melodiös und beweist traumwandlerisches Gespür für knackige Riffs und schöne, wunderschöne Leads, für Spannungskurven und Dramatik. Ein absoluter Hammer!

Und nicht nur weil mit der ersten Nummer schon mehr als ein Drittel der Scheibe rum ist, liesse sich dieses „Hammer-Urteil“ auf  (fast) das ganze Album übertragen: Ob „To Wander The Void“, „Living Sepulchre“, der Titeltrack oder der instrumentale „Epilogue“: großes, episches Breitwandkino: das sich ausschließlich traditioneller, seit den 80ern erprobter Stilmittel bedient, um doch etwas bis dato Ungehörtes zu schaffen. Und das (wie der programmatische Name des Albumskonzepts andeutet) wie ein Meer in immer anderen (Klang)Farben schillert und unterschiedlichste Temperamente offenbart. Einfach nur schön und geil.

Dennoch hab ich –sehr geschmäcklerisch– was zu kritteln (und nur deswegen mag ich nicht die Höchstnote vergeben):

Der Gesang von Rain Irving ist technisch weit mehr als bloß ordentlich, extrem vielseitig und vermag den gekonnten Schlingerkurs zwischen Epic & Prog adäquat umzusetzen.  --- Aber eigentlich ist mir seine Stimme viel zu glatt und „unbesonders“. Phillips mag seine Gründe für den Rückzug in den Background gehabt haben. Ohne seine wesentlich markantere Stimme büssen die Stücke an Charakter ein. Meine ich. Und wenn Irving mal nicht nach Arch, Alder & Co. klingt, dann fast ein bisschen nach Klaus Meine. Gerade in manchen Chören kommen erstaunlich intensive Assoziationen mit den SCORPIONS auf.

Trotz dieses zarten Genörgels, das sich bezügl. „The Vessel“ in richtige Negativ-Kritik steigern müsste, weil die Mucke hier fast schon mit allzuviel pathetischem Schmalz „zersungen“ wird (zugegeben, auch kompositorisch das seichteste Stück, insofern passt der Gesang dann wieder): Irving liefert einen bemerkenswert guten Job ab. Dass ich Probleme mit seiner Stimmfarbe habe, was soll's?

Ich fazitiere mal: Weniger als 9 Punkte kann ich trotz meiner Sehnsucht nach dem Doom von „Thus with a Kiss I Die“ oder „Soulsadness“ für so tolle Kompositionen einfach nicht vergeben. Und jeder, der sich in traditionellem Metal heimisch fühlt, sollte auf „Vast Oceans Lachrymose“ eine inspirierende Kreuzfahrt machen können, bei der es wirklich viel zu entdecken gibt.

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