Geschrieben von Montag, 03 Dezember 2018 11:06

Interview mit Pabst zum Debüt "Chlorine"

Audienz bei PABST

Grunge ist tot, das weiß jeder. PABST aus Berlin spielen auf ihrem über Crazysane Records erschienenen Debütalbum "Chlorine" aber einen Sound, der sehr stark an die guten alten Neunzigerjahre erinnert. Der Bandname kommt mitnichten von religiösen Vorlieben, sondern von einem preiswerten, amerikanischen Bier. "Eigentlich haben wir aber selbst nie wirklich Grunge gehört, höchstens mal NIRVANA", erinnert sich Sänger und Gitarrist Erik. "Doch, AUDIOSLAVE habe ich mal gehört, das ist mir mittlerweile sogar etwas peinlich. Das ist aber auch kein richtiger Grunge und eher so Tom-Morello-Gewichse", wirft Bassist Tilmann ein.

Bei der Erwähnung von SOUNDGARDEN und ALICE IN CHAINS sind sich alle sogar einig, dass da nun wirklich überhaupt keine musikalische Sympathie vorhanden ist. PABST selbst scheint es auch ein bisschen gleichgültig zu sein, wie und wo die Journaille ihren Sound einordnet: "So lange es nicht Deutschrock ist, geht das schon klar. Ja, Grunge ist schon in Ordnung", findet Erik. Tilmann wird konkreter: "Ich sag' immer Garagenrock, das finde ich ganz passend. Wir sind, außer Tore, jetzt nicht so die Besten an unseren Instrumenten, es ist etwas schrammelig und krachig, von daher passt das."

Schlagzeuger Tore und Erik hatten schon vorher eine gemeinsame Band, die sich den elektronischen Sounds widmete: "Wir wollten DEPECHE MODE sein auf deutsch", gibt Erik grinsend zu, während seine Vorgängerband namens FICKSCHEIßE eher in die Wave-Richtung ging. Der kompositorische Ansatz, alles um ein Maintheme drehen zu lassen, ist bei PABST weiterhin spürbar und macht die Eingängigkeit der Songs aus, Wobei Bassist Tilmann das nicht ungewöhnlich findet: "Normales Songwriting sollte eigentlich genau so funktionieren."

Gerade waren PABST für mehrere Wochen mit DRANGSAL unterwegs. "Max Gruber habe ich auf einer Party kennengelernt und er meinte, dass er unsere Band kennt und gerne mit auf Tour nehmen wollte. Das hat dann noch ziemlich lange gedauert und wir dachten eigentlich, es wäre Gelaber und würde nicht klappen, aber irgendwann standen ganz plötzlich alle Termine", erzählt uns Erik.

Trotz der ungewöhnlichen Mischung von DRANGSAL und PABST reagierte das Publikum bis jetzt ganz gut auf die Band, ließ sich beim Auftritt in der Alten Feuerwache Mannheim zu wilder Interaktion und Sprechchören hinreißen. "Da sind einige Leute, die die ganze Tour mitreisen, die kennt man mittlerweile schon und die machen ganz gute Stimmung. Wir hatten uns das deutlich schwieriger und komplizierter vorgestellt, aber es macht richtig Spaß", freut sicht Bassist Tilmann. Von PABST selbst ist niemand jemals einer Band hinterhergefahren und alle Drei sind überrascht über solches zeitliches und finanzielles Engagement.

Zum Video "Waterslide" begab sich das Trio in ein Schwimmbad und wurde auch unter Wasser gefilmt. Klar, dass man da ziemlich schnell NIRVANAs "Nevermind" assoziiert. "Wir haben sehr lange darüber diskutiert, ob wir das machen können und uns Videos von NIRVANA angeschaut, ob die überhaupt was unter Wasser machen. Aber es war nur auf dem Albumcover und jetzt ist alles, was unter Wasser stattfindet, gleich NIRVANA. Eigentlich Quatsch irgendwie", findet Erik. "Nun hatten wir auch schon diesen Drehort im Schwimmbad – der Bademeister ist ein musikbegeisterter Kumpel von unserem Manager – und dann wollten wir natürlich auch was mit Wasser machen."

Ein konkret vorbereiteter und ironischer Seitenhieb liegt hier also nicht vor. Die Ideen für ihre Videos überlegen sich PABST gemeinsam mit dem Regisseur, aber auch teilweise noch spontan auf der Fahrt zum Drehort. Und da Tore beim Video zu "Waterslide" irgendwann wegen Kälte nicht mehr in der Lage dazu war, erneut ins Wasser zu hüpfen, musste (Iron) Tilmann eben für die Szenen des Kollegen einspringen. Dem Beruf des Bademeisters ist die komplette Band nicht abgeneigt, über laute Musik im Schwimmbad herrscht ebenso Einigkeit: "Laute Musik im Schwimmbad geht gar nicht, außer es ist PABST!" lachen alle.

Mittlerweile gehört es für jede Band zum guten Ton, mindestens ein Video am Start zu haben. Bassist Tilmann schaut sich am liebsten Livevideos an: "Ich finde es immer spannend zu sehen, ob die das auch live umsetzen können und was da dann geht. Manchmal ist es einfach so aufgenommen, dass man es live gar nicht so rüberbringen kann. Wenn es aber funktioniert, dann finde ich das super."

Das führt uns zur generellen Diskussion, dass es bei vielen Bands Abweichungen zwischen Plattenaufnahmen und Konzerten gibt und Sänger Erik wirft METZ ins Rennen. "Es wird immer schwierig, wenn der Sound schon sehr speziell ist", findet Tilmann. Über ihre eigenen Shows machen sich PABST schon Gedanken, auch wenn nicht so fein geplant wird, dass die Outfits abgestimmt werden, jede Ansage zwischen zwei Songs feststeht und auch keine komplizierte Choreografie einstudiert wird. Die visuelle Umsetzung der Coverartworks übernahm Fabian Bremer für die EP "Skinwalker" und das Debütalbum "Chlorine". Erik von PABST adaptiert diese Basis für seine Merchandise-Ideen.

Dass die Band an diesem Abend mit einem starken Kater vom Vorabend zu kämpfen hatte, ist ihnen auf der Bühne nicht anzumerken und wir witzeln kurz, ob man das nicht als Spezialeffekte in die Show einbauen könnte. Ansonsten verläuft das Tourleben als Supportact eher anstrengend, von kreativen Ausbrüchen im muckeligen Tourbus können PABST nicht berichten.

Dass Erik häufiger Ideen in sein Mobiltelefon singt, entspricht seinem normalen kreativen Zustand, manches formuliert er dann schon auch schon aus. "Wenn wir aber den ganzen Tag unterwegs und dann auf der Bühne waren, dann habe ich ehrlich gesagt auch keine Lust, mich nochmal hinzusetzen und Songs zu schreiben", gibt Schlagzeuger Tore unumwunden zu. Noch dazu stehen Bands in diesem Stadium natürlich selbst hinterm Merchandisestand und müssen auch sonst selbst anpacken. Da "Chlorine" erst im Frühjahr 2018 erschienen ist, stehen PABST auch nicht unter Druck, können erstmal die größtenteils ausverkauften Auftritte genießen und sich Stück für Stück neue Fans erspielen.

Nächstes Jahr machen sich PABST auf nach Amerika, spielen dort auf dem SXSW-Festival in Austin, Texas. "Unser Manager hat einfach eine Bewerbung für uns hingeschickt, da muss man dann beweisen, dass man eine tolle Band ist und irgendjemand hat das wohl gut gemacht und es hat dann tatsächlich geklappt", scheint Tilmann selbst etwas überrascht aber durchaus erfreut zu sein. PABST versuchen selbstverständlich, einige eigene Shows dort zu spielen, was allerdings gar nicht so einfach ist, wenn man nicht umsonst spielen möchte.

Beim Bierhersteller PABST wollen sie sich allerdings nicht melden: "Wir haben eher überlegt, uns von denen fernzuhalten", lacht Tilman, "auch wenn sie uns bei Instagram folgen." Erik klärt auf: "Das ist dann wohl auch eher der Praktikant und nicht der CEO, der uns gut findet." Auch den doofen Fehler, PABST mit Papst zu verwechseln, machen einige: "Und richtig doof wird es dann, wenn es so auf Plakate gedruckt wird, das hatten wir auch schon einige Male", erzählt uns Tore. Aber je mehr man von PABST mit B hören wird, umso seltener wird das vorkommen.