Zero Hour - Dark Deceiver




Stil (Spielzeit): Progressive Metal (44:39)
Label/Vertrieb (VÖ): Sensory/Alive (23.05.08)
Bewertung: 8/10
Link: http://www.zerohourweb.com/
Als die Brüder Jasun und Troy Tipton aus LA Anfang der Neunziger damit begannen, Musik zu machen, hätten sie wahrscheinlich nicht gedacht, dass sie mit ihrer Band ZERO HOUR mal für Furore im internationalen Prog Metal-Bereich sorgen würden. Zusammen mit Mike Guv und Sänger Chris Salinas (bekannt von POWER OF OMENS und bei ZERO HOUR seit 2006 dabei) liefern die Brüder nun den Nachfolger des vierten Albums „Specs Of Pictures Burnt Beyond“ ab.

Wer die Band kennt, weiß ungefähr, was ihn auf „Dark Deceiver“ erwartet. Alle anderen sollten nicht den Fehler machen, die CD nach einem Hördurchlauf in die Ecke zu pfeffern, weil die Songs zu komplex, technisch und sogar scheinbar unmelodisch und nur frickelig erscheinen. „Dark Deceiver“ benötigt einige Durchgänge, um wirklich wahrgenommen zu werden (und das, obwohl die Scheibe eine für progressive Verhältnisse recht kurze Spielzeit von 45 Minuten aufweist) und damit sich die Songs entfalten können. Auch ich war zuerst ziemlich enttäuscht, da mir der Vorgänger viel besser gefiel, doch das fünfte Album wächst und wächst mit jedem neuen Hören, weswegen man sich unbedingt die Zeit nehmen sollte, um sich in „Dark Deceiver“ reinzufuchsen. Vor allem die Wechsel zwischen extremem Geprogge und getragenen, melancholischen Passagen („Inner Spirit“) sind das Salz in der Suppe von ZERO HOUR. Dazu kommen noch die klaren, hohen Vocals von Salinas, die einen packen. Wenn die Band wie in der zweiten Hälfte von „The Temple Within“ gemäßigt und eingängig zu Werke geht, gefällt mir das fast noch besser, als wenn Gitarrist Jasun Tipton die Tracks mit seinen teilweise sehr ähnlich klingenden Riffs und Gitarrenspielereien prägt.

Manchmal erscheint einem das Material zu komplex und verworren, aber immer, wenn es gerade so weit ist, dass man die Augen verdrehen möchte, fangen sich die vier Musiker wieder und lassen Gänsehaut-Melodien wie in „The Temple Within“, dem mächtigen, düsteren „The Passion Of Words“ oder „Resurretion“ vom Stapel (von denen es aber noch ein paar mehr hätte geben können).
Das kurze Basssolo „Tendonitis“ ist übrigens verzichtbar, denn Toy Tipton zeigt wie der Rest der Mannschaft sowieso in jedem Song sein außergewöhnliches Können.
Die sterile, unterkühlte Produktion passt hingegen sehr gut zu den melancholischen, düsteren, teils mit harten, schroffen Riffs veredelten Kompositionen.

Hörer, die sich mit den vorherigen ZERO HOUR-Veröffentlichungen oder PSYCHOTIC WALTZ nicht überfordert fühlen, werden „Dark Deceiver“ ein Mal mehr wie einen Goldschatz hüten. Gelegenheits-Progger oder Musikhörer, denen schon DREAM THEATER zu abgefahren klingen, sollten aber vorsichtig in dieses Scheibchen hineinhören und dabei viel Geduld mitbringen.
Mir persönlich gefällt „Dark Deceiver“ sehr gut (auch wenn ich „Specs Of Pictures Burnt Beyond“ einen Tick besser finde), weil ZERO HOUR durch ihre ungemeine, technische Versiertheit und Songs mit großartigen Melodien und ruhigen Passagen nach wie vor eine Klasse für sich sind.

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