Geschrieben von Mittwoch, 21 Februar 2018 12:53

Das Vollplaybacktheater - Die drei ??? und das Gespensterschloss / Alte Feuerwache Mannheim (Bericht)

20 Jahre Vollplaybacktheater, 20 Jahre Wahnsinn auf deutschen Theaterbühnen, mal mit und mal ohne System. Um dieses Jubiläum gebührend zu feiern, wagt sich die Theatergruppe aus Wuppertal erneut an die Interpretation der ersten Folge "Die drei ??? und das Gespensterschloss".

Alle peniblen Hörspielchronisten (und Bastian Pastewka!) können den eifrigen Zeigefinger herunternehmen, es geht um das erste Buch von 1968 und nicht um die erste Hörspielfolge der drei Fragezeichen. 50 Jahre ist Veröffentlichung des ersten Buches nun her, David J.Becher stellt in unserem Interview (demnächst auf BurnYourEars) mit messerscharfer Genauigkeit treffend fest: "Nur noch 30 Jahre und dann haben wir sie."

Wir waren beim ausverkauften Zusatztermin in der Alten Feuerwache in Mannheim vor Ort und versuchen uns im folgenden an der – zum Scheitern verurteilten – Aufgabe, den Auftritt in Worte zu fassen.

Das Vollplaybacktheater in Aktion

Einschlafhilfe vs. Muntermacher

Ab hier gilt Spoileralarm – also nicht der am Auto, sondern der, der immer alles verrät. Das Vollplaybacktheater hangelt sich selbstverständlich an der Folge "Die drei ??? und das Gespensterschloss" entlang, flechtet allerdings einen parallelen Handlungsstrang aus der erfolgreichen TV-Serie "Breaking Bad" passend ein. Weitere zahlreiche, popkulturelle Elemente werden wie immer gnadenlos aus dem Zusammenhang gerissen und schamlos zur Belustigung der Anwesenden verfremdet – Hauptsache lustig. Die Alte Feuerwache in Mannheim war zwei Tage in Folge bis auf den letzten Platz ausverkauft und dem Stimmengewirr war zu entnehmen, dass sich einige Wiederholungstäter unter den Anwesenden befanden.

Im Gegensatz zum Hörspiel, mittlerweile als wirksame Einschlafhilfe gehandelt, gilt es beim Vollplaybacktheater wach und aufmerksam zu sein. Miss Marple, Scott Mulder und Dana Scully begutachten das Gespensterschloss, Jack Sparrow übernimmt die Rolle des sprechenden Porträts, Morton lenkt statt einer Limousine dann lieber K.I.T.T. aus Knight Rider und im Schloss tummelt sich alles, was im Grusel- und Horrorbereich Rang und Namen hat.

Klaus Kinski zum Beispiel, der Justus und Peter mal eben als "dumme Sau" beschimpft – ein O-Ton aus einem der vielen legendären Kinski-Wutinterviews. Da es sich bei der aktuellen Inszenierung um eine Jubiläumsausgabe handelt, tauchen bekannte Figuren und auch bereits verwendet Samples auf. Herrlich, wenn Justus Jonas sich spontan dazu genötigt fühlt, Stephen Terrill (für Insider: Steffen Terrill!) gefühlt 20 Minuten verschiedene Eissorten vorzutragen. Auch TKKG dürfen natürlich nicht fehlen, Tarzan teilt Ohrfeigen, Nackenschläge und Karatetritte aus und Gaby weiß "von ihrem Papi", dass Rauschgift gar nicht mal so gut ist.

Vollplaybacktheater beim Nachdenken

Verkleiden und Bier trinken

Zwischendrin wird wie immer an unvorhersehbaren Stellen getanzt. Ganz gleich, ob es sich um eine spontan entfachte DJ-Bobo-Party inklusive Lichtshow im Gespensterschloss oder eine "Daddy Cool"- Verbeugung von Sven Blievernicht als Heisenberg handelt, das Publikum reagiert euphorisch und stimmt sofort begeistert klatschend ein. Die Mannheimer wissen die Akrobatik zu schätzen, die nötig ist, um einen Körper von der Statur eines Sven Bliever nicht derart geschmeidig in Szene zu setzen, und belohnen seinen Einsatz mit besonders tosendem Applaus.

Die Besucher haben eigentlich erst nach der Show die Gelegenheit zu realisieren, was genau sich da eben vor ihren Augen abgespielt hat. Wer schon öfter in den Genuss kam, weiß, dass das Vollplaybacktheater auch Wert auf kleine Gesten legt und sich also bei genauem Hinsehen noch der ein oder andere Extra-Witz versteckt. Den Blick über die vielen fantasievollen, detaillierten Bühnenbilder schweifen zu lassen, lohnt sich auf jeden Fall. David J. Becher fasst am Ende der Vorstellung in einer kleinen Ansprache zusammen: "Wegen euch können wir immer das machen, was die anderen letzte Woche zu Fasching nur für eine paar Tage machen. Verkleiden und Bier trinken."

Beim Vollplaybacktheater ist immer Fasching

Eine Frage bleibt allerdings ungeklärt: War denn jetzt Gewitter in Neuss oder nicht? Na ja, beim nächsten Mal gibt es eventuell die Antwort. Ein nächstes Mal wird es auf jeden Fall geben, denn die Vorbereitungen für die nächste Inszenierung laufen bereits. Alle anderen Fragen beantworteten uns David J. Becher und Christoph Landwehr bereitwillig bei einem Bierchen vor der Show – das ausführliche Interview folgt demnächst hier auf BurnYourEars.

Web: http://vpt-show.de/
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© Alle Bilder Nadine Schmidt und BurnYourEars