Geschrieben von Montag, 26 März 2018 17:00

HEAVEN SHALL BURN Interview-Outtakes: "Immer versuchen, ein bisschen weniger scheiße zu sein"

Interview Part II – Ganz enthusiastisch in Diskutierfreude haben wir nach unserem Interview mit Christian Bass von HEAVEN SHALL BURN noch ein wenig über Dinge geplaudert, die uns noch am Herzen lagen. Ein Gespräch über die Fleischindustrie, Luxusprobleme und Imperfektionismus.

Wegen Straight Edge nochmal: Ich habe bei Wikipedia gelesen, dass es Leute gibt, die sagen, dass Koffein auch dazugehört. Habt ihr das auch so gemacht? Machen das ein paar von euch noch so? Cola, Kaffee?

Die, die Straight Edge sind, sagen, dass ihnen kein Kaffee schmeckt, aber einer davon trinkt auch Cola und der andere … ich hab' den noch nie Cola trinken gesehen. Da ist natürlich die Frage, zählt man Zucker auch schon dazu, also künstlichen. Ist eine Definitionssache. Ist bei vielen Dingen so, dass man sich seine eigene Möglichkeit setzt.

Wenn mich jemand fragt nach "Veganismus, aber adidas Schuhe" … Ist eine legitime Frage. Ich fühle mich da auch nicht irgendwie auf den Schlips getreten. Oder in Plastik eingepackte Lebensmittel – da sage ich auch immer, mir geht es nicht darum, perfekt zu sein, sondern ein bisschen weniger scheiße als andere. Und so würde ich das handhaben. Ich habe für mich etwas gefunden, mit dem ich einigermaßen gut zurechtkomme. Ich sag' nur: Stilles Wasser in Plastikflaschen ... vielen Dank.

Es gibt ja auch viele Leute heutzutage, wenn es um Veganismus geht, die fast schon aggressiv werden, wenn jemand nicht alle Anforderungen für den „perfekten Veganer“ erfüllt.

Auch die Diskussion, dass Veganismus bekannter geworden ist und sich auch Fleischkonzerne dem Thema widmen. Dazu haben wir ehrlich gesagt bandintern auch immer wieder Gespräche, wie man das denn jetzt findet. Ob man das als Vorteil sieht, dass der Markt auch von anderen Konzernen erschlossen wird, oder ob man eher den Nachteil daran sieht, dass der Gewinn, der damit gemacht wird, wieder in die Fleischindustrie fließt. Dazu haben wir aber zu wenig Einblick, um wirklich zu wissen, ob ein Konzern jetzt den Gewinn aus dem veganen Sortiment in die Fleischindustrie zurückführt oder nicht.

Auf der einen Seite finde ich es gut, um es aus meiner Perspektive zu sagen, dass es das Angebot gibt, weil dann auch Personen, die anders aufgewachsen sind ... Meine Eltern zum Beispiel, die haben mit dem Thema nie eine Berührung gehabt, bis ich irgendwann damit um die Ecke gekommen bin, die das dann auch im normalen Rewe, Edeka, Aldi Sortiment sehen – und auf einmal ist es dann präsent.

Die Frage ist auf jeden Fall: Wo fließt der Gewinn hin und was wird daraus gemacht? Auch Unternehmen, die aus verschiedensten Gründen einen sehr schlechten Ruf haben, versuchen sich so langsam in die andere Richtung zu bewegen – und die sind finanzstark. Die könnten aus finanzieller Sicht ganz viel bewegen. Ist natürlich die Frage, ob sie ihren schlechten Ruf behalten und irgendwas machen, wo man sich auch wieder denkt, „weg mit euch!“ ... Oder kriegen die es tatsächlich hin, auch im Unternehmen den Schalter umzulegen. Im Endeffekt ist es Vermehrung von Kapital, aber wenn man es so unterstützt bei Unternehmen, kommt vielleicht wieder etwas Positives dabei 'raus. Das bleibt immer im Trüben. Schwieriges Thema auf jeden Fall. Ich bin mir ja auch darüber bewusst und könnte sagen, „Plastikflasche, weg damit. Ich nähe mir selber Schuhe.“

Aber das ist auch nicht so das Wahre.

Das ist aber auch so eine gesellschaftliche Sache. Wenn ich jetzt irgendwo unterwegs wäre, wo es typischer wäre, mit anderen Klamotten rumzulaufen, würde ich mich auch anpassen.

Wasserflaschen aus Glas gibt es ja auch kaum.

Gibt es kaum. Und der ganze Pfandbereich … kann ich die Veranstalter im Backstage auch verstehen. Wie ich ja auch meinte, wir hatten oft Kichererbsen-Curry – ist ein Luxusproblem, ist etwas Vernünftiges zum Essen. Dass sie etwas Gutes anbieten, etwas Frisches anbieten.

Und keine Fertigpizza.

Ist ja auch nicht schlimm, wenn es mal dabei ist, aber so ist es eben die schönere Variante. Aber nicht für alle. Kinderarbeit und ungerechte Löhne. All das. Das ist ja auch ... Mit allem, was man anfasst, greift man ins Klo: Bestellst du bei Amazon, bist du irgendwie falsch, gehst du zu JustMusic Instrumente kaufen und nicht zum Musikhändler um die Ecke, bestellst du dein Essen bei foodora, deliveroo, wo auch immer ...

... man kann es nicht perfekt machen.

Leider. Aber immer versuchen, ein bisschen weniger scheiße zu sein.

Ein schönes Schlusswort.