Geschrieben von Donnerstag, 18 Januar 2007 16:51

The Chariot, Shaped By Fate & Becoming The Archetype - Hamburg / Molotow

Review

16.01.07 - Nachdem ich mit zwei Herren von BECOMING THE ARCHETYPE in ihrem Tourbus ein Gespräch geführt hatte, stand ich so etwas neben mir im Nieselregen auf der Reeperbahn und wartete. Als wir uns dann kurz nach Einlass nach unten bemühten, waren außer den Bands kaum Besucher anwesend, was mich ziemlich wunderte. Was den Abend anging, was ich zwar etwas müde aber doch sehr zuversichtlich.

So richtig sicher, ob sie anfangen sollten, waren sich SHAPED BY FATE nicht, aber sie machten nach einer angenehm kurzen Wartezeit einfach den ersten Schritt. Ein wenig Gehüpfe hier, die Aufforderung an die noch Sitzenden, sich zu erheben und an alle, etwas näher zu kommen, folgten. Was sie spielten, war nicht sensationell innovativ oder besonders, aber es war guter Durchschnitt und mit einer seltsamen Hektik versehen - dem gewissen Extra. Rhythmuswechsel und kurzweilige Melodieeinlagen sorgten in dem Auftritt für Abwechselung. Die Waliser verabschiedeten sich unter gefälligen, jedoch zurückhaltenden Reaktionen nach etwa einer halben Stunde.

BECOMING THE ARCHETYPE war der nächste Punkt auf der Tagesordnung. Durch ihren einzigartigen Stil waren sie mir bereits seit einiger Zeit ein Begriff, sodass sie auch der eigentliche Grund meines Erscheinens waren. Via Keyboard summte die Einleitung von "The Epigone" durch den kleinen, roten Raum und kurz darauf wetzten sie los. Obwohl mindestens so hart wie Granit, begruben sie das Publikum nicht unter ihrem Schutt, sondern lieferten durch geniale, melodische Gitarrenarrangements, Synthesizereinlagen, Instrumental-Parts und sogar ganz seltene Stellen mit glasklarem Gesang von einem der beiden Gitarristen ein mannigfaltiges Angebot an Atemmöglichkeiten.
Nach den ersten zwei Stücken war das Publikum ihnen auch verfallen. Das Stück "Elegy" wurde in einer konzertfreundlichen Version zwischen drei Uraufführungen von der kommenden Veröffentlichung geschoben, die allesamt Appetit machten. Ganz großes Kino, was die Herren aus Atlanta in den etwa vierzig Minuten da boten.

Ring frei für den schrägen Wanderzirkus von THE CHARIOT. Die jungen Männer fielen auch vor dem Auftritt Dank ihrer viel zu engen und kurzen Hosen, den seltsamen Frisuren oder Vollbärten und scheinbar selbst gebastelten Jacken mit wilden Motiven zwischen den Besuchern auf. Als der Auftakt vom Band ertönte, dehnten sich alle Bandmitglieder, was relativ seltsam aussah. Wenige Sekunden später erfuhr ich mit nahezu ausgerastetem Kiefer und großen Augen, warum.

Auf der Bühne spielten sich in den kommenden dreißig Minuten die wildesten Schauspiele und Hampeleien ab. Musikalisch untermalt wurden die Handstände und Verirrungen zum DJ-Pult oder ins Publikum von einem außergewöhnlichen Radau, der oftmals einfach über eine Tonspur aus dem Hintergrund herüber gespielt wurde. In dieser Kombination war mir das völlig neu, und ich war vorzüglich unterhalten. Das Geschrei, der Lärm und das heftige Zappeln waren so hart an der Schmerzgrenze, dass ein Folgen fast unmöglich war.

Die einzige Wahl, die der Zuhörer hatte, war auch auf den nordamerikanischen Streitwagen aufzuspringen - ob mit Kopf oder Körper - und den Höllenritt mitzumachen. Einfach angewidert dazustehen war zwar auch eine Option, von der aber niemand so recht Gebrauch machte. Wieder andere schienen schon die Stellung geräumt zu haben, denn die ohnehin wenigen Besucher machten einen familiären Eindruck vor der kleinen Bühne. Trotzdem war in den vorderen Reihen ordentlich Bewegung im Spiel, die von den einzelnen Bandmitgliedern auch stets angeheizt wurde.

Ich hatte auch noch nie erlebt, dass die letzte Band nach nur dreißig Minuten ohne große Worte die Bühne verlässt. Ein Blick auf das hinterlassene Schlachtfeld von weg geworfenen Mikrophonen, verlorenen Schuhen und zertretenen Schlagzeugteilen ließ aber keinen Zweifel, dass es vorbei war. Ein lärmiger Ton stotterte unbeirrt aus den Verstärkern, und ich war etwas mitgenommen.

Fazit: Alles in Allem ein eindrucksvoller, abwechselungsreicher und traumhafter Abend, den ich so schnell nicht vergessen werde.

http://www.shapedbyfate.com
http://www.becomingthearchetype.com
http://www.thechariot.com