Three Days Grace - One-X (CD+DVD)




Stil (Spielzeit): New Metal / Alternative-Rock (47:49)
Label/Vertrieb (VÖ): Jive Records (Gun) / Sony BMG (29.08.08)
Bewertung: 5/10

Link: http://www.threedaysgrace.com  
http://www.myspace.com/threedaysgrace

Ich weiß zwar nicht, welchen Sound ich als derzeit typisch-amerikanisch beschreiben würde, aber die Musik der kanadischen THREE DAYS GRACE (auch gern als 3DG abgekürzt) könnte es vermutlich sein – auch wenn diese dann doch eben aus Ontario, Nähe Toronto, Kanada kommen...und dort, sowie in den Staaten, mit ihrem selbstbetitelten Debüt und dem Nachfolger „One-X“ sich bereits Platinstatus sichern konnten. 
Da „One-X“ drüben bereits 2006 veröffentlicht wurde, und einschlug wie eine Bombe, wurde sich kurzerhand entschlossen – aufgrund des ausbleibenden kommerziellen Erfolges in Europa-, in unseren Gefilden „One-X“ erneut zu veröffentlichen, inklusive eines Bonus Tracks und diesmal versehen mit einer schmucken Live-DVD, welche sich „Three Days Grace Live At The Palace 2008“ nennt. 

Das Erfolgsrezept von 3DG erscheint dabei so überraschend simpel, wie absolut zuverlässig: 
Eingängig-treibende, druckvoll-rhythmische Instrumentierung ohne größere Ausbrüche, die zum Hüpfen und Kopfnicken einlädt; sowie ein talentierter, charismatischer Sänger, der mal schreit, mal singt, dabei die Melodieführung übernimmt und den Hörer neben dem Groove auch mit der Melodie für sich zu gewinnen versucht. Zumindest die amerikanischen Verkaufszahlen des Outputs belegen, dass die Rechnung aufgeht. 
Und tatsächlich muss man „One-X“ definitiv attestieren, dass es vor Ohrwürmern und Hitpotential nur so wimmelt. Sei es der eingängige Opener „It's All Over“ oder das sich anschließende „Pain“, welches mit dem Refrain sofort in die Gehörwindungen zischt. Die Single „Animal I Have Become“ setzt dem ganzen dann in punkto Eingängigkeit und Ohrwurmqualität noch eins drauf und nach dem ersten Durchlauf kann man den Refrain problemlos mitgrölen. 
Bis zum endenden Titelsong „One-X“ zieht sich das zwölf-track-starke Album in dieser Vorgehensweise durch, ohne dabei auch nur einmal Schwachstellen aufzuweisen. Sicher und gekonnt werden die Instrumente bedient, so wirkliche Experimente werden nicht zugelassen, was aber auch nicht weiter schlimm ist, da die Stimme von Sänger Adam Gontier über jedem Song schwebt, bzw. kocht, mal aggressiv brüllend, die meiste Zeit aber rau-melodisch singend. 
Lyrisch gibt sich der Gute in bester Nu-Metal-Manier: Selbstzerstörerisch und zerrissen, dies ist jedoch verständlich, bedenkt man die Tatsache, dass die Texte zum größten Teil in einer Reha-Klinik geschrieben wurden, in die sich der Sänger nach ausgiebigem Touren und Drogenkonsum selbst eingeliefert hatte. 
Somit ist es seine Stimme, und damit auch sein Herzblut, sowie die textliche Verarbeitung seiner Probleme wie Angst und Einzelgängertum, die den Songs Leben einhauchen. 
Instrumental gesehen wird sich hier an Bands wie HOOBASTANK, NICKELBACK, softeren BULLET FOR MY VALENTINE oder auch STAIND orientiert, wobei die Klasse letztgenannter dann doch nicht erreicht wird. 

Dass dies alles live zumindest durchaus zu funktionieren scheint, beweist die beiliegende, rund 80minütige DVD im satten 5.1. Sound. Im März diesen Jahres spielten 3DG nämlich im Palace of Auburn Hills in Michigan vor rund 12.000 Fans. 
Neben den besten Songs von „One-X“ wie „Animal I Have Become“, „Pain“ und „Never Too Late“ wurden auch Songs der ersten Scheibe präsentiert, zum Beispiel „Just Like You“. Hier animiert Adam die Fans zu kollektivem Mittelfinger-Gezeige und Fuck-You-Attitüde, wie es sich einst Fred Durst nehmen ließ. 
Die Bühnenperformance wird die gesamte Dauer über souverän und ordentlich gemeistert, mit toller Unterstützung diverser Licht- und Feuereffekte. Zwischen den Songs gibt sich die Band sehr offen und gesprächig, „Get Up Close And Personal With...“ wurde bereits im Vorfeld in Bezug auf die DVD angekündigt. Und so lassen es sich die Bandmitglieder nicht nehmen, in Erinnerungen zu schwelgen, sich gegenseitig zu bewundern und ihr bisheriges Schaffen zu reflektieren. 
Auch kommen zwischendrin natürlich einige eingefleischte Fans zu Wort. So kann man zum Beispiel mützentragende Jungs bestaunen, die wild vor der Kamera rumfuchteln und grölen, wie „fucking great“ THREE DAYS GRACE doch sind. Oder ein Trio junger Damen, die teilweise im schwarzen Abend-Ausgeh-Kleid (!) angereist sind und „We love you, Three Days Grace, Wuuuuuuu!“ kreischen. 
Generell bleibt das Publikum relativ verhalten, was vielleicht auch auf die Enge im ausverkauften Palace zurückzuführen ist, welcher bis auf die Sitztribünen komplett gefüllt zu sein scheint. Lediglich bei „Riot“ rastet das Publikum etwas mehr aus, ein kleiner Pogokreis lässt sich ebenfalls bei den Kamerafahrten über die Köpfe ausmachen. 
Sonst ist eher Auf-Und-Abhüpfen oder Adam-Mit-Der-Handykamera-Aufnehmen angesagt. Dieser schafft es wirklich sehr gut, das Publikum zu animieren und miteinzubeziehen; ein talentierter Frontmann, keine Frage. Gesanglich wird er dabei immer wieder von Drummer Neil unterstützt der in klassischer Hard-Rock Tradition durchkloppt. 
Basser Brad stampft das komplette Konzert wild vor sich hin und verdreht gerne auch mal psychedelisch die Augen oder lässt seine blondierte Locke hin und her fliegen, sobald die Kamera an ihn heranfährt.
Gitarrist Barry, welcher füher Gitarrentechniker der Band war und mit seinem Spitzbart und dem Irokesenharrschnitt irgendwie nicht ganz so gut in die sonst eher „hübsch“-aussehende Band zu passen scheint, bleibt da eher zurückhaltend und erledigt einfach einen guten Job. Nur bei dem bereits erwähnten „Riot“ ist ihm sichtlich anzusehen, dass er sich wirklich freut, auch mal ein kleines Solo zum Besten zu geben und in KISS'scher Manier zum geschätzten siebzehnten Mal die Zunge diabolisch auszustrecken. Danach begibt er sich aber wieder artig an seinen Platz und überlässt Adam die komplette Aufmerksamkeit, welcher wild über die Bühne hüpft und schreit: „Let's Start A Riot, A Riot!“ 

Quasi als kleine Pause für seine Kollegen gibt dieser dann in der Mitte des Konzerts eine kleine Akkustikeinlage und spielt ALICE IN CHAINS' „Rooster“, welches den Fans allerdings nicht wirklich ein Begriff zu sein scheint, denn als diese zum Mitsingen animiert werden sollen, bleibt es sehr verhalten und ruhig in der beachtlichen Spielstätte. Aber was soll's, dafür bekommen Interessierte endlich unverwackelte Aufnahmen ihres Idols, welcher unbestritten als Frauenschwarm und Vorbild durchgeht. 
Furios beendet wird das Konzert mit dem brachialen „Home“. Allerdings schweift der Song zwischendrin in ein Cover des FILTER-Songs „Hey Man, Nice Shot“ von deren Album „Short Bus“ ab, welches als relativ gelungen durchgeht, allerdings mir sehr unverständlich bleibt, wieso man so etwas unbedingt machen muss. 

Zurückbleiben tut man – oder zumindest ich – mit einem befremdlichen Gefühl, welches nicht ganz einzuordnen ist. Die Songs sind gut, sowohl auf Platte, als auch live. Alles wirkt professionell und gut arrangiert, die Menge geht mit. THREE DAYS GRACE sind wirklich die Massenkompatibilität in Person, und dürften so ziemlich jeden Geschmack irgendwo grob abdecken. 
Jedoch können sowohl die düstere Aufmachung des Bundles, als auch das Outfit der Band nicht über eines hinwegtäuschen: 
Und zwar, dass es sich bei „One-X“ um ziemlich poppigen Standardkram im düsteren Rockgewand handelt. Melodisch zwar, und prädestiniert fürs Radio, allerdings sei allen Nicht-3DG-Anhängern erst einmal ein vorsichtiges Heranwagen nahegelegt. 
Und somit ist „One-X“ aus meiner Sicht dann doch eher etwas für eingefleischte Fans, die sich vermutlich auch hier in Deutschland finden lassen werden. Da bin ich mir sicher.

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