Griftegård - Solemn. Sacred. Severe. Tipp




Stil (Spielzeit): Doom Metal (46:34)
Label/Vertrieb (VÖ): Ván Rec. / Soulfood (11.09.09)
Bewertung: 10 / 10

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Noch gar nicht so lange her, da haben Ván Records das „Psalm Bok" auf CD (wieder) veröffentlicht, das vor 2 Jahren als selbst produzierte 12" in 500er Auflage gepresst worden war: True Doom wie er besser kaum zu finden ist: Solemn, sacred, severe! Auf Altdeutsch: Feierlich, heilig und ernst. Also genau so wie er sein soll.
Die Frage, ob das Niveau auf dem ungeduldig erwarteten Debüt wohl gehalten werden könnte, wurde am 18. Juli im Ballroom bei der Pre-Listening Session eindeutig beantwortet.
Ein einziger Umlauf reichte für die Gewissheit: das himmlische Niveau konnte gehalten werden. ---- Ein einziger Umlauf wird nachträglich zur höllischen Qual, wenn man süchtig ist und noch Wochen auf den Dealer warten muss...

Dabei begegnet mit „Charles Taze Russel" erst mal ein alter Bekannter aus dem Buch der Psalme. Wer die Bedeutung des Songs für Mastermind Ola Blomkvist kennt wundert sich nicht, dass der Song auch auf das Debüt MUSSTE.
Das Stück ist bei aller nur vorstellbaren Erdenschwere einfach himmlisch. Und Thomas Eriksson der Doom Sänger vor dem Herrn. Dio, Lowe? Jaja, geil, keine Frage. Aber dieses Leid, diese Hingabe... „Man can not suffer enough for his sins... Man can not... suffer enough for the nails". Noch nie wurde so schön, so wahrhaftig abgerechnet ... Kniet nieder, diesen Hymnus erneut zu preisen! --- Und bleibt gleich für die fünf nächsten in dieser Haltung.

Das Trippel-S, es könnte auch stehen für: sad, soulfoul, slow. Aber das ist ja nur die Grundvoraussetzung. GRIFTEGÅRD stecken bis über beide Ohren im „True" Doom. Alles ist unendlich schwer, zäh, leidvoll. Aber was die Schweden auszeichnet, ist der Nerv fürs Schöne. Immer wieder treiben quälend schöne Melodien (in der Regel vom Gesang) Lichtstrahlen wie Nägel in blutiges Fleisch in diese abgründige Finsternis...

„Punishment & Ordeal" ist so traurig wie die Geschichte, die dahinter steckt. Getragen von einem kalten, hypnotischen Riff ist die Leadgitarre von Per Broddesson eine tonale Anklage, in der das Leid der Welt gebündelt ist... und das doch erst einmal das der Familie Gustavfson meint. (siehe Interview)

„Refuse These Ashses": Eriksson klingt diesmal ein wenig so, als hätte Wayne Hussey ins Fach der ernsten Musik gewechselt. Allein wie das Wort „Heaps" intoniert wird... oder wenn auf „drips" kurz der Takt wechselt, das Drumming das Tropfen veranschaulicht. Es sind viele dieser Kleinigkeiten, die aus großem, klassischem Doom ein metaphysisches Erlebnis machen. Und dann erst dieser Chor, der nur zwei, drei Mal „these ashes" singt, und dem Stück einen feierlichen Glanz verleiht. Gott, ich liebe diese Band!

„Noah's Hands" fällt dann etwas aus dem Rahmen: Es steht wohl in der Tradition protestantischer Kirchenmusik und ist von keinerlei Metallrückständen „verunreinigt": ein ernster Choral, unterlegt von einer schlicht-schönen Orgel und sporadischen dumpfen Drumbeats. Das doomt wie Himmel & Hölle zugleich, ohne überhaupt Doom zu sein --- genial!

„The Mire" ist dann wieder das gewohnt bittersüße Kraftfutter, das die metallischen Stärken der Schweden herausstreicht. Schwerste Riffs, schleppende Rhythmik, ein melancholisches Lead und ein Sänger, der ... aber lassen wir das, ich fürchte, ich wiederhole mich. „Der Sumpf", der hier vertont und beschrieben wird, in dem wir alle stecken, er mag schrecklich sein, aber mit dem Soundtrack halte ich es noch eine ganze Weile aus...

„Drunk with Wormwood" beginnt mit einem längeren sehr zerbrechlichen Vokal / Klavier-Dialog, bevor es schwerstmöglich knallt... und ist textlich herrlich bitter. Und immer wieder erstaunlich, wie (kon)genial Eriksson die Zweifel und die Bitterkeit von Blomkvists Gedankenwelt transportiert...: „and I see in Christ's eyes, I see... that I'm dead to him... as he is dead to me". Diese nüchterne Einsicht wird erst als das mentale Drama fühlbar, das dahinter steckt, durch die metaphysische Kraft der Musik....

Und so komme ich zu einem ähnlich nüchternen Resümee:
Ola Blomkvist, du magst bis ins Mark von Zweifeln zerfressen sein, aber ich weiß, es gibt einen fünfköpfigen Gott: GRIFTEGÅRD, ich bete Euch an! Amen!