Nicole Sabouné - Miman Tipp

Nicole Sabouné - Miman

Einem Asteroiden, der in meinem letzten Review eine Rolle spielte, muss das Raumschiff Aniara aus dem gleichnamigen Versepos von 1956 des schwedischen Schriftstellers Harry Martinson ausweichen. Die 8000 Emigranten aus der umweltzerstörten Erde an Bord des riesigen Raumtransporters, der auf veränderten Kurs in die Unendlichkeit des Weltraums gerät, beten einen allwissenden Computer, genannt „Miman“, an, der die ganze Geschichte der Menschheit und deren Gedanken gespeichert hat.

Auf ihrem zweiten Album „Miman“, das am 6. Januar 2017 zum ersten Mal auch außerhalb Schwedens über Century Media veröffentlicht wird, schildert die 25-jährige Schwedin NICOLE SABOUNÉ menschliche Tragödien in einem sehr emotionalen und wahrhaftig dunklen Sound. Das Ergebnis ist so verführerisch wie Miman selbst.

Ist SABOUNÉ die neue SIOUXSIE SIOUX?

Ihre Musik flirtet mit Gothic Rock, Dark Wave, 80er Post-Punk und modernem Swedish Indie-Pop. Sie ist melodisch, melancholisch und besticht durch Nicoles hypnotisierende Stimme. Sie klingt wie SIOUXSIE SIOUX, CONCRETE BLONDE oder PATTI SMITH, nur pathetischer und herzzerreißender. Mit ihrem rohen und aufwühlenden Dark Indie lässt sie sich problemlos unter die neuen Gothic Sirens wie CHELSEA WOLFE, ANNA VON HAUSWOLFF oder ZOLA JESUS einreihen, die Punk, Darkness und Feminines vereinen.

„Bleeding Faster“ versetzt einen mit seinem selbstzerstörerischen „Venus in Furs“-Vibe von VELVET UNDERGROUND mitten in einen Trauerzug. Der Song gibt die Richtung für das restliche Album vor – wie ein hell leuchtender Stern: Dunkelheit, Kraft, Kompromisslosigkeit und gleichzeitig bittersüße Schönheit und Glanz. Die Hymne für das blutende Herz ist in dem neuen Video perfekt in Szene gesetzt und gedenkt einer der wichtigsten Autorinnen der modernen englischen Erzählliteratur, Virginia Woolf. Man spürt förmlich die Ausweglosigkeit der an extremen Depressionen leidenden Frau.

„Lifetime” enthält mit großartiger Melodie und sehr gefühlvollem Gesang Anklänge an PJ HARVEY oder BAT FOR LASHES. Tribal Drums und magische „THE-CURE-Zitter“ begleiten die in klagenden Schreien gipfelnde Stimme und formen einen dramatischen Pop-Song von himmlischer Größe.

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Mit Miman zum Seelenheil.

Obwohl in Dunkelheit getaucht, hat jeder einzelne Song auf dem Album in seiner Brillianz das Potenzial zum Hit. Der Opener „The Body“ entführt andächtig in die mystische Welt der Sängerin. Das psychedelische „Right Track“ klingt, als käme es von den Alternative-Proggern BOYFRNDZ. Man spürt, wie der Song einen auf die dunkle Seite ziehen will. Eine Frau, die mit der Welt leidet, aber trotzdem an die Liebe glaubt: „Under Stars (For the Lovers)“.„Rip this World” beschwört den Geist von SIOUXSIE AND THE BANSHEES herauf. Düstere DEPECHE MODE-Schwere atmet „We are no Losers“. Das langsamere „Withdraw“ ist mit fast nur Gesang wie ein Schlaflied mit Herzschlag-Rhythmus. Das Madonna-Cover „Frozen“ dreht die Lichter noch weiter zurück und liefert mit Orchester einen gewaltigen Film-Soundtrack ab.

NICOLE SABOUNÉ schüttet dem Hörer ihr Herz aus und spricht jene an, die auf der Suche nach tieferen Gefühlen in sich selbst sind, und diese auch hervorruft. Es ist, als ob sie dich kennen würde, in deine Seele blicken könnte. Sie bringt einen dazu, sich seinem Innersten hinzugeben – ein intensives und überwältigendes Erlebnis mit kathartischer Wirkung.

Die Schwedin erschafft etwas Frisches und Zeitgemäßes in ausdrucksstarkem dunklem Gewand – ein eindringliches und intimes Meisterwerk einer jungen, sensiblen und geheimnisvollen Künstlerin.

Besetzung:

Nicole Sabouné - Vocals, Keyboards, Synthesizer
Nicklas Stenemo - Guitar, Bass, Keyboards, Synthesizer, Backing Vocals
Christian Berg - Keyboards, Synthesizer
Emma Pavlovic Svensson - Bass
Joakim Janthe - Drums

Tracklist:

01. The Body
02. Right Track
03. Bleeding Faster
04. Under Stars (For The Lovers)
05. Lifetime
06. Rip This World
07. We Are No Losers
08. Withdraw
09. Frozen

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