Stil (Spielzeit): Black / Pagan Metal (1:11:23)
Label/Vertrieb (VÖ): Northern Silence Productions / TWS - Source of Deluge (28.11.08)
Bewertung: 8,5 / 10
Link: http://www.kerbenok.net
Dass das Holsteiner Duo KERBENOK etwas ganz Besonderes ist, hatte sich untergründig ja schon ein wenig herumgesprochen. Von den Reviews zu den vorherigen Eigenveröffentlichungen: einer Doppel-CD und einer Mini-CD waren viele richtig begeistert.
Northern Silence hat letztere, da vergriffen, vor einiger Zeit nochmals aufgelegt und nun steht das erste richtige Album ins Haus.
Akustische Naturphilosophie möchte ich das mal eher nennen, was amtlicherseits mit dem Doppeletikett Black / Pagan Metal versehen wird. Wäre „unblack“ nicht das für die christliche Minorität reservierte Attribut für Black Metal, der sich nicht an die norwegischen, nihilistischen Vorgaben halten will, KERBENOK wären eben dies: unschwarz, aber nicht weiß, grau oder bunt.
KERBENOK „sind eine positive Band und haben“ sich „Aufmerksamkeit, Weisheit und Kreativität verschrieben“ (O-Ton Homepage)Kulturpessimismus?
Ja, natürlich… aber als an die deutsche Frühromantik gemahnende Zivilisationskritik; ihre „Musik steht für Naturverbundenheit.“. Und eben kein primitiver Fuck-It-All-Satanismus. Die sehr schönen und untypischen graphischen Umsetzungen (Covers wie Homepage) veranschaulichen die basalen Ideen und die Musik ganz ordentlich.
Und? Wie klingt dat nu? ---Tja, äääh… ganz geil. Hmm… ausreichend viel straight-ahead Black Metal erstmal, sehr oft hypnotisch / bedrohlich und doch morbid und melancholisch eingesetzt (ein bisschen wie auf der Debüt MCD der Angelsachsen von FEN vielleicht), aber doch überaus variabel im Tempo. Es wird also nicht nur gerast, auch in Mid-Tempo und schleppend-doomigen Gefilden wird das schwarzmetallische Klangerüst eher nicht gesprengt. Nicht immer jedenfalls: Ausdrucksform für das drohende / sich bereits entladende Unheil, das menschliche Hybris der eigenen Art bescheren wird. Oder für die dunkle Macht, als die die Natur dem Menschen immer erschienen ist.
Minimale Death-Einflüsse (so in „Verstandes Klinge“), die aber immer in ein schwarzes Klangkostüm gekleidet werden.
Dagegen stehen viele unmetallische Klänge. Es wird gelegentlich folkig und auch (seeeehr) dezent jazzig (norwegisch; falls irgendwer hier Terje Rypdal und Ketil Bjørnstad kennt!? ---mal so als ganz grobe Richtungsangabe).
Gastmusiker sind für beides sehr hilfreich: an Congas, Querflöte, Cello, Klavier, Horns z.B. und eine tolle weibliche Stimme (mehr von Loretta wäre schön gewesen!) sorgen für das optimistische Gegengewicht. Und hier ändern sich dann natürlich auch die Klangfarben. Der Mix ist dann plötzlich nicht mehr roh und dürr, sondern klarer und voller; fast schon schwelgerisch, werden solche Momente vor der schwarzmetallischen Wüste erlebbar.
Wie schon die Norweger von ÁSMEGIN, die ihren Folk Metal auf dem neuesten Release ja auch punktuell anjazzen, erinnern sie an echte Kunst , weil es KERBENOK gelingt, ihren Pagan Metal zu 99% kitschfrei zu halten.
Insbesondere das furiose Finale, „... In das was noch kommen mag“ bringt die differenten Trademarks sehr konzentriert auf den Punkt. Wenn der Songtitel programmatisch zu lesen, also ein Ausblick auf den nächsten Streich der Segeberger ist, weiß ich, warum ich „nur“ 8,5 Punkte vergebe: Da muss unbedingt noch Luft nach oben bleiben.
Allerdings sind auch nicht alle Stücke auf dem besagten Niveau; aber zumindest knapp darunter, was einer noch besseren Bewertung ebenso im Wege stand, wie der manchmal zu monotone Gesang, der die Schlagkraft der schönen Texte unterläuft.
Und für das Album insgesamt gilt: Das erstaunlichste ist vielleicht, dass es Stefan & Christopher gelingt, ihre komplexen Ansätze so homogen zu verschmelzen, dass es zwar gelegentlich ungewohnt, aber nie schwierig wird. Vielleicht ist es Kunst. Es klingt ganz nach Natur. Und ein bisschen Natur sollte jeder im Haus haben…