Skálmöld - Börn Loka Tipp

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Stil (Spielzeit): Viking / Pagan Metal (57:46)
Label/Vertrieb (VÖ): Napalm Records / Universal ( 26.10.12)
Bewertung: 9 / 10
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"Baldur" von SKÁLMÖLD war eine meiner Lieblingsplatten im letzten Jahr. Wie der Titel schon sagt, haben sich die Isländer damals mit der Sage von Baldur beschäftigt und diese stilvoll umgesetzt. Konzeptalben sind ja eher im Power Metal angesiedelt, aber auch SKALMÖLD schaffen es, die Sagen so packend und extrem umzusetzen, dass man trotz Sprachbarrieren (ich verstehe kein Wort isländisch) dem Verlauf der Geschichte folgen kann und will. Inhaltlich geht es diesmal um das Geschwisterpaar Hilmar und Brynhildur. Vertont werden die Prüfungen, die Hilmar auf seiner gefährlichen Reise bestehen muss, um ein ehrvoller Wikinger zu werden.

SKÁLMÖLD scheißen optisch und auch musikalisch auf jedes Genre und sollte man die Band tatsächlich im Pagan oder Viking Metal einordnen wollen, dann entziehen SKÁLMÖLD mit ihren Werken dem Genre endlich jegliche Lächerlichkeit.

Schon der Opener „Odinn" zeigt, wohin die Richtung geht. Sofort stellen sich meine Nackenhaare auf, hier werden wieder Geschichten erzählt. Sehr pompös startet die Platte mit einem erwartungsvollen, stampfenden Beat in Kombination mit einem theatralischen Chor, dem als Gegensatz kratziges Geschrei gegenübersteht.

„Sleipnier" begrüßt uns mit einem galoppierenden Schlagzeugbeat, einer kranken Orgel und hat tatsächlich diesen gewissen „Das Abenteuer beginnt"- Charme. Nach einigen Aufwärmübungen in Form von mitreißenden Riffs, überfällt uns das Sextett ungefähr in der Mitte des Song mit einem düsteren Moshpart, gekrönt durch ein dunkles Gitarrenriff. Mühelos führen SKÁLMÖLD den Song durch Death, Viking und Black Metal Gefilde und zwar so grandios, wie es manche Genrebands niemals ansatzweise schaffen.

Das folgende „Gleipnier" dominiert mit druckvollem Schlagzeug, es gibt ordentlich auf den Nacken, aufgelockert durch ein folkiges, eingängiges Riff. Hier folgen lange, sehnsüchtige Riffs auf Männerchöre, eingespannt im genialen kratzigen Gesang.

„Fenrisulfur" startet wie ein typischer AMON AMARTH Song, womit wir beim Melodic Death Metal wären, ein weiteres Genre, das SKÁLMÖLD integrieren. Mächtig Dampf hat das Stück und gesanglich gibt es hier die krassesten Gegensätze. Es hört sich schon fast an, als ob sich die beiden Gesänge bekämpfen. Leider liegt mir momentan kein Booklet vor, so dass ich der Geschichte nicht komplett folgen kann. Abgelöst wird das Gekeife von einem heroischen Part, der seinen Höhepunkt findet, indem die beiden verschiedenen Stimmen sich die Seele aus dem Leib brüllen, bis der Chor wieder versöhnend einstimmt. Einfach nur zum Niederknien, grandios!

Alles auf „Börn Loka" klingt nach Abenteuer, ist äußerst inspirierend und so erfrischend anders als alles, was mir sonst in diesem Bereich bekannt ist. Tracks wie „Himinhrjodur" (irgendetwas wird abgestochen und schreit dann auch wie abgestochen ...) sind für die Atmosphäre zuträglich und bestätigen, dass man „Börn Loka" komplett hören sollte. Auch sonst strotzt das Album vor eingespieltem Bachrauschen, Höhlentropfen, Blätterrauschen und sonstigen akustischen Add-ons.

„Midgardsormur" groovt sich erst ordentlich deftig durch die Story, bis es unvermittelt in ein Thrashgewitter mündet, wie es auf „Kill'Em All" von METALLICA nicht aufgefallen wäre, um gleich danach wieder in einen schon fast musicalähnlichen, glasklaren Chor zu wechseln. Wobei hier die Lyrics schon so gut zu verstehen sind, dass ich mir ein Lachen nicht verkneifen kann... wer den Song hört, wird verstehen, was ich meine.

Tendenzen zu AMORPHIS sind deutlich im nächsten Song zu hören, „Narfi" steigt mit mittlerem Tempo ein und anscheinend sind wir in der Geschichte gerade nicht in einer Kampfszene, sondern bei einem etwas hoffnungsvolleren Teil angekommen. Der Refrain ist positiv, schon fast schunkelig im Vergleich zu den vorherigen Stücken.



„Hel" startet mit einem Drumbeat, wie ein Klopfen gegen eine schwere Tür. Und dahinter lauert nichts Gutes, denn es wird rasanter und düsterer. Ein sehr dichter, beengender Titel mit einem Break, das überleitet in ein Schreien. Hier ruft eindeutig jemand nach Hilmar, dem Protagonisten der Geschichte, die Stimme ist nicht gerade einladend. Der Wechsel in Blastbeats, gepaart mit irren „Hilmar"-Schreien ist es umso mehr, das berührt und hat Klasse.

„Vali" klingt ebenfalls bedrohlich und man merkt deutlich, dass das Fass kurz vorm Überlaufen ist, sprich die Geschichte dem Höhepunkt zugeht. Ein kratziges Riff prügelt erbarmungslos auf den Hörer ein, es klingt nach einem schweren, zähen Gang Richtung Ende. Stimmlich werden nochmals alle Register gezogen, es wird gebrüllt und geschrien bis zur Schmerzgrenze, im Refrain kann ich immerhin den Namen von „Brynhildur" verstehen. Eine doomiger, folkiger Black Metal Bastard!

Das Schlusslicht in Form von „Loki" fällt zu Beginn rockig, schon fast „hard rockig" aus, trabende Drums unterstreichen die finale Stimmung und mit knappen neuneinhalb Minuten wurde dem Ende auch etwas mehr Spielzeit zugestanden. Genutzt wird das in Form von wechselnden Rhythmen, immer mit dieser gewissen Erwartungshaltung im Rücken. Wie wird es ausgehen? Sind die letzten Töne versöhnlich? Stirbt Hilmar im Kampf oder endet es mit einem Erfolg? Hört euch die Platte an, wenn ihr es wissen wollt... musikalisch werden erfolgreich alle Register gezogen, da wird geschrubbt, geknüppelt, gefrickelt und gesungen, was das Zeug hält.

Ich bin schwer beeindruckt, SKÁLMÖLD haben sich im Vergleich zum Debüt deutlich gesteigert, klingen verspielter und nicht so verkopft wie noch auf „Baldur", sie sind weiterhin sperrig und künstlerisch ansprechend. „Börn Loka" ist wie geschaffen für die dunkle Jahreszeit, die uns bevorsteht. Einzigartig und packend!

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