Alkonost - Stone Heart Blood Tipp



Stil (Spielzeit): Epic Dark Metal (Pagan Metal) (39:24)
Label/Vertrieb (VÖ): Metalism Records (2007)
Bewertung: 9 / 10
Link: http://www.myspace.com/alkonostrussia

Der Bekanntheitsgrad von ALKONOST ist schwer einzuschätzen. Im paganen Untergrund sind die schon seit 13 Jahren aktiven Damen und Herren aus Naberezhnye Chelny auch hierzulande keine absoluten Nobodies mehr. Andererseits können für die breite Masse der Heiden unter uns einige Infos ja nicht schaden, zumal die Veröffentlichungslage nicht gerade durchsichtig ist. Und auch an mir sind sie bis zu Markus Ecks Metal Message Vol. 4 völlig vorbeigezogen. Nun habe ich alles Bekömmliche bekommen, und ALKONOST gehören seitdem zu meinen Lieblingsbands.

Ich nehme mal das letzte Album zum Anlass, die Band ganz allgemein ein bisschen vorzustellen:

Erhältlich sind derzeit 5 von 6 Alben bei zwei Labels, wobei „Alkonost“ und „Between The Worlds“ die englischsprachigen Urfassungen von ????? ??????? ????? und ???????? sind, welche nach Jahren neu abgemischt, vor allem aber auf Russisch eingespielt worden sind. Was durch die Härte der russischen Sprache auch besser passt. Daneben gibt’s noch ???? ???????????? von 2006, sowie den aktuellen Tonträger ????????? ?????? ????? von 2007. Soviel zur Bio- / Diskographie.

ALKONOST bieten eine offenbar schwer zu kategorisierende Musik dar; während die Band ihr Zeug gern als Epic Dark Metal bezeichnet, hört jeder Schreiber was anderes `raus, und klebt ihrem Metal mehr oder weniger sinnvolle Etiketten drauf. Ich halte es mal mit der Band und versuche zu sagen, was ALKONOST machen, indem ich sage, was sie nicht sind:

Es ist trotz der lyrischen Sujets eigentlich kein „Pagan Metal“, weil die extremmetallischen Einflüsse viel zu spärlich ausfallen -- nimmt man mal Bands wie PRIMORDIAL oder MENHIR als Referenz. Weswegen natürlich auch das Black-Label völlig verfehlt ist. Vielmehr ist das Grundgerüst eher traditioneller, unspektakulärer Mid-Tempo Power Metal im angeschwärzten Soundgewand. Eher anthrazit als schwarz ist auch der growlende Gesang von Basser Alexej. Auf Gekeife wird verzichtet und das raue Growling kommt auch nicht aus den tiefsten Tiefen der Hölle wie z.B. bei den Death Doomstern RUNEMAGICK, sondern schlicht aus dem Bauch. – Da trumpft Alexej stattdessen lieber nebenbei mit einer kraftvollen, klaren Baritonstimme auf. Ungewohnt und erfrischend.

Folk ist es eigentlich auch nicht, weil auf den Einsatz typischer Folk Instrumente (entgegen anders lautender Behauptungen) vollständig verzichtet wird; und auch das Keyboard versucht nie wie sonst üblich, dergleichen nachzuäffen. Naja, gaaanz selten. Andererseits orientieren sich vor allem die traumschönen Leadgitarren gern und oft an den Tonfolgen slawisch anmutender Folklore. Viel Pathos. Viel Kraft. Und der Kitsch bleibt für mein Ohr immer im Rahmen.
Die Chöre klingen archaisch, majestätisch und kraftvoll. Wie beim Viking Metal. Dennoch ist das, was ALKONOST zelebrieren, schon deshalb kein Viking Metal, weil die Nordmänner bei den sechs Slawen schlicht nicht das Thema sind. Zudem klingen sie weder wie TYR, AMON ARMATH oder sonst wer.

Goth’ ist ähnlich absurd wie Black. Nur weil man mit tiefergelegter männlicher und wundervoller (Mezzo-) Sopranistin arbeitet, hat man dennoch nichts mit THEATRE OF TRAGEDY oder TRISTANIA zu tun. Wo die exklusiv mit romantisch-melancholischen Vergänglichkeits-Atmosphären mit Herz-Schmerz-Appeal aufwarten, sind ALKONOST zwar dunkel, gelegentlich auch mal sehr melancholisch, aber daneben auch von folkiger Lebensbejahung. Und durch den Power Metal Einschlag sowie den martialischen Drums (mal die Toms, mal die Snare) geht auch gern mal das Battle Metal–Streitross mit ihnen durch. Trotzdem erinnern sie kaum an TURISAS oder ENSIFERUM.

So lassen sich also Einflüsse diverser Genres ausmachen, aber eben darum sind ALKONOST auch nicht dem einen oder anderen zuzurechnen. Puristen werden sich daran stören; kein Fisch, kein Fleisch. Und wer meint, Frauen hätten im Metal eh nix zu suchen, braucht sich mit ALKONOST nicht weiter zu beschäftigen.

Allen aber, die genreübergreifend Bands zu ihren Favoriten zählen, die gleichzeitig z.B. EPICA und PRIMORDIAL und TYR etwas abgewinnen können, dürften ALKONOST eine eigenständige und hochinteressante Synthese sein.

Vielleicht ist der kleinste gemeinsame Nenner von Goth’, Folk, Pagan, Viking, Black ja der, dass Atmosphären kreiert werden, die eine Welt- bzw. Zeitflucht zulassen. Dazu müssen die Lieder episch sein und Kopfkino provozieren. Und eben darin sind ALKONOST ganz groß. Natürlich braucht man dazu kein Wort Russisch, sondern bloß die Musik zu verstehen. Und die spricht überaus artikuliert in griffigen musikalischen Metaphern.

Dass das mit dem Kopfkino bei ALKONOST so gut funktioniert hat m. E. drei Ursachen: Zunächst einmal beherrschen sie die älteste Kompositionsregel der Kunst: Thema und Variation. Ihre Lieder sind aus einfachsten Elementen aufgebaut, die sich durch verschachtelte Strukturen in immer neuen Variationen aufführen. Wie die bei Heiden so beliebte Bandornamentik, deren Grundmuster für den Betrachter ad hoc erkennbar ist, und das doch in den Details zahllose Überraschungen aufbietet. Aber man muss auch schon intensiver hinsehen, resp. -hören, um das zu entdecken. Andernfalls ist es nicht sehr glamourös. Ohnehin aber stellt das nur das Grundgerüst für die Ursachen 2 und 3:

Einerseits die Leadgitarren. Die sind schlicht phantastisch. Hier wird mit wunderbaren, folkig-verträumten, ebenso schlichten wie majestätischen Tonfolgen derart rumgeaast, wie es mir auf diesem Niveau in der Menge noch nicht untergekommen ist. Gern wird’s auch mal als Twin-Lead vorgetragen. Früher hätte ich mir wegen eines einzigen Leads dieser Klasse ein ansonsten mieses Album gekauft.

Andererseits Sängerin Alena. --- Ich kann (!) ungebremst für Frauenstimmen schwärmen: Z.B: für Kari Rueslatten. Oder Tarja Turunen. (Wegen ihres Gesangs habe ich mir immer wieder die fürchterlichen Musicals von NIGHTWISH angetan.)
Nach meinem Geschmack ist Alena, was da ist ein eher zart wirkendes Persönchen, die vielleicht beste weibliche Stimme im gesamten Metal Bereich. Sie vereinigt die symphonische Theatralik einer Turunen mit der folkig-gothigen Zerbrechlichkeit von Rueslatten. Ihr Stimmumfang ist grandios (wie viele Oktaven mag ich nicht mal schätzen) und sie singt Folgen, die man im Metal so wohl noch nicht gehört hat. Und was bemerkenswert ist: man schneidet nicht die gesamte Musik auf sie zu. Sie ist nur eines von sechs Bandmitgliedern. Aber allein sie rechtfertigt schon die „10“.

Leider ist ihr Einsatz auf ????????? ?????? ????? (Stone Heart Blood) im Verhältnis zu manch früherem Album nicht ganz so präsent. Deshalb gibt’s für Stone Heart Blood auch „nur“ 9 Punkte. An der Tatsache, dass ALKONOST unfähig sind, schlechte Songs ohne Atmosphäre zu schreiben, ändert das aber mal gar nichts.

Kaufempfehlung für alle Alben!!!
Am besten besorgt der gut sortierte Heide sie sich auf ein Mal (Je CD 8,- € ist geradezu lächerlich) und zwar direkt bei Metalism (metalism@Safe-mail.net); dann spart man an dem doch beachtlichten Porto inkl. Versicherung. Andernfalls schlage ich folgende Reihenfolge vor:

???? ???????????? (The Path We've Never Made) 10/10
???????? (Mezhmirie) 9,5
????????? ?????? ????? (Stone Heart Blood) 9
????? ??????? ????? (Songs of the Eternal Oak) 9
Und für Sammler (da je ein Punkt Abzug in der Sprachwertung):
Between The Worlds 8,5
Alkonost 8

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