Kafkas - Paula

kafkas

Stil (Spielzeit): Indie / Punk (48:48)
Label/Vertrieb (VÖ): Domcore / Broken Silence (16.04.10)
Bewertung: 5 / 10

Link: http://www.myspace.com/diekafkas
Was für eine Band… Also eine derartig selbstbewusste Lobeshymne auf die eigene beziehungsweise die unter die Fittiche genommene Band habe ich bisher noch nicht gelesen. Natürlich muss eine Promo-Information die zu besprechende Band anpreisen und deren gute Seiten aufzeigen. Doch die eine oder andere objektive Information ist doch immer wieder gerne gesehen. Nach dem Konsum des dieser Scheibe zugefügten Beipackzettels hingegen denkt man unweigerlich darüber nach, ob es nicht vielleicht angebracht wäre, sich zum Schämen in die Ecke zu stellen, sollte man von den KAFKAS bisher noch nichts gehört haben. Wer sind DIE ÄRZTE? Keine Ahnung. Wozu braucht man MANDO DIAO? Braucht man nicht. Hier sind die KAFKAS! Hurra! Mir ist jetzt klar geworden, dass man den Opener „Klatscht in die Hände!“, welcher zugleich auch die erste Singleauskopplung des neuen Albums darstellt, tatsächlich wortwörtlich zu nehmen hat. Das ist kein leerer Ausruf, sondern ein Befehl. Nicht umsonst erreichte das Video zu diesem Song 4,98 von fünf möglichen Punkten auf www.motor.de und führte auf Myspace sogar mal die deutschen Videocharts an. So steht es zumindest geschrieben...

Nun ja, und dass das geschriebene Wort bei den KAFKAS einen ganz besonders hohen Stellenwert erfährt, kann man ja bereits aus dem Bandnamen ableiten. „Paula“ ist nicht erstrangig ein musikalisches Werk, sondern hauptsächlich Lyrik. Vertonte Poesie. Die simplen Klänge, welche diese begleiten, werden ganz klar in den Hintergrund gerückt. Dafür zwängt uns Frontmann Markus seine selten rhythmischen Texte in einer recht aufdringlichen Art und Weise regelrecht auf. Das kann teilweise recht amüsant sein. So hat die originelle Textzeile „Wegen Typen wie Euch habe ich keinen Organspenderausweis“ aus dem meiner Meinung nach besten Track „Ich will kein Kumpel von Euch sein“ sofort Einzug in meinen täglichen Sprachgebrauch gefunden. Leider befinden sich derartig einfallsreiche Ergüsse jedoch eher in der Unterzahl. Kopfschmerzen hingegen bereiten solch gezwungene Reime wie „...Und der Held darf nicht verbluten, denn es siegen nur die Guten“ aus dem nervigen „90 Minuten“. Auf diesem Reimniveau bewegt sich fast die ganze Scheibe. Würden wenigstens die Melodien ins Ohr gehen, könnte man über die streckenweise grausigen Texte ja hinwegsehen. Da die Instrumente, wie bereits erwähnt, jedoch kaum Beachtung finden und der Gesang häufig Sprechgesang-artige Züge annimmt, kann man diesbezüglich kaum von Entschädigung sprechen.

Allerdings bin ich auch kein Fan von REVOLVERHELD, KETTCAR oder vergleichbaren, radiotauglichen Deutschrock-Formationen. Hier liegen in meinen Augen die auffälligsten Parallelen, wenn man die KAFKAS mit anderen Bands vergleichen will. Die Texte erinnern auch streckenweise an die SPORTFREUNDE STILLER, wenn man deren charakteristischen Humor und eine gehörige Portion Originalität subtrahiert. Einige Tracks, unter anderem der Opener, klingen durch die elektronische Musikuntermalung auch etwas nach FRITTENBUDE oder DEICHKIND. Diese Songs bewegen sich dann um die 180 bpm und wirken recht gut tanzbar. Hauptsächlich werden auf dem mittlerweile fünften Album der vier Hessen jedoch typische Indie-Rocksongs geboten. Eben die Art von deutschsprachiger Gitarrenmusik, welche in letzter Zeit so penetrant aus den Radios schallt und die breite Masse zu bewegen scheint.

Die KAFKAS selber bezeichnen ihre Musik als „Punkrock ohne Lederjacke und Hardcore ohne Muskeln“. Das halte ich für ganz leicht übertrieben. In der echten Punk- und Hardcore-Szene haben die Jungs mit Sicherheit nichts verloren. Wer hingegen mit einer oder mehreren der im letzten Absatz erwähnten Bands sympathisiert, der könnte auch „Paula“ etwas abgewinnen. So wurde mir von meiner Indie-Rock hörenden Partnerin verboten, dieser Scheibe weniger als fünf Punkte zu geben. Aufgrund meines empathischen Wesens kann ich es dann auch mit meinem Gewissen vereinbaren, mich daran zu halten. Denn eine gewisse Tanz- oder Springbarkeit und einige lustige Zeilen sind ja vorhanden. Immerhin...