
Stil (Spielzeit): Rock (27:03)
Label/Vertrieb (VÖ): Tocado Records / Radar Music (17.09.09)
Bewertung: 6 / 10
Link: http://www.myspace.com/themstilettos
Reißerischer Titel... Also wenn ich auf rotzigen Garagen-Punk und Rock’n’Roll in allen erdenklichen Ausprägungen stehen würde, dann fühlte ich mich bei Betrachtung des doch recht aussagekräftigen Covers dieser Scheibe durchaus angesprochen. Da kann der sonst so harmlose Gang zum örtlichen Musikverscherbler schnell mal unangenehm enden. Das gute Stück lässt sich eigentlich nur mit Daumen und drei Fingern aus dem Regal fischen, da sich der Mittelfinger nahezu unweigerlich vom Rest der Hand distanziert. Und die Gefahr auf Hausverbot erhöht sich zudem erheblich, wenn an der Kasse der Drang, die Kassiererin freundlich anzuspucken, nicht zurückgehalten werden kann, bevor man wild pogend das Gebäude verlässt...
Zuhause angelangt jedoch könnte dann rasche Ernüchterung folgen. Denn die Spurrillen, welche die Unterseite des Silberlings zieren, vermögen nicht unbedingt das zu halten, was der Titel verspricht. Also rotzig ist die Geschichte. Unangepasst und eigenständig auch. Dazu noch leicht angepisst. Aber auch nur leicht. Denn die drei durchgeknallten Holländer haben für „Fuck It Rock It“ anteilig doch sehr viel mehr Songs eingespielt, die gute Laune, Humor und Ausgelassenheit versprühen, als vertonte Ablehnung, Abgrenzung und die Vorsilbe „Anti“. Kurz gesagt: Es mangelt etwas an Aggression. Wer sich hingegen ohne diese Erwartung an den mittlerweile vierten Longplayer des Trios heranwagt, der wird vor allem eines bei dessen Konsum verspüren: Spaß! Denn das ist es, was THE STILETTOS verkörpern. Laut aufdrehen, alkoholische Getränke bereitstellen und der Sonne mit harten Konsequenzen drohen, sollte sie sich weigern, zu scheinen. Einfach mal den ganzen Stress, die Verpflichtungen und die üblichen Schikanen des Alltags hinter sich lassen, um voll und ganz für das wahre Leben verfügbar zu sein. Das ist „Fuck It Rock It“! Das und nichts anderes.
Das klang jetzt zwar etwas nach typisch realitätsferner Flowerpower-Mentalität, doch bedarf es für derartige lebensbejahende Philosophien nicht zwangsläufig einer Akustikgitarre, knallbunter Kleidungsstücke und bewustseinserweiternder Drogen. Das Ganze kann auch gerne mal mit schrammeligen Stromgitarren, verschwitzten Unterhemden und schalem Bier verkörpert werden. So wie in diesem Falle. Scheiß doch auf Liebe, Zusammenhalt und Weltfrieden! Wichtig ist nur das eigene Wohlbefinden! Wenn Du „Ja!“ zum Leben sagst, dann bezieh das primär auf Dein eigenes... Das ist die ausgelassene Mischung aus Lebensfreude und Gesellschaftsuntauglichkeit, welche THE STILETTOS repräsentieren. Und das klingt gut. Ich bin an sich ja nicht so der Freund von derartig punkigen Rock’n’Roll-Odysseen quer durch sämtliche Epochen. Daran konnte auch der erste Durchlauf von „Fuck It Rock It“ nichts ändern. Mittlerweile jedoch bin auch ich dem Drang verfallen, die Scheibe auf einer mit der Nachbarschaft nur schwerlich zu vereinbarenden Lautstärke zu hören. Die meisten Songs gehen echt ins Ohr. Und zwar auch in solche Ohren, welche sonst nur von sehr viel komplexeren, originelleren und mit zeitgemäßem Sound ausgestatteten Songs verwöhnt werden.
Denn diese Eigenschaften treffen nicht unbedingt auf THE STILETTOS zu. Die Musik der Holländer ist wirklich simpel. Aber gerade das macht sie auch so leicht zugänglich. Zudem wirken die dreizehn Songs auf „Fuck It Rock It“ etwas obsolet. Das alles hat es schon einmal gegeben und die Hochzeiten dieser Musikrichtungen sind längst vorbei. Und doch klingt es frisch. Auch der Sound erinnert an Garagen und Kellerräume. Doch die Jungs legen auch einfach ganz offenkundig keinen Wert auf bombastische Soundgewänder. Wo wäre denn da die Portion Rotz, welche THE STILETTOS charakterisieren wollen? Nein, das Konzept dieses Albums ist schon gut durchdacht. Rhythmischer, gut gelaunter Rock am Rande der Deltaradio-Tauglichkeit mit jeder Menge Augenzwinkern und einigen frischen Ideen. So findet auch ein bluesiges Saxophon Verwendung auf der Scheibe. Wer also Lust auf ein wenig heitere Bewegung hat, kann mit „Fuck It Rock It“ zumindest nichts falsch machen...