Edgar Allan Poe Projekt - Visionen


Review

Stil (Spielzeit): Hörbuch / Dark-Rock (70:26 / 51:42)
Label/Vertrieb (VÖ): Gun / SonyBMG (26.05.06)
Bewertung: Schönes Projekt (6/10)

Der amerikanische Schriftsteller Edgar Allan Poe (1809-1849) gilt nicht nur als Vater der modernen Short Story und Erfinder der Detektivgeschichte, sondern vor allem als wichtigster Vertreter der amerikanischen Romantik. Auf dem Projekt „Visionen" feiern internationale Schauspieler und Bands den einflussreichen wie kompromisslosen Autor in Wort und Musik.

Wer die CD-Serie „Rilke Projekt" kennt, bei dem Rilke-Gedichte von namhaften Künstlern zu passender Hintergrundmusik gelesen wurden, darf ganz Ähnliches auch von „Visionen" erwarten.
Die erste CD des Doppelalbums ist wie ein Hörbuch gestaltet: Schauspieler Christopher Lee ("Dracula", "Der Herr der Ringe") und seine deutschen Kollegen/-innen Iris Berben, Hannelore Elsner, Dietmar Bär, Kai Wiesinger, Jan Josef Liefers, Anna Thalbach, Gudrun Landgrebe, Ulrich Pleitgen und Hannelore Hoger lesen mit ihrer jeweils ganz eigenen Intonierung Gedichte wie „Der Rabe", „Die Glocken" oder „Der Eroberer Wurm". Das Meiste davon dreht sich um Träume, Erscheinungen, Sehnsüchte - und wirkt in der dargebrachten Form insbesondere bei Ulrich Pleitgen ziemlich berührend. Dero, Frontmann von OOMPH!, hat sich beim Gedicht „Traumland" versucht; wie ich finde, ein wenig gekünstelt, aber das ist ja mehr oder weniger seine gewohnte Ausrucksweise.

Das zweite Album begründet dann die Rezension auf unserer geschätzten Seite - hier finden sich Songs zum Themenspektrum von u.a. L` ÂME IMMORTELLE („Mein Herz"), Veljanov (DEINE LAKAIEN), SECRET DISCOVERY („Nur ein Traum"), SUBWAY TO SALLY („Finster, Finster"), FM EINHEIT („Der Eroberer Wurm"), Katharina Franck und Vince Bahrdt. Das Gesamtpaket wird somit gut abgerundet und ein zusätzlicher Anreiz geschaffen, sich „Visionen" in den Schrank zu stellen. - Insbesondere dann, wenn man Gothic-Fan ist, bzw. sich in der eher dunklen Musikszene zu Hause fühlt.

Für mich wäre allein die erste CD ausreichend gewesen - auf die teils ziemlich schwülstigen und bemüht wirkenden Dark-Rock-Nummern hätte ich gut verzichten können, auch wenn sie thematisch passen mögen. Die Lyrik von Poe hingegen hat mich in dieser sehr ästhetischen Form, mit stimmunsgvollem orchestralen Hintergrund, über aufmerksames Zuhören hinaus zum Nachdenken bewegt. Und das ist weit mehr, als ich mir vorher von „Visionen" versprochen hatte.