Stylistisch lässt sich die Band auch hier wieder nicht festnageln und schwankt wieder heftig zwischen Groove und Thrash. Schon der Opener „Crown“ fällt rhythmisch komplex und unnachgiebig aus. Aggressive Texte, schnelle, thrashige Riffs und ein starker Breakdown mit antikolonialer Haltung – und einer überraschend groovigen Hook, die sich im Kopf festsetzt. Alles in allem einer meiner Favoriten.
Direkt danach folgt mit „Mau Moko“ ein weiteres Highlight: rohe, fast archaische Riffs, getragen von einem schleppenden Groove, erzählen von geraubten tätowierten Häuptern – Toi Moko – und kolonialer Gewalt. Den Höhepunkt des Songs bildet ein selbst geschriebener Haka vor dem Breakdown, der den Song in einen meiner Favoriten verwandelt. „1000 Friends“ wiederum wechselt die Perspektive: ein moderner Kommentar zur Oberflächlichkeit digitaler Scheinwelten, musikalisch verpackt in melodischem Nu-Metal-Vibe und mit einem Refrain, der catchy und bissig zugleich ist.
„Hanging By A Thread“ ist vielleicht einer der komplexesten Tracks des Albums. Zwischen haltlosem, gut strukturiertem Gitarrengewitter und harten Breaks entwickelt sich eine fast progressive Struktur, die sich in Teilen in GOJIRA-eske Gefilde wagt. Eine der emotionalsten und lohnenswertesten Nummern. Mit „Tama-nui-te-rā“ folgt ein fast schon generisch klingender, aber bei weitem nicht schlechter Song. Mit einem fast stampfenden Groove feiern ALIEN WEAPONRY hier eine Ode an die Māori-Personifikation der Sonne: "Tama-nui-te-rā".
„Myself To Blame“ wechselt ins introspektive Fahrwasser: ein selbstreflektierter, emotionaler Song, bei dem die groovigere Seite der drei scheinen darf. Besonders stark ist hier die instrumentale Entwicklung über den Track hinweg, der schon fast einer Ballade gleicht. „Taniwha“ liefert – mit prominenter Unterstützung von Randy Blythe (LAMB OF GOD) – einen Fan-Favourite, der mich aber leider, vor allem wegen der für meine Ohren gewöhnungsbedürftigen Intro Vocals, nach wie vor nicht überzeugt. Die Riffs liefern aber auf allen Ebenen ab und der Refrain ist wie gewohnt catchy und macht den Song mehr als hörbar.
Mit „Blackened Sky“ kommt ein fast klassischer Protest-Song – kraftvoller Gesang, drückende Riffs, eine klar ausformulierte Botschaft. Atmosphärisch stark und mit einem starken Refrain versehen, liefert er das Ganze ab, ohne dabei platt zu werden. Aber im Ohr bleibt er nicht. „Te Riri o Tāwhirimātea“ ist ein weiteres rein in Te Reo Māori gesungenes Stück – laut, treibend, mächtig. Der Gott des Sturms, Wut, Naturgewalt – das alles hört man. Einer der kompromisslosesten Songs des Albums.
„Ponaturi“ wirkt als Kontrast fast schon etwas leichter, fast hymnisch im Chorus – dabei aber nie belanglos. Viele Cleans, catchy Hooks – für viele dürfte das der zugänglichste Song der Platte sein. Abgeschlossen wird das Ganze mit „Te Kore“, einem wieder eher groovigen, aber intensiven Finale mit fast schon lethargischen Riffs. Kurzer Song, fast meditativ. Kein klassischer Rausschmeißer, aber einer, der nachwirkt.
Fazit:
"Te Rā" ist ein ausdrucksstarkes, musikalisch forderndes Album, das vor allem eine gigantische Verbesserung zu ALIEN WEAPONRYs bisheriger Diskographie zeigt – und in der heutigen Metalszene seinesgleichen sucht. Die drei Jungs aus Neuseeland beweisen aufs Neue, dass die von ihnen geschaffene Verbindung aus Groove, Thrash und indigenem Erbe nicht nur ein Konzept ist, sondern Substanz hat. Zwischen mächtigen Hakas, politischen Botschaften und kompromisslosen Riffs steckt in "Te Rā" alles, was von einem ALIEN WEAPONRY-Release zu erwarten ist. Absolut empfehlenswert!
Anspieltipps: Mau Moko, Tama-nui-te-rā, Crown, Taniwha