Geschrieben von Dienstag, 31 Mai 2011 00:00

Radio Dead Ones - Interview zum Album 'AAA'

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Die Punkrocker RADIO DEAD ONES aus Berlin haben sich in den letzten Jahren ihren Hintern wund gespielt. Kürzlich kam mit „AAA“ das zweite Studioalbum heraus, welches bei SPV erschien. Sänger Beverly Crime stand uns Rede und Antwort zur neuen Scheibe, zum neuen Label, zu den letzten Jahren und vielem mehr.

Bev, euer neues Album „AAA“ erschien gerade am 15. April via SPV. Wie sind die ersten Reaktionen?

Sehr durchwachsen. Es gibt viel Lob und viel Kritik. Auf jeden Fall haben wir spannendere Reaktionen bekommen als für die erste Platte, die jeder Schreiberling leicht in eine Schublade stecken konnte. Doch die neue Scheibe scheint viele Leute zu überraschen, und somit haben wir viel erreicht, finde ich. Einige Bands im Punkrock haben sich in den letzten Jahren doch eher durch weichgespülten Rock hervorgetan, als mal wieder ein richtiges Brett abzuliefern. Dieser Aufgabe haben wir uns diesmal angenommen.

Wie zufrieden seid ihr mit dem Werk?

Sehr zufrieden. Wir hören die Platte selbst immer noch gern, sie ist nicht leicht mit einem anderen Album zu vergleichen. Jedenfalls fällt uns keine direkte Parallele zu etwas Anderem ein. Aber wir haben auch lange daran gearbeitet, da wär es schon bescheuert, wenn wir jetzt schon wieder nicht mehr zufrieden damit wären, auch wenn wir jetzt natürlich schon wieder ganz ganz andere Ideen haben für die nächste Platte.

Welche Idee, welche Bedeutung steckt hinter dem Titel „AAA“?

Es gab viele Bedeutungen, doch am ehesten passt wohl "awake and alive". Die Platte ist wild und lebendig und zeigt, dass wir nicht irgendeinem Trend hinterher laufen, wir gehen da immer noch naiv und kompromisslos ran - da passt der Titel einfach.

Die Songs für „AAA“ sollen schon seit Anfang 2010 stehen, erschienen ist die Platte aber erst jetzt. Warum hat es so lange gedauert?

Wir nehmen alles selbst auf und sind viel unterwegs, da bleibt einfach wenig Zeit, um effektiv zu arbeiten. Es dauert alles doppelt so lang, wie bei einer durchgeplanten Band, die nicht einfach losrennt, ohne vorher genau abzustecken, wohin die Reise geht. Wir sind spontan - das ist oft nicht besonders schlau, aber macht mehr Spaß.

Nun erschien das Album als Special Edt. mit insgesamt 20 Songs auf zwei CDs, warum habt ihr so viele Lieder veröffentlicht?

Weil wir so viele Songs hatten. Es gab noch einige mehr, aber einiges hat einfach nicht zum Rest gepasst und B-Seiten wird es ja auch noch geben. Wir lassen uns noch einiges einfallen für das restliche Material.

Wer die normale Platte kauft, kommt nicht in den Genuss der fünf Zusatzsongs, was sehr schade ist, schließlich finden sich da mit „Time Filled The Ashtray“ und „Don´t Tell Me No Lies“ echte Highlights. Wieso habt ihr das so entschieden?

Es ging uns nicht vorrangig darum, ein Album mit Hits zu machen. Wir wollten ein möglichst stimmiges Gesamtwerk haben, und da haben diese fünf Bonussongs einfach nicht gepasst. Die 15 Songs des Albums sind ein Guss, die Platte steht auf 15 Füßen, jeder weitere Fuß wär überflüssig, jeder der fehlen würde, brächte das Ding zum Wackeln.

Dafür gibt es aber auf „AAA“ mit „RDO pt2“ und dem Outro von „Not Here“ durchaus Songs, die das Album etwas in die Länge ziehen und irgendwie gar nicht zu euch passen wollen. Wie seht ihr das?

Eben das wollten wir - überraschen. Wir finden, die Songs passen sehr gut zu uns und zum Konzept des Albums.

Gelandet seid ihr ja nun bei dem Label SPV, wie kam es dazu?

Ein Bekannter von uns, der uns auch schon showmäßig gebucht hat, hat großes Interesse daran gezeigt, unser Album zu veröffentlichen, und da er bei SPV arbeitet, bot es sich an. Das Angebot sah gut aus, und wenn du dann auch noch die Leute persönlich kennst, ist es einfach das Beste, was dir als kleine Band passieren kann.

Wie sehen eure Erwartungen an das neue Label aus?

Wir haben uns nie auf Erwartungen gegenüber anderen Leuten gestützt. Wir lassen uns ein wenig überraschen, was passiert. Das, was die Leute von SPV anleiern, scheint gut zu funktionieren. Wir werden sehen, ob wir nun die ein oder andere Platte mehr loswerden und ob sich mehr Leute bei unseren Shows einfinden. Aber wie auch immer, davon machen wir nichts abhängig, was die Zukunft der Band angeht.

SPV ist ja eher ein Metallabel. Geht da eine talentierte Punkband, wie ihr eine seid, nicht ein wenig unter?

Ach, warum!? Die Zeit, dass Leute nur einen Musikstil hören, ist vorbei. Wer auf härtere Musik steht, wird nicht so kleinkariert entscheiden. Es geht im Endeffekt nur darum, ob es gefällt oder nicht. Wir haben beispielsweise auch beim With Full Force Festival gespielt und werden es dieses Jahr auch wieder tun. Das lief beim letzten Mal sehr gut für uns, obwohl das Festival doch vorrangig für Metal und sehr harte Musik steht.

Wenn ihr „AAA“ mit „s/t“ vergleicht, dem Vorgängeralbum, wo liegen die Unterschiede und was habt ihr verändert?

Die Texte sind persönlicher und bissiger. Die Musik ist härter und abwechslungsreicher. Diese Punkte gehörten von Beginn an zum Konzept, wir hatten keine Lust, uns zu wiederholen. Unter diesem Prinzip werden wir auch in Zukunft Platten machen. Punkrock ist die Basis von allem, und das sollte auch so rüberkommen. Heutzutage nennt man jede Band mit Gitarre "Punk", wenn es denn dem Verkauf förderlich ist. Aber "Punk" bedeutet Dreck und Mief und nicht "poppig-nichtssagende Trallala-Musik". Unsere letzte Platte war uns nicht hart genug, um das klarzustellen.

Obwohl ein neues Label am Start ist, habt ihr das Album von eurem Drummer TV Mörk selbst produzieren lassen. War das die richtige Entscheidung?

Ganz klar, ja! Der Sound passt zur Platte und zur Message. Außerdem entwickeln wir auch unser Songwriting maßgeblich weiter, wenn wir alles selbst produzieren. TV Mörk ist unser Drummer und kennt die Songs von der Basis an ganz genau, da ja alles mit dem Drumtrack beginnt bei der Aufnahme. Da zieht sich bei der Entstehung ein roter Faden durch, den du in einem günstigen Studio mit irgendeinem Produzenten nicht so leicht spinnen kannst. Diese Arbeitsweise werden wir auch noch eine Weile beibehalten.

Für eure 10inch „Berlin City“ habt ihr ein Video gedreht. Wird es auch diesmal wieder ein Video geben, und wenn ja, von welchem Lied? Was können wir erwarten?

Wir haben für die 10inch sogar 2 Videos gemacht. "So True" und eben "Berlin City". Solche Clips machen uns großen Spaß, darum wird es auch zur neuen Platte Videos geben. Das erste wird zum Song "Angelina" erscheinen. Der Streifen ist schon abgedreht und ist ziemlich cool geworden, jedenfalls der grobe Schnitt, den wir vorab schon mal sehen durften. Weitere Clips sind in Vorbereitung, aber ich verrate noch nichts. Es wird definitiv aufwändiger und detailierter als die alten Clips. Wir freuen uns drauf, wie die Leute reagieren werden.

Auf eurem Album haben sich viele Gastmusiker eingefunden, wie der Sänger der LOYALTIES Tom Spencer, Valle von MAD SIN oder Brijitte West, die sogar schon ein T-Shirt von euch ziert. Wie kam es dazu?

Das sind alles Leute, mit denen wir persönlich und musikalisch viel zu tun haben, da war es eine logische Konsequenz, was zusammen zu machen. Die MAD SIN-Jungs wohnen in der gleichen Gegend und wir kennen sie schon viele, viele Jahre. LOYALTIES sind Freunde aus London, wir besuchen uns oft gegenseitig und haben auch schon oft zusammen gespielt. Ja, und Brijitte wohnt auch in London und der Kontakt hat sich über die Jahre auch vertieft. Wir sind ja jedes Jahr mehrmals in England unterwegs, weil es dort ganz gut für uns läuft. Dann kam sie zu Besuch nach Berlin und die Sache stand.

Fabio, euer zweiter Gitarrist, ist letztes Jahr aus der Band ausgestiegen. Warum?

Ich denke, dass es nach über drei Jahren vergleichbar ist mit einer Beziehung. Wenn man dann getrennte Wege geht, redet man nicht mit jedem darüber, warum und weshalb es auseinander ging. Es sei nur so viel gesagt, wir sind im Guten auseinandergegangen. Er spielt nun Bass bei einer italienischen Band, ONE TRAX MINDS. Als sie neulich in Berlin gespielt haben, waren wir auch alle da. Es gibt keine skandalösen Stories zu der Sache. Es hat einfach nicht mehr richtig gepasst.

Wie würdet ihr die Berliner Punkrockszene beschreiben?

Als eine der besten in ganz Europa. Hier passiert viel. Bands, Clubs, Plattenläden und Festivals für diese Musik findest Du nirgendwo sonst in dieser Fülle. Vor allem kann man es sich hier finanziell leisten, Punk Rock zu leben.

Wie wollt ihr euer Album in den nächsten Wochen und Monaten promoten?

Wie immer: Wir werden keine Möglichkeit auslassen, live zu spielen. Es wird Singles und Videos geben. Wir werden immer mal wieder Akustik-Shows spielen, die überraschenderweise großen Anklang finden. Mal sehen, wir lassen uns noch einiges einfallen.

Wenn ich eure Liveauftritte vor drei Jahren und heute vergleichen, scheint ihr mittlerweile deutlich besser anzukommen. Woran liegt das?

Wir haben viele Jahre keinen großen Wert darauf gelegt, was die Leute über uns gesagt haben. Auch wie sie unsere Shows fanden, war uns scheißegal. Wenn die Leute nicht mitgegangen sind, hab wir noch 'nen Schluck aus der Whiskeyflasche genommen und es wurde lustig. Mit dem Alter funktionieren manche Sachen einfach nicht mehr. Wir mussten uns damit abfinden, dass wir irgendwann nur noch langweilig und vielleicht sogar peinlich sind, wenn wir so weiter machen. Für uns ist eine geile Show das, was an erster Stelle steht - dass man dann auch noch bis zum nächsten Morgen einen trinkt und feiert, schließt das natürlich nicht aus.
Bier schmeckt uns immer noch sehr gut, aber wenn man sich auf eine Bühne stellt, muss man sich bewusst sein darüber, dass da Leute stehen, die Geld für den Eintritt bezahlt haben, vielleicht die ganze Woche arbeiten mussten und nun bei der Show sind, weil sie Spaß haben wollen. Da musst du dann auch Spaß bringen. Es bringt uns ja dann auch mehr, wenn alle eine gute Zeit haben.

Bev, letzte Worte für unsere Leser?

Checkt unser Album und kommt bei einer Show in eurer Gegend vorbei. Wir freuen uns über jeden, der vorbeikommt und versprechen einen zumindest kurzweiligen Abend. Ciao Ciao!

Danke für das Interview!


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