Geschrieben von Mittwoch, 12 Dezember 2007 10:33

Icarus Witch - Interview mit Bassist Jason Myers


sincarriage

Link: http://www.icaruswitch.com
http://www.myspace.com/icaruswitch  

 
ICARUS WITCH aus Pittsburgh (Pennsylvania) sind in Europa noch ein relativ unbeschriebenes Blatt. Jetzt hat man beim italienischen Label Cruz Del Sur unterschrieben und unter dessen Flagge die aktuelle CD "Songs For The Lost" auf den Markt gebracht.  Gründungshexer und Bassist Jason Myers nahm sich die Zeit und beantwortete unsere Fragen. 
 
Hi Jason. Bevor wir näher auf euer neues Album “Songs For The Lost” eingehen, erzähle mir doch bitte ein bißchen was über eure Geschichte.

In meinem Kopf begann das ganze im Jahre 2003. Ich lebte in Los Angeles und hatte die Vision, DIE Band zu gründen, die in der Lage ist, die glorreichen Zeiten der Metal-Bands in den 1970er bis 1980ern ein Stück weit zurück zu bringen. Pur in Sound und Image.
Nach einigen Proben und Sichtungen war ich doch einigermaßen frustriert und ich hatte das Gefühl, dass ich mich wieder in Pittsburgh (Pennsylvania) niederlassen sollte. Dort schien es leichter zu sein, Leute zu finden, die weniger mit den aktuellen Trends und der „Szene“ zu tun hatten. Eines Tages gab mir ein Freund das erste Demo, welches von Matthew Bizilia eingesungen war. Ich wusste sofort, dass er der richtige für dieses Projekt war.
Anfang 2004 wurden wir „eingeladen“, einem Tribute zu BLACK SABBATH einen Song beizusteuern. Somit „schmissen“ wir auf die Schnelle ein Line-Up zusammen. Danach wechselten wir aber bereits den Drummer und den Gittaristen aus und fingen an, an einigen meiner eigenen Ideen zu arbeiten. Zur gleichen Zeit arbeiteten wir dara,n einen Song zu einem weiteren Tribut-Album beizusteuern. Dieses Mal galt unsere Arbeit ALICE COOPER. Die Songs bauten sich schnell auf, und obwohl sie eigentlich als Demo dazu gedacht waren, einen Plattenvertrag zu bekommen, dachten wir: „Das klingt so gut, da können wir auch eine EP heraus bringen.“ Das haben wir dann auch in Eigenregie durchgezogen, und das Ergebnis nannte sich „Roses On White Lace“. Wenn ich bedenke, wie diese EP den deutschen „Metal-Underground“ durchbrochen hat, muss diese EP schon ein „Eigenleben“ gehabt haben.
Jedenfalls bat man uns kurz darauf einen Plattenvertrag mit Cleopatra in den USA und Remedy Records in Europa an. Einer unserer Gittaristen schied aus (meine Güte, welch ein Verschleiß), wir gingen ins Studio und nahmen „Capture The Magic“ – unsere erste Full-Lenght-CD – auf. Dieses Album tat uns wirklich gut, wir nahmen zusammen mit Jasmin St. Clair das Video zum Titeltrack auf. Hilfsbereiter Weise steuerten meine Freunde George Lynch und Frank Arresti Gitarren-Soli bei. Quinn Lukas kam zur Band und in Anschluss spielten wir eine Menge Shows, um die Platte zu „promoten“. Wir eröffneten für YNGWIE J. MALMSTEEN, 3 INCHES OF BLOOD in den USA und spielten beim Headbanger’s Open Air zusammen mit METAL CHURCH und PRAYING MANTIS!
Als wir dann in Amerika zurück waren, spielten wir mit ATTACKER, DEADLY BLESSING oder TWISTED TOWER DIRE, und kurz darauf gingen wir bereits wieder ins Studio. Unser Drummer stieg kurz vorher aus, worauf unser Produzent Eric Klinger diesen Job übernahm und die Drums auf „Songs For The Lost“, welches fast komplett im Studio geschrieben wurde, einspielte. Dieses Album fertig zu stellen dauerte etwa ein halbes Jahr. Nachdem wir mit Chris Batton einen neuen Drummer gefunden hatten, stieg Steve Pollick aus. Somit gingen wir wieder als vierköpfige Band auf die Bühne um „Songs For The Lost“ zu promoten.
Glückwunsch zu “Songs For The Lost”. Wie denkt Ihr denn selber darüber?

Vielen Dank. Wir sind sehr stolz auf unsere Arbeit, und es hat uns doch einen Schritt näher an unser Ziel gebracht.
Warum habt Ihr es “Songs For The Lost” genannt?

Wir gründeten ICARUS WITCH hauptsächlich aus dem Grund, eine Art von Musik zurück auf die Bildfläche zu bringen, die von den Medien und der Musikszene im allgemeinen übersehen, wenn nicht sogar tot gesagt wurde. Uns schien es wie ein massiver Boykott. Die Leute wandten dem traditionellen Metal den Rücken zu und sagten: „Ach, das ist doch altmodisch. Man muss jetzt so und so klingen und spielen“. Aber für uns war das einfach nichts. Nur weil sich die Zeiten und die Trends ändern, heißt das nicht, dass jetzt die eine Musik gut und die andere schlecht ist. Unserer Meinung nach ist der beste Hard Rock der, der sich auf die Wurzeln besinnt, und den spielen wir auch. „The Lost“ könnten auch andere Fans des klassischen Metal sein, die über die letzten Jahre ebenfalls gemieden wurden. Obwohl wir jetzt nicht einer bestimmten Szene zugehörig sind, bleiben wir, wie gute Schuster, bei unseren Leisten. Andere Leute, die unsere Musik mögen, kommentieren sie häufig mit den Worten „Wenigstens spielt heutzutage noch jemand richtigen Metal“ oder „Es ist richtig toll zu wissen, dass es Bands wie eure gibt“. Irgendwie scheint unsere Musik eine Art „Zuflucht“ für diese vergangenheitsverbundenen „Nomaden“ und Freigeister zu sein, die sich weigern, sich Trends anzuschließen (nur um dazu zu gehören). Ich finde, der Turm auf unserem Cover passt auch perfekt zu dieser These, denn er bietet denjenigen, die die „guten, alten Zeiten“ vermissen, eine Art Zuflucht.
Wie waren die Pressereaktionen diesbezüglich?

Unheimlich gut. Nirgendwo habe ich etwas Negatives gelesen. “Songs For The Lost” scheint wesentlich besser anzukommen als “Capture The Magic”.
Das freut einen doch zu hören.
Welche Entwicklung habt ihr zwischen “Roses On White Lace”, “Capture The Magic” and “Songs For The Lost” durchgemacht?
ROWL war ein solides Debut, und vielen Leuten scheint die Heaviness und die rohe Power dahinter zu gefallen. Bei „Capture“ hatten wir das Songwriting bereits verfeinert, mehr Tiefe, mehrere Lagen. Steve Pollick hatte als einziger Gittarist damals einen progressiven Hintergrund, und deswegen ist das eine oder andere Progelement in den Songs enthalten – Sehr viel Melodie, aber ein bisschen weniger Ecken und Kanten. Bei „Songs For The Lost“ hatten wir dann jede Menge Live- und Studioerfahrung und somit konnten wir die rohe Kraft, auf die die Leute bei unseren Shows reagieren, in das Songwriting mit einfließen lassen. Unser Ziel war es, eine Reihe von Songs zu schaffen, die einerseits für sich selber stehen können und doch sehr gut zueinander passen. Da wir zur gleichen Zeit im Studio und „on the road“ waren, schrieben wir die Songs mit mehr Spontanität und Intuition, „entsorgten“ die unnötigen Parts und hielten die Songs so, wie sie sein sollten: Schlank, gemein und eingängig / leicht verdaulich.
Ihr wart dieses Jahr bei der NAMM. – Was hat hat es mit dieser Institution auf sich?

NAMM steht für „National Association of Music Merchants“ und ist eigentlich seit fast 100 Jahren eine Organisation von Herstellern und Händlern. Die meisten Leute bezeichnen den zwei Mal im Jahr stattfindenden Kongress einfach als NAMM. Das Winter-NAMM in Anaheim (Kalifornien) ist dabei das populärere von beiden. Es ist eine riesige Zusammenkunft, die über die Jahre in den USA berühmt geworden ist. Und das nicht nur, weil dort die Instrumentenhersteller ihre neuen Serien vorstellen, sondern auch als gigantische Party, bei der sich wirklich jeder blicken lässt, der auch nur ein kleines Bisschen zur Rock-Geschichte beigetragen hat. Wir wurden dazu von unserem Saiten-Ausstatter, Dean Markley, zu einer Autogrammstunde mit Meet & Greet eingeladen. Es war schon aufregend. Wir teilten uns einen Stand mit Jery Only von den MISFITS, und genau nach uns gaben RONNY JAMES DIO und seine Band eine Autogrammstunde. Wir promoteten quasi unsere erste Platte und standen Seite an Seite auf einer privaten Party mit Mitgliedern von DIO, AC/DC, QUIET RIOT, OZZY, WHITESNAKE, QUEENSRYCHE und so vielen anderen Persönlichkeiten und „Berühmtheiten“. Einfach nur geil! Hinterher kehrten wir ins Studio zurück, stellten „Songs For The Lost“ fertig, sichteten neue Drummer und gingen wieder „on the road“ um unseren Bekanntheitsgrad zu steigern.
Wie schätzt Du euren Bekanntheitsgrad in den USA ein?

Kennst Du unser Sprichwort „Ein großer Fisch in einem kleinen Teich“? Das trifft unsere Situation sehr gut, wie ich finde. In der sogenannten „True-Metal-Szene“ sind wir den meisten Leuten ein Begriff. Aber vor uns liegt doch noch ein gehöriges Stück Arbeit, um auch außerhalb dieses Underground-Kreises bekannt zu werden. Wir gewinnen immer neue Fans, wenn Leute zu unseren Shows gehen oder unsere Musik hören. Wir lieben es, Konzerte zu spielen wie ein Politiker im Wahlkampf, Hände zu schütteln und unseren Siegeszug in den Herzen der Amerikaner weiter zu führen. (lacht)
Wer ist denn bei Euch hauptsächlich für das Songwriting verantwortlich?

Das teilen wir unter uns auf. Jeder von uns hat seine „Spezialität“, aber alles in allem ist es ein demokratischer Prozess in unserer Band.
Somit ist Eure Musik eine gute Kombination der musikalischen Vorlieben aller Mitglieder?

Ich denke schon. Wenn jeder von uns Vieren genau jetzt ein Solo-Album aufnehmen würde, kämen vier absolut unterschiedliche Alben dabei heraus, und keines davon würde nach ICARUS WITCH klingen. Wir ergänzen uns gegenseitig. Der Eine bevorzugt Doom, der andere AOR und das Ergebnis steht irgendwo in der Mitte – ein melodischer, zuversichtlicher und zugleich düsterer, mystischer Song. Wir streben bei unseren Songs die goldene Mitte an.
Eure Lyrics, so scheint es mir, sind von der Witchcraft-Philosophie inspiriert.

Ja. Wenn man eine Leidenschaft für etwas hat und nach einer gewissen Ideologie lebt – in unserem Fall „Do What Thou Will“ – wird die Kunst, mit der man sich beschäftigt, dieses immer reflektieren – ob man will oder nicht. Wir alle glauben daran, dass jeder seines Glückes Schmied ist und somit findet man meistens einen positiven Drall in dem, was wir mitteilen wollen, auch wenn die Geschichten, die wir erzählen, ein wenig missmütig sind. Aber es ist immer ein Quentchen Hoffung und Würdigung an das Wichtige vorhanden. Ich bin seit meiner frühen Kindheit mit Hexerei verbunden, und Matthew und ich haben uns früh aneinander mit tiefgreifenden Gesprächen über das Okkulte verbunden. Wenn einer von uns die Lyrics schreibt, dann kann man sicher sein, eine authentische, heidnische Sichtweise präsentiert zu kriegen.
Um was geht es denn in Euren Texten?

Oftmals ist es das „automatische Schreiben“, welches unsere Texte bestimmt. Man erkennt, wer den Stift führte oder auf der Tastatur rumgehackt hat. Für uns ist es wichtig, dass der Text verschiedene Schichten hat. Metaphern und Wortspiele haben dabei höchste Priorität. Schlussendlich liegt es an jedem selbst, wie er unsere Texte und die Story dahinter für sich selber interpretiert. Aber eine Sache ist bei unseren Texten beständig: Wir haben eine oberflächliche Story, für diejenigen, die damit zufrieden sind, im Chorus „mitzuträllern“. Darunter verbergen sich aber auch unterschwellige oder absichtliche Botschaften, die wir auch für uns manchmal erst hinterher entschlüsseln.
“Afterlife” ist einer der Songs des neuen Albums, die mir besonders gefallen. Ist er jemandem bestimmten gewidmet?

Danke schön!. Dieser Song ist auch einer meiner Favoriten. Er ist meinem Onkel, Dennis Myers, gewidmet. Er verstarb ganz unerwartet und unter mysteriösen Umständen während der Aufnahmen zu „Songs For The Lost“, welches mich erst mal eine Weile aus der Bahn warf. Ich dachte hinterher viel über die Zerbrechlichkeit des Lebens nach. Darüber, wie wichtig es ist, nicht nur seine Träume auszuleben sondern das Beste aus jedem Tag zu machen. Ich möchte auch die Hörer aufrütteln, dass sich alles in einem Augenblick ändern kann.
In Deutschland erschien “Capture The Magic” bei Remedy Records. Warum seid Ihr zu Cruz Del Sur gewechselt?

Der Deal mit Remedy beschränkte sich lediglich auf eine Platte. Ich muss sagen, Jörn und Petra haben wirklich gute Arbeit geleistet und uns wirklich geholfen, einen Fuß in die Türe der europäischen Szene zu bekommen und mehr Verständnis für diese Szene zu gewinnen. Ich liebe ihren Shop in Hamburg, und die beiden sind einfach cool. Als wir allerdings einen neuen Partner für „Songs“ finden mussten, machte es doch mehr Sinn, zu Cruz Del Sur zu wechseln. Das lag in erster Linie an unserem Musikstil und an Enricos Enthusiasmus für unser Projekt.
Ihr seid also mit der Arbeit von Cruz Del Sur zufrieden?

Absolut! Im Bezug auf ihren Einsatz, unsere Band zu promoten, konnten wir uns einfach keinen besseren Partner aussuchen. Obwohl dieses Label seinen Sitz in Rom hat, kommunizieren Enrico und ich fast täglich miteinander. Wir entwickeln neue Ideen und sind darüber hinaus Freunde geworden. Wir haben das gemeinsame Ziel, ICARUS WITCH im europäischen Markt bekannt zu machen und eine gemeinsame Leidenschaft für den traditionellen Heavy Metal.
In der Zwischenzeit habt Ihr euren Drummer und Euren ersten Gitarristen „verloren“. Wie passt Chris zu Euch und wie fühlt sich Quinn bei den Gedanken, der “Haupt-Shredder“ zu sein?

Wo wir gerade bei Wortspielen waren – Böses Wortspiel, Sylvia. Chris passt besser zu uns als jeder der sechs Drummer, die wir vorher hatten. Der Hauptgrund dafür ist schlicht und ergreifend, dass er ein Drummer mit einem Rock-Hintergrund ist. Und das wollten wir immer. Die anderen Drummer kamen aus der Thrash-Ecke und versuchten immer, unserem Musikstil gerecht zu werden. Schlussendlich fühlten sie sich immer etwas „beschränkt“, weil unsere Songs einfach nicht diese superschnellen Blast-Beats und Double-Bass-Elemente beinhalten, die den „modernen“ Metal ausmachen. Chris ist einfach solide. Er bringt sich mit wirklich kreativen Fills ein und besteht nicht darauf, die Double-Bass den ganzen Song durchzuknüppeln, was unseren Stil doch mehr zum Leuchten bringt. Wir freuen uns jetzt schon darauf, mit ihm die nächste Platte zu schreiben und aufzunehmen. Ich denke, Ihr werdet in der Zukunft noch einige „tighte“ Rhythmen hören. Im Bezug auf Quinn – am Anfang war er doch ein bisschen unwillig, zum „Ein-Gitarrist-Line-Up“ zurückzukehren, weil er sich im Duo mit Steve wirklich wohl fühlte. Aber früher hat er auch schon als Lead-Gittarist fungiert und ist somit mehr als fähig, die Stellung zu halten. Genau wie Chris hat er einen rockigen Hintergrund in seiner Spielweise, der perfekt in die Vision unserer Entwicklung passt.
Über MySpace hat man fast ständig etwas von neuen Live-Gigs gelesen. Was denkst Du, wie viele habt Ihr gespielt, um Eure CDs bekannter zu machen?

Ich habe nicht mitgezählt. Aber wir sind jetzt gerade wieder von einer kleineren Tour mit zehn Auftritten zurück. Im Dezember gönnen wir uns eine kleine Pause und wollen schon mal an neuem Material, einem Video und vielleicht einer DVD arbeiten. Im Frühling wollen wir uns gen Norden – nach Kanada – und den Südwesten – Texas etc. – orientieren.
Wart Ihr jetzt hauptsächlich an der Ostküste aktiv?

Hmmm, nunja. Wir waren hauptsächlich im Binnenland. Wir konzentrierten uns auf den Mittleren Westen und Süden – Chicago, Cleveland, Atlanta, West Virginia etc. Die USA sind 
groß – zwischen den Shows müssen wir teilweise bis zu zehn Stunden fahren.
Ich habe mich letztlich mit ein paar Leuten aus Texas unterhalten. Die mochten Eure Musik unheimlich gerne.

Danke für die Info! Aus Texas kriegen wir unheimlich viel Feedback und von allen Bundesstaaten die meisten Anfragen. Das Problem ist einfach, dass Texas unheimlich weit weg ist. Wir müssten schon eine kleine Tour zusammen kriegen, damit dieser Trip wirtschaftlich vertretbar wäre.
Denkst Du, dass es nicht langsam mal Zeit ist, wieder nach Europa zurückzukehren?

Emotional gesehen: Wir würden sofort den nächsten Flieger nehmen! Finanziell gesehen: Da brauchen wir schon ein bisschen Unterstüzung. Aber wenn sich die Gelegenheit ergibt – sei es für eine Tour, ein Festival oder ein großes Event. Ganz egal – wir wären im Nu dort und mit vollem Herzen dabei.
Deutschland hat Euch damals gefallen, oder?

Absolut! Dort haben wir uns sofort wie zu Hause gefühlt. Hamburg kann man in vielerlei Hinsich mit Pittsburgh vergleichen. Industriell von mittlerer Größe, unheimlich aktiv. Und wenn man nur ganz kurz über die Stadtgrenze hinausgeht, ist man schon auf dem Lande, genau dort, wo das H:O:A war. Einfach toll. Ich mochte dort die Metal-Fans, die Bands und das Bier!
Obwohl Ihr bis jetzt nur einmal in Deutschland wart – sind dir Unterschiede zwischen den deutschen und amerikanischen Metalheads aufgefallen?

Ihr sprecht mit lustigen Akzenten – sonst nichts. (Ja, ich erinnere mich noch genau, wie Jason mich für eine Französin hielt, als ich mich beim H:O:A 2006 mit ihm unterhielt)
Wart Ihr jemals in Südamerika?

Bis jetzt noch nicht.
Würdet Ihr dort gerne mal Konzerte spielen?

Auf jeden Fall. Eigentlich wollen wir überall spielen, wo man uns auftreten lässt. Paul DiAnno erzählte mir, dass die Leute in Südamerika die ultimativen Metal-Fans seien. Letztlich habe ich noch eine Mail von einem dortigen Konzertveranstalter erhalten, der mit uns zusammen arbeiten möchte. Also vielleicht verschlägt es uns auch bald in südlichere Gefilde. Ich will unbedingt die aztekischen Monumente besuchen und ein paar Zeichen für 2012 finden!
Hilf mir mal bitte auf die Sprünge – was hat es mit dem Jahr 2012 auf sich?

2012 ist das Jahr, in dem der Maya-Kalender ganz abrupt endet. Seit langem war dieser Kalender das zuverlässigste Dokument überhaupt. Somit fühlen viele in der Okkulten Szene, dass die Wintersonnenwende im Jahr 2012 die Apokalypse bezeichnet. Diese Apokalypse bezieht sich aber mehr auf die Wahrnehmung der Menschen. Es könnte auch eine Naturkatastrophe sein. Nichts Genaues weiß man nicht. Es könnte auch ein weiterer Y2K sein, aber jene Prophezeiungen wurde ja gemacht, bevor es Computer und die ganze ausgereifte Techik gab.
Jason – du bist Veganer. Wie hälst du es mit der Aussage von PETA “Tattoos statt Pelz” ?

Diese Kampagne hat die PETA wohl nur in Deutschland gehabt. Aber ich für meinen Teil trage nur falschen Pelz. Meine Tattoos sind aber echt. (lacht) Lasst den Tieren ihre Haut. Sie brauchen sie mehr als wir, und ich wäre auch nicht scharf darauf, wenn man mir die Haut abziehen würde.
L.A vs. Pittsburgh – wie schaut es mit den unterschiedlichen „Lebensbedingungen“ für Veganer aus?

Fast schon wie Himmel und Hölle. Pittsburgh ist eine sozusagen eine Bier-Stadt. Die Arbeiterklasse dominiert das bodenständige Stadtbild. Fleisch und Kartoffeln scheinen hier die Hauptnahrungsmittel zu sein. Das heißt leider auch, dass man hier als Vegetarier / Veganer nicht so wirklich viele Optionen bezüglich des Ausgehens hat. Aber man weiß mit der Zeit, wo sich diese Locations befinden und man lässt die üblichen Betriebe auch wissen, dass man sich mehrere, fleischlose Variationen auf den Speisekarten wünscht. In L.A, San Francisco oder New York gibt es mehrere Orte, wo man gutes, fleischloses Essen gekommen kann – daher gehe ich gerne in diesen Städten aus. Aber in Pittsburgh zu leben macht einen auch zu einem besseren Koch!
Unterstützt Ihr als Band die PETA?

Ich würde nicht sagen, dass wir als Band voll dahinter stehen. Aber ich für meinen Teil bin immer froh, wenn ich danach gefragt werde. Ich will keinen Heiligen, Prediger oder „Bono“ darstellen (lacht) aber teile gerne meine Meinung mit. Zwischen uns, einigen jüngeren Fans und einer Person, die uns mitteilte, die PETA sei korrupt und könne uns deshalb nicht unterstützen, wurden einige Kontroversen ausgelöst. Obwohl wir alle Tierliebhaber sind, bin ich doch der einzige Veganer unter uns.
Ich wurde kürzlich noch von PETA für deren Website interviewt. Für mich war das eine Ehre und macht mich doch ein bisschen stolz. Ich habe keine Ahnung, ob wir einen Einfluss auf die Meinung der Menschheit haben, aber wenn ich auf MySpace lese, dass einer unserer Hörer aufgehört hat, Fleisch zu essen oder ich Dankesbekundungen in den Kommentaren lese, fühle ich mich wohl und bestätigt. Ich ermutige die Leute, sich ein bisschen mehr in die Arbeit der PETA einzuarbeiten. Mal ganz davon ab, wie sie oder wir uns ernähren oder woran wir glauben, die PETA forscht sehr viel im Bezug auf Tieresmissbrauch und deckt in diesem Zusammenhand auch sehr viel auf. Ich finde, dort macht man einen richtig guten Job, wenn es darum geht, den Leuten mitzuteilen, in wie weit die Geldgier der Großunternehmen über den Rechten und Gefühlen der Tiere steht. In der Metal-Szene dreht sich irgendwie alles um die Frage, wie böse man sein kann. Ich sehe und kenne viel von diesem „Rumgepose“- aber dennoch bin ich viel mehr beeindruckt von Mitgefühl und Intelligenz.
Jason, ein ganz großes Danke, dass Du dir die Zeit genommen hast und die Fragen beantwortet hast. Hast du „letzte“ Worte an unsere Leser?

Hört Euch einfach die Musik an, die Euch gefällt – ganz egal, was Eure Freunde oder die Medien sagen. DAS war mein Anstoß, eine Band wie ICARUS WITCH zu gründen. Viele Jahre lang war Heavy Metal alles Andere als ein Höhepunkt in den USA. Man wurde ausgelacht, wenn man bemerkte, dass einem Bands wie WHITESNAKE oder DIO gefielen. Ich konnte einfach nicht anders als zu denken „Wer sind diese Arschlöcher, die sich einen Spaß aus dem traditionellen Metal machen, und warum sollte ich auch nur einen Gedanken an deren Meinung verschwenden?“ Egal, was die öffentliche Meinung ist – ich kleide mich wie meine Vorbilder aus den goldenen Zeiten des Rock, den 1970ern und 1980ern und feiere einfach eine Party auf der Bühne, bei der ich meine Gefühle zum Ausdruck bringen kann. Warum sollte ich in einem T-Shirt und Baggy-Pants rumlaufen und mich so verhalten, als wenn ich ums Verrecken eine Prügelei wollte? Ich kriege schon genug Aggressionen, wenn ich in Pittsburgh im Berufsverkehr festhänge oder mir die tägliche Nachrichten ansehe. Wenn ich auf die Bühne gehe, will ich verdammt noch mal meinen Spaß haben. (lacht) Ich habe immer gedacht, Metal und seine Philosophie steht für ein Auflehnen gegen den Strom, das Darstellen eines Individuums, das Einstehen für die eigenen Ideale und den eigenen starken Willen. Wenn jeder, innerhalb der Szene, die gleichen Klamotten trägt, die gleiche Musik spielt und diejenigen destruktiv kritisiert, die dem nicht folgen, ist der Metal doch nur eine weitere Art von „Uniform“. 
Bleibt weltoffen und folgt Eurer Musik!
PROST!