Geschrieben von Mittwoch, 08 September 2010 17:22

Circa Survive & Average Engines – Hamburg / Molotow

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Es ist wohl einer der letzten richtig schönen Spätsommerabende im September, und nach der viel zu langen konzertlosen Sommerpause steht endlich wieder ein toller Gig auf meinem Terminkalender: CIRCA SURVIVE aus Philadelphia, Pennsylvania.
Da mich die Jungs bereits 2007 bei der Vans Warped Tour durch ihre energiegeladene Bühnenshow und die unglaubliche Bühnenpräsenz ihres Frontmannes Anthony Green regelrecht umgehauen haben - und ihr neues Album Blue Sky Noise einfach fantastisch ist - bin ich umso gespannter, CIRCA endlich auch mal in entspannter Clubatmosphäre im Hamburger Molotow erleben zu können.
Zum Einlass um 20 Uhr haben sich gerade mal 20 Fans vor dem gemütlichen Club auf der Reeperbahn versammelt, und Colin Frangicetto (Gitarrist) und einige andere Bandmitglieder haben sich gerade eine Take-Away-Pizza beim Italiener um die Ecke geholt. Zeit für einen kurzen Plausch mit ihren Fans nehmen sie sich aber trotzdem, und auch Sänger Anthony begrüßt die Meute gut gelaunt, als er wenige Zeit später von einer kleinen Kiez-Erkundungsrunde zurückkehrt.

Ab in den Club, und nach einem Cider geht es für uns zum Merchandise Stand, bei dem es merkwürdigerweise nur Shirts und CDs der Hamburger Vorband AVERAGE ENGINES zu kaufen gibt. Leider gibt es von AE aber auch nur weiße Shirts mit einem total unauffälligen, filigranen Aufdruck - also nichts für mich. Und die aktuelle EP „If Dali Broke My Arm It Would Sound Like This”, welche am 03.09.10 in Eigenregie erschienen ist, werde ich mir nur zulegen, wenn die Hamburger mich live überzeugen können. 

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Um 20:45 Uhr legen dann nach einer kurzen, coolen Begrüßung der Marke „Hallo Ihr schönen Menschen“ durch Sänger Tim die AVERAGE ENGINES auch schon los. Das Molotow, welches heute Abend bereits durch eine provisorische Trennwand verkleinert wurde, füllt sich endlich ein wenig. Die vier Hamburger schaffen es mit ihrer ansteckenden Mischung aus Indiecore und Elektro von Anfang an, das überwiegend sehr junge Publikum, zu denen sich übrigens auch CIRCA SURVIVE Sänger Anthony gesellt hat, zu begeistern. Auch wenn die Band laut eigener Aussage nicht so auf Vergleiche und Schubladen steht, muss ich direkt beim ersten Song an Acts wie BIFFY CLYRO und BLOC PARTY denken. Der nur sechs Songs umfassende Gig der AVERAGE ENGINES ist durch die druckvolle Rhythmusfraktion mit dem einen oder anderen Tempowechsel und kurze emotionale Ausbrüche in Form von Schreien durch Sänger Tim (dem diese Parts meiner Meinung nach etwas mehr liegen als die melodischen) abwechslungsreich, sehr unterhaltsam und macht Lust auf mehr. Um 21:15 Uhr verabschieden sich die AE so trocken, wie sie uns gerade erst begrüßt haben - “Wir sind die AVERAGE ENGINES und Ihr seid sexy“- machen noch kurz auf ihr Merchandise aufmerksam und verlassen dann sichtlich glücklich die kleine Bühne des Molotows.

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Setlist Average Engines:
The Bends
The X-Ray Pattern Of Broken Bones
Iron Battlesuit
Blessed By Thy
Hands Up, No Sound
Andromeda


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Das einzig Nervige an diesem Abend ist die fast 40minütige Umbaupause, die jetzt folgt. Allerdings wird sie uns mit dem aktuellen BIFFY CLYRO Album Only Revolutions, welches lautstark aus den Boxen dröhnt, deutlich versüßt.
Um 21:50 Uhr, nach einem kurzen Intro vom Band, stürmen dann endlich CIRCA SURVIVE die Bühne und legen gleich mit zwei absoluten Knallern los: „Act Apalled“ und „Get Out“. Vom ersten Moment an spürt man den Zusammenhalt der fünf Amerikaner, die eine gewisse bescheidene Selbstsicherheit ausstrahlen, ohne dabei überheblich zu wirken. Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass Sänger Anthony die größte Bühnenpräsenz besitzt – die Fans, besonders in den vorderen Reihen, hängen textsicher an seinen Lippen. Anthony dankt es ihnen, in dem er sich hauptsächlich bei den Songs vom aktuellen Majordebüt Blue Sky Noise zu ihnen in den Pit begibt, um sich dort mit ihnen zu verausgaben. Auch der Sound ist astrein und die Effektboards und einige Interludes vom Band sorgen für noch mehr Atmosphäre. Beeindruckend ist außerdem, wie souverän Anthony auch live und springend im Pit den kristallklaren, extrem hohen Gesang meistert. Es gibt wirklich kaum einen so charismatischen Frontmann, der gleichzeitig so sympathisch ist. Zwischen den Songs interagiert oder kommuniziert Anthony häufig direkt mit seinen Fans. Es kann sein, dass gerade die Älteren unter uns bestimmte scherzhaft-anzügliche Bemerkungen als etwas zu albern empfinden, aber diese Art passt einfach zu Anthony.
Besonders gut kommt am heutigen Abend übrigens mein Lieblingssong „I Felt Free“ bei der Meute im Molotow an, den Anthony dann auch komplett im Publikum performt. Im Chor gesungene Textzeilen wie „I Fell Apart In Your Arms For The Last Time And I Felt Free” sorgen hier für Gänsehaut, und es ist nicht weiter verwunderlich, dass dieser Song die nächste Single von Blue Sky Noise sein wird. Außerdem hat Hamburg dann später noch das Privileg, den Song „Dyed In The Wool“ vom neuen Album das allererste Mal live zu erleben, was die Band großartig hinbekommt. Allerdings wäre für meinen Geschmack der Kinderchor vom Band nicht nötig gewesen.
Um 22:55 Uhr gibt es eine ganz kurze Pause, nach der CIRCA mit dem fantastischen, progressiven „Through The Desert Alone“ und zu guter letzt mit „Imaginary Enemy“ einen wundervollen Abend ausklingen lassen. Den Stimmen in der Menge nach zu äußern, hätten viele gerne noch mehr ältere Songs gehört, denn der Schwerpunkt lag heute Abend mit neun Songs auch deutlich auf dem aktuellen Release – für mich hätte die Songauswahl nicht besser sein können.

Abschließend kann ich nur sagen: das Konzert war einfach fantastisch! Ich kann diese junge, engagierte und super-sympathische Band nur jedem wärmstens ans Herz legen, denn es gibt heutzutage gerade bei den jüngeren Bands kaum einen Act, der so mit Leib und Seele bei der Sache ist. Beeindruckend war für mich außerdem die Tatsache, dass merklich mehr männliche Besucher im Molotow waren, die auch, wenn Anthony sich mal wieder in der Menge austobte, die übrigen Bandmitglieder anfeuerten und sich zusätzlich sichtlich für deren Instrumente interessierten. Besser geht’s nicht! Danke CIRCA!

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Setlist Circa Survive:
Act Apalled
Get Out
In Fear And Faith
Stop The Car
Strange Terrain
In The Morning And Amazing…
Glass Arrows
I Felt Free
Every Way
Living Together
Oh. Hello
Fever Dreams
Dyed In The Wool
We’re All Thieves
Your Friends Are Gone
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Through The Desert Alone
Imaginary Enemy