Geschrieben von Sonntag, 03 November 2013 16:45

Average Engines: Interview zu "Follow.Fail.Repeat"

Die Hamburger Indierock-Band AVERAGE ENGINES hat ihr zweites Album fertig – und "Follow.Fail.Repeat" ist ein ziemlicher Kracher geworden. Ich wollte mehr darüber wissen und habe mich mit Tim (Gitarre, Gesang) und Lars (Schlagzeug) in einer Kneipe auf St. Pauli getroffen, um über Schubladen, DIY und die Zukunft ihrer Band zu sprechen.

Eine Band, die so klingt wie ihr, will nicht mit anderen verglichen werden, oder?

Tim: Wenn die Vergleiche gut sind, dann schon.

Welche Vergleiche gefallen euch?

Tim: Wir fühlen uns immer sehr gepampert, wenn wir mit BIFFY CLYRO verglichen werden.

Lars: Oder QUEENS OF THE STONEAGE. Und was ich mal als Vergleich gehört habe, war SOUNDGARDEN. Da dachte ich nur: Wow, schön.

Fühlt ihr euch nur gepampert, oder ist das auch Musik, die euch inspiriert?

Tim: Die inspiriert uns auf jeden Fall. Es gibt ja keine Band, die man von vorne bis hinten gut findet, es sind immer nur große Schnittmengen, was man an einer Band mag. Und wir versuchen, diese Schnittmengen vieler verschiedener Bands irgendwie in unserer Musik übereinander zu bringen.

Lars: Es ist auch so, dass wir alle vier sehr unterschiedliche Plattensammlungen haben und immer wieder versuchen, uns gegenseitig von irgendwas zu überzeugen. Tim versucht zum Beispiel schon seit Jahren, mich mit SCUMBUCKET ranzukriegen, die finde ich aber nicht so richtig geil.

Wie beschreibt ihr eure Musik?

Lars: Noise-Pop-Indie vielleicht? Keine Ahnung, das ist schwer. Mit Schubladen tut man sich schwer.

Tim: Ich würde schon sagen, dass wir Indie im ursprünglichen Sinne machen, mit echt viel Pop dabei. Aber Indie sind heutzutage vielleicht die KOOKS oder RAZORLIGHT. Abe ich halte auch BLACKMAIL für 'ne Indie-Band. Ich sage immer: Indie mit Eiern. Wir sind die mit den großen Verstärkern.

Schubladen können aber auch verkaufsfördernd sein. Ist euch das in irgendeiner Form wichtig?

Tim: Nee.

Lars: Ich glaube auch nicht, dass das helfen würde, weil unser Sound sowieso schon so durcheinander ist.

Tim: Es ist uns aber auch nicht wichtig. Verkaufsfördernd hin oder her, die Hauptsache ist, dass der Hörer eine Ahnung hat, wohin es geht.

Ihr seid relativ unbekannt. Könnt ihr deshalb kurz umreißen, wie AVERAGE ENGINES entstanden sind?

Tim: AVERAGE ENGINES waren vor sechs Jahren oder so noch THE AVERAGE ENGINES. Die Band entstand damals im Studium, Matze (Gitarre, Tasten) und ich haben in Hamburg Tontechnik studiert. Da gehörte es dazu, als Hausaufgabe 'ne Band aufzunehmen. Man musste sich also eine Band organisieren, Studio buchen und so weiter. Und ausgerechnet an dem Morgen, wo ich die aufnehmen wollte, musste der Gitarrist seinen Opa in die Krabbelgruppe bringen oder die Milch ist übergekocht oder was weiß ich und die Band kam nicht. Deswegen haben wir eine Art Havarie-Band aufgebaut, die einspringen kann, weil so etwas nicht selten passiert.

So entstand auch der Name: „average“ heißt auch Havarie, das weiß nur niemand. Und „engines“ kommt von sound engineer. Dann ist irgendwann unser Sänger ausgestiegen, und letztlich haben wir ein bisschen durchgetauscht und alte Songs rausgeschmissen. Thorsten kam in die Band, und ich habe versucht, gleichzeitig zu singen und Gitarre zu spielen. Und weil sich der Sound nicht grundlegend verändert hat, haben wir den Namen beibehalten und nur den Artikel gestrichen.

Lars: Als unser alter Sänger weg war, gab es einen Punkt, an dem wir uns gefragt haben: War’s das jetzt komplett, oder schauen wir, dass wir Gas geben und wie weit wir damit kommen?

Tim: Wir hatten auch einfach die Schnauze voll, immer auf irgendwas zu warten. Vielleicht ist das auch der Grund, dass wir so viel selber machen: weil wir einfach keinen Bock haben, uns von Scheiße aufhalten zu lassen.

Ihr habt "Follow.Fail.Repeat" komplet selbst gemacht und auf eurem eigenen Label veröffentlicht. Ist euer DIY-Ansatz in erster Linie aus eurem Tontechniker-Hintergrund entstanden?

Tim: In erster Linie wollen wir so viel selbst in die Hand nehmen, wie wir können. Weil wir einfach gemerkt haben, dass man sehr viel selber machen kann. Dabei hatten wir wahnsinniges Glück, dass wir so viele nette Freunde haben, die bereit waren, uns zu helfen. Und wir hatten eben das Glück der Tontechniker-Ausbildung, die wir nutzen können. Hinzu kommen natürlich finanzielle Grenzen.

In das Konzept passt, dass ihr euer neues Album zum Teil per Crowdfunding finanziert habt. Wie kam es dazu?

Tim: Das war schon eine Notlösung. Wir hatten noch etwas Geld auf dem Bandkonto, aber es war zu wenig. Normalerweise hätten wir die Differenz auf alle Schultern verteilt, aber das ging zu dem Zeitpunkt einfach nicht. Dann kam Lars mit dem Crowdfunding-Ding um die Ecke und hat uns mit der Idee angesteckt. Das ist genau unser Ding. Wir kommunizieren sowieso viel mit den Leuten, die uns mögen und was über uns wissen wollen. Und genau das ist Crowdfunding, denn wenn jemand dir Geld gibt, will er auch wissen, was damit passiert. Wir haben selten so viel mit fremden Leuten geschnackt wie zu dieser Crowdfunding-Zeit. Das war total irre.

Lars: Die Vorstellung, dadurch die Leute, die uns mögen, noch näher an uns heranzuholen und sie teilhaben zu lassen, war verlockend für uns.

Es hat ja auch erstaunlich gut funktioniert.

Tim: Ja, absolut. Wir hatten innerhalb von acht Tagen das Geld zusammen. Und danach kam noch mehr rein, sodass wir das Ding sogar überfinanziert haben.

Lars: Das war ein unheimlicher Motivationsschub, das Ding so gut zu machen, wie es nur geht.

Wir haben noch gar nicht über eure Musik gesprochen. Eure Songs sprudeln über vor Ideen und haben viele Elemente, mit denen man gar nicht rechnet. Habt ihr eine Art Filter, damit ihr wisst, wann es genug ist?

Lars: Gar nicht. Es wäre vielleicht gut, so etwas zu haben, weil wir manche Hörer vielleicht auch überfordern. Aber wir halten uns da nicht zurück.

Tim: So lange sich das für uns gut anfühlt, werden wir daran auch nichts ändern. Sobald man darüber nachdenkt, ob man die Leute überfordert, geht es schon bergab.

Heißt das, dass ihr eher aus dem Bauch heraus schreibt?

Tim: Absolut. Alles was du hörst, kam raus, weil wir nicht anders können. Ich komme oft mit Songideen an, oder auch Matze, und da tüfteln wir dann gemeinsam dran rum. Aber es muss eine Gemeinschaftsproduktion sein.

Was habt ihr bei „Follow.Fail.Repeat“ anders gemacht als auf dem ersten Album?

Tim: Wir hatten Bock, etwas straffer zu werden. Unser erstes Album hatte 74 Minuten, da wollten wir einfach alles und haben auch alles draufgepackt.

Lars: Stimmt. Der große Unterschied ist wohl, dass wir uns diesmal getraut haben, etwas weniger zu machen.

Wie seht ihr eure Zukunft? Wo wollt ihr hin?

Lars: Das wissen wir gar nicht so genau. Der Weg ist das Ziel.

Seid ihr schon zu alt, um vom Rockstar-Dasein zu träumen?

Tim: Wir sind ziemlich pragmatisch und wissen, dass wir niemals von der Musik werden leben können. Wir sind auch so sehr damit beschäftigt, im Hier und Jetzt Musik zu machen, dass wir gar nicht darüber nachdenken, was sein könnte.

Aber vom dritten Album träumt ihr schon noch.

Lars: Ja, natürlich.

Tim: Ich träume auch vom 60. Album.

Lars: Aufhören wollen wir jedenfalls nicht. Ein bisschen Träumerei ist natürlich schon dabei. Wir haben es geschafft, auf dem Southside-Festival zu spielen, und da denkt man schon: Das geht in die richtige Richtung.

Euer Album erscheint am 8. November. Was passiert dann, geht ihr auf Tour?

Tim: Wir sind am planen, aber Booking finde ich ehrlich gesagt mega-unsexy.

Lars: Aber es ist das, wo wir dran wollen. Wir wollen auf jeden Fall viel mehr live spielen.

Helge

Stile: Doom Metal, Black Metal, Post Rock, Stoner, Prog

Bands: My Dying Bride, Opeth, Nachtmystium, Saint Vitus, Genesis