Geschrieben von Freitag, 04 Mai 2012 20:26

Faun - Providenzkirche / Heidelberg

faun-band

21.04.12 - Wieder einmal war die Paganfolkband „Faun" auf ihrer Akustiktour zum neuen Album „Eden" zu Gast in der Providenzkirche in Heidelberg. Und die vielen schwarz gekleideten Menschen vor dem Einlass in der malerischen Altstadt Heidelbergs boten einen tollen Anblick. Bereits die Konzerte 2009 und 2011 waren ausverkauft, und so begab sich erneut ein breit gefächertes Publikum, vom Klassikliebhaber bis zum Mittelalterfan im Lederwams, in die im 17. Jahrhundert erbaute Kirche.


Vor dem Altar standen efeuberankte Mikrofone und bereits die Vielzahl der Instrumente, die die Musiker beherrschen. An der Technik zeigte sich eine deutliche Steigerung zu den vorherigen Konzerten und auch Oliver versprach später, dass sie dieses Jahr auf jeden Fall von jedem Platz aus gut zu hören sein würden. Gegenteilige Bemerkungen waren dann auch nicht zu hören.
Pünktlich kamen die natürlich mittelalterlich gekleideten Musiker Stephan Groth, Fiona Rüggeberg, Oliver s. Tyr, Sonja Drakulich und Rüdiger Maul auf die Bühne. Alle wirkten gut gelaunt und hatten mindestens genauso viel Freude an ihrem Konzert, wie das Publikum. Dass es jedoch kein reines „Kulturkonzert" werden würde, zeigten die ersten Begeisterungsrufe aus dem Publikum. Gut so! Dennoch lag es Oliver s. Tyr sehr am Herzen, dem Publikum auf der folgenden Reise durch verschiedene Epochen und Kulturen auch etwas über Herkunft und Hintergrund der Stücke zu vermitteln.

Zu Beginn spielten FAUN einen ungarischen Volkstanz, welcher einen sehr tanzbaren Rhythmus hatte. Leider war das Publikum in den Kirchenbänken noch nicht so recht aufgetaut. Doch dies änderte sich mit dem nächsten Stück „Da Que Deus" aus den Cantigas de Santa Maria, welches uns in das mittelalterliche Spanien entführte. Der Gesang der beiden Frauen harmonierte perfekt und Rüdiger bewies facettenreiches Percussionspiel.
Darauf folgte ein Stück des Minnesängers Heinrich von Morungen. „Von den Elben" preist die Schönheit der Frauen und zeichnet sich durch eine besonders schöne Instrumentierung aus. So unterstreicht Olivers Harfenspiel den Gesang und das Flötenspiel von Fiona.
Mit „Adam Lay Bounden", worin die Sexualität aus kirchlicher Sicht beschrieben wird, folgt einer der für mich stärksten Tracks des neuen Albums. Dabei erhält er live durch den Gesang von Stephan Groth eine neue Vielschichtigkeit. Für mich ist der Song ein absoluter Ohrwurm, seit ich ihn zum ersten Mal gehört habe, was nicht zuletzt an der herrlichen Flötenmelodie liegt.

Das nächste Stück mit erneut sehr tanzbarem Rhythmus stellt Oliver zufolge eine Hommage an das fahrende Volk der Roma dar. Danach erklärt Oliver die Besetzungsveränderungen in der Band und ist sichtlich stolz, Sonja und Stephan in der Band zu haben. Da das Album „The Seven Valleys" von Sonjas Band STELLA MARA eines seiner Lieblingsalben sei, hätten sie im zurückliegenden, sehr kreativen Winter beschlossen, den Song „Resulina" zu spielen. Mit Blick auf die offenbar komplexe Spielweise bittet er das Publikum im Scherz, sich auf die Hände zu setzen, um nicht in Versuchung zu kommen mitzuklatschen, denn die Band werde sonst aus mehreren Takten gleichzeitig gerissen. Natürlich meistert die Band die Herausforderung, wobei besonders Sonjas Gesang, begleitet durch ihr Hackbrett, im Vordergrund steht.
Für mich persönlich ein absoluter Klassiker und immer wieder ein Lied, das fröhlich macht, ist das nächste Stück: „Herr Heinerich" erzählt die Geschichte eines Mannes, der Besuch von einem Trollweib bekommt. Das Publikum zeigt sich textsicher beim Wechselgesang zwischen der zierlichen Fiona in der Rolle des Trollweibes und Oliver als Herr Heinerich.

Nach einer kurzen Pause folgt der scherzhaft als „ruhig" bezeichnete Teil des Abends. In der Ballade „Drei Wanderer" geht es um die drei Gesellen Glück, Schmerz und Tod, die darum Karten spielen, wem die Welt gehört. Der Tod hat am Ende erwartungsgemäß die besten Karten auf der Hand.
Mit der „Polska fran Larsson" steht erneut ein Lied des neuen Albums auf der Setlist. Nur noch Oliver, Fiona und Stephan stehen hier auf der Bühne und zeigen bei diesem Instrumentalstück ihr Können an Drehleier, Flöte und Gitarre. Einige Zuschauer folgen der Musik ganz versunken mit geschlossenen Augen.
Bei „Szerelem", einem weiteren Stück von Stella Maras „The Seven Valleys", stehen wieder alle vereint auf der Bühne. Fiona brilliert an Flöte und Dudelsack, während der orientalisch anmutende Gesangspart allein Sonja gehört.
„Halling" ist ein norwegischer Balztanz, bei dem der Mann im Sprung die Kopfbedeckung der Frau von ihrem Kopf oder aus ihrer Hand treten muss. Er stammt aus dem Repertoire von Stephans Band LIEDERLICHER UNFUG.

Einer der Höhepunkte des Abends bildet sicher auch das aus Bulgarien stammende Volkslied „Sabrali sa se Sabrali". Es wird vierstimmig A-Capella vorgetragen, wobei wieder einmal sichtliche Freude über Stephans Gesangstalent herrscht. Das Stück erzählt die Geschichte von drei Mädchen, die in der Natur übernachten und am Morgen feststellen, dass einer die Halskette, der zweiten der Gürtel und der dritten das Kleid fehlt.
„Ynis Avalach", erneut vom Album „Eden" ist ein keltisches Instrumentalstück, in dem Rüdiger in einem längeren Percussionsolo brilliert. Der Song mit der „Mitwippmelodie" handelt von dem mystischen Ort Avalon und wird zudem durch den Wechsel von dudelsack- und flötendominierten Parts besonders.
Bei „Ave Maria" aus dem Kloster Montserrat in lateinischer Sprache wird mir Zweiflerin bewiesen, dass Latein gesungen sehr melodisch klingen kann.
Nach der Verabschiedung, die zugegebenermaßen nicht wirklich endgütlig aussehen sollte, werden nach ordentlichem Applaus und Getrampel noch das Liebeslied „Tinta" und das „Tagelied" gespielt. Bei „Tinta", welches nicht nur den Frauen gefällt, wird die Band vorgestellt sowie der Crew und den Leuten der Kirche gedankt. Das „Tagelied" mit der Zeile „Mein Lieb ist gegangen von mir" zaubert Olivers Stimme ein letztes Mal ein Gänsehautfeeling und die Textsicherheit des Publikums beweist es als eine gelungene Zugabe.

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