Geschrieben von Montag, 13 November 2006 16:56

Napalm Death, Born From Pain, Mendeed & Bitterness - Freiburg / Crash


Review
10.11.06 - In der Dunkelheit und Kälte einer typischen, spätherbstlichen Nacht begab es sich, dass vierzig, fünfzig Gestalten bereits eine geraume Zeit vor Einlass in Bahnhofsnähe vor einer Art Lagerhalle vor sich hin froren. Erleichtert, dass ich das verhängnisvolle Interview hinter mir hatte, drückte ich mich auch durch die überwiegend vertrauten Gesichter in den Keller des Clubs, indem ich eine geraume Zeit lang quasi meinen Zahnputzbecher auf den Toiletten stehen hatte.

Die unterhaltsame Wartezeit war angenehm kurz und wurde von BITTERNESS beendet. An diesem bunt gemischten Abend bildeten sie zwar sicherlich eine Nische am Rande des Spektrums, hatten aber einige Fans mit im Schlepptau, die die Band von der ersten Minute an abfeierten. Die Süddeutschen schafften es, authentisch nach den Achtzigern, aber trotzdem unverbraucht und innovativ zu klingen, was nicht nur bei mir erstaunlich gut ankam, sodass sehr bald schon die Matten in den vorderen Reihen kreisten und durchweg wenigstens die Köpfe nickten. Druckvolle und höchst abwechselungsreiche Schlagzeugkunststückchen ließen die Zeit wie im Fluge vergehen, und nach etwa dreißig Minuten räumten sie das Feld.

Die Schotten von MENDEED klangen zwar auf den ersten Eindruck nicht unähnlich, doch waren wesentlich moderner unterwegs. Bemerkenswert war, dass sie ein Paradebeispiel dafür ablieferten, dass streckenweise auftauchender klarer Gesang nicht ganz so furchtbar, wie bei einer gewissen deutschen, erfolgreichen Band aus diesen Kreisen, klingen muss. Zwar nicht wirklich nötig in den meisten Stücken, aber eben auch nicht sonderlich unangenehm. Ansonsten war alles wie gehabt. Doppelläufiger Donner aus der Rhythmusfraktion, vereinzelt unspektakuläres Tapping und Soli und das routinierte Gekläffe aus der Gesangsabteilung. Sehr gut unterhalten, wenn auch natürlich von nichts wahnsinnig Neuem, verstrich auch diese halbe Stunde erstaunlich schnell.

Wie bereits beim letzten Auftritt der Niederländer, den ich erleben durfte, rangen BORN FROM PAIN erneut mit technischen Problemen. Als sie diese aber nun endlich bewältigt hatten und der epische Tonbandauftakt zu Ende war, legten sie dafür richtig los. Es ist sicherlich keine große Kunst, mit den nötigen Pausen alles losdonnern zu lassen, was die Instrumente hergeben und das Ganze dann mit gutturalen Gesängen zu überlegen, doch es unterhält. Vielleicht hat das ja was mit den Urinstinkten oder so zu tun. Schwer, stumpf und mal mehr, mal weniger treibend fetzten die primitiven Hymnen wie "The New Hate" oder "Rise Or Die" über unsere Köpfe hinweg, und wenige Schritte vor uns zeigten die harten Kerle mit ihren Kapuzenpullovern, Baseball-Mützen und Trainingshosen auch ihre ersten Tricks, während sie dabei eine zwanghaft coole Schnute zu ziehen versuchten. Kein berauschendes, wenn doch aber schrecklich unterhaltsames Erlebnis, und die deutschen Ansagen des Frontmanns sorgten dank des niedlichen Akzents für das Sahnehäubchen.

Ich will ehrlich sein und zugeben, dass trotz des ganzen Kultrummels die ersten Songs von NAPALM DEATH nicht gerade leicht runter gingen. Nach dem primitiven Geholze von eben war das ja förmlich ein Kulturschock. Kurz, radikal und unfassbar schnell peitschten sie ihre kurzen, lebensgefährlichen Songs über die sich brodelnde Menge. Der erste aus meinem Kreis verabschiedete sich auch nach zwei Minuten, wohingegen ich langsam auf den Geschmack kam. Zuhause hat die Musik auch irgendwie bildlich eine Art Maulkorb an, wohingegen dich dieses Biest, das auf ein viertel Jahrhundert Bandgeschichte zurückblicken kann, von der Bühne aus zu Boden wirft.
Agil und voller Spielfreude zappelten sie umher, während der leibhaftige Tod durch den schwarzgestrichenen Keller ritt. Zwei Totalausfälle der Mikrophone sorgten für die einzig wirklichen Verschnaufpausen, sieht man von den kurzen und gut strukturierten Ansagen ab. Mit "When All Is Said And Done" boten sie auch das massenkompatibelste Stück an diesem Abend. Das zwei Sekunden dauernde "Dead" - wenn ich das denn richtig mitbekommen habe - wurde von ein paar weiteren knackigen Klassikern aus alten Tagen gefolgt aber läutete auch bald das Ende des Höllenritts ein. Das in der kurzen Zugabe zum Besten gegebene "Nazi-Punks, Fuck Off" setzte dann, nach etwa einer guten Stunde Spielzeit, auch ein ziemlich abruptes Ende.

Ziemlich mitgenommen und verdauend, aber dennoch zufrieden alberten wir oben vor der Türe noch ein wenig herum, bevor ich mich auf mein Fahrrad schwang und zurück durch die kalte Novembernacht fuhr. Fazit: Ein außergewöhnlich, abwechselungsreich und gut gemischter Abend. Ich bin bei einem nächsten Mal wohl wieder dabei.

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