Geschrieben von Sonntag, 18 Mai 2008 12:24

Rock Hard Festival 2008 - Der Bericht


rockhard-festival

Gelsenkirchen - Pfingstwochenende: Eine sonnige Woche liegt hinter dem Ruhrpott, und die Wettervorhersagen sehen bis einschließlich Pfingstmontag sehr positiv aus. Freitag Vormittag, 10.00 Uhr, mache ich mich auf den Weg nach Bochum, wo ich mich bei Kollege Hannes für’s Wochenende eingemietet habe, denn eine spontane Entscheidung meiner Wirbelsäule, etwas aus der Reihe zu tanzen, beendete abrupt meinen Plan, in netter Runde zu zelten.

Freitag, 09.05.08
Gegen 11.30 Uhr treffen wir Kat am Bochumer Hauptbahnhof, woraufhin ein hochmotiviertes Triumvirat den Weg gen Gelsenkirchen antritt. Am Gelände angekommen begutachten wir den bereits ansprechend gefüllten Parkplatz am Amphitheater und eifrige Camper, die ihr Gepäck in der Ladezone bewachen. Die begehrten Parktickets waren, wie immer, sehr schnell ausverkauft, was zur Folge hat, dass einige Autofahrer ihren fahrbaren Untersatz in der Umgebung abstellen müssen. Wir haben zum Glück in diesem Jahr kein Problem damit, der öffentliche Personennahverkehr im Ruhrgebiet ist gut organisiert. Gleiches gilt für die Bändchen- und Passausgabe. Es dauert keine zehn Minuten und wir halten unsere Pässe und Bändchen in der Hand. Nach einem noch kürzeren Fußmarsch erreichen wir das Camp der Stammposter des RockHard-Forums, werden aufs Herzlichste begrüßt und könnten uns eigentlich die ganze Zeit in dieser netten Runde aufhalten. Aber um 15.00 Uhr beginnt für mich das dreitägige Fitnessprogramm: Treppe runter, für drei Songs in den Fotograben, Treppe wieder rauf.
Den Anfang machen THE CLAYMORE aus Castrop-Rauxel, die bei ihrem Heimspiel wohl einige Freunde angelockt haben. Anders kann ich mir die relativ gute Stimmung vor der Bühne nicht erklären. Die restlichen Anwesenden versinken während des etwa halbstündigen Gigs in einer Art Lethargie, brutzeln in der Sonne oder tummeln sich um die zahlreichen Bierstände, denn so wirklich mitreißend sind die traditionellen Klänge nicht. Bei den Herren fehlt ganz klar noch die Live-Erfahrung, denn auch auf der Bühne läuft alles ziemlich statisch nach Schema F ab.
Wesentlich mehr ins Zeug legen sich die nun folgenden STORMWARRIOR mit Heavy Metal in bester Hamburger Tradition und dem neuen Album „Heading North“ im Gepäck. Es ist kein Geheimnis, dass Bands, deren Bandname die Silbe „Storm“ enthält, gerne mal verballhornt werden, und somit wundere ich mich nicht, als eine mir unbekannte Person lauthals nach „Sturmwurst“ brüllt. Die ganze Band liefert trotz des unangenehmen Klimas eine engagierte Show ab, Gitarrist Alex trägt artig sein Ballroom-Shirt und Sänger Lars Ramcke entpuppt sich als guter Entertainer. Soundtechnisch gibt es leider ein wenig zu meckern, der Gesang ist schlecht abgemischt und der Bass einfach so laut, dass er alles übertönt und die Betonstufen auf den oberen Rängen vibrieren lässt. Leider werden die Bemühungen des Hamburger Quartetts nur ansatzweise vom Publikum wahrgenommen. Es ist so brüllend heiß, dass man sich eventuell anstrengende Bewegungen zwei mal überlegt. Alles in allem aber dennoch ein recht guter Gig von STORMWARRIOR.
Freunde ruhigerer, aber dennoch anspruchsvoller Klänge werden im Anschluss mit den Schweden von LAKE OF TEARS voll bedient. Die rockigen, mit leichtem Gothic-Touch versehenen Doom-Sounds passen zwar überhaupt nicht zum strahlenden Sonnenschein und den vorherrschenden mediterranen Temperaturen, aber Spaß machen die Jungs trotzdem. Ungewohnt bekleidet betritt Daniel Brennare - der Pilzhut fehlt einfach - die Bühne. Die Setlist stellt eine gute Mischung aus partytauglichen Up-Tempo-Stücken und temperaturgeeigneten, ruhigeren Songs dar, gibt einen kurzen Überblick über das Schaffen der Band, und auch wenn der Sound nicht so berauschend ist, können sie doch den einen oder anderen mehr mitreißen als die Vorgängerbands.
An diesem Freitag ist wirklich für jeden was dabei. Y & T bedienen die „Altherren-Fraktion“ mit einem wunderbaren Auftritt. Eigentlich so gut wie immer. Die Herren beherrschen ihre Instrumente nun mal perfekt und haben immer noch sichtlich Spaß an ihrer Musik. Dazu kommt noch die Abwechslung, die das ganze Geknüppel auch mal auflockert. Gäste und Musiker haben viel Freude an diesem schönen Auftritt am ersten Festivalabend. Weit vor Bands wie METALLICA in den frühen Siebzigern gegründet, rocken die Männer um Dave Meniketti mit ihrem Hard Rock jedes Rockerherz weich. Sie fangen an mit „Hurricane“ und gehen gleich weiter mit Klassikern wie „Meanstreak“. Bei „Pretty Prison“  folgen die unvermeintlichen Soli, wobei das Gitarren-Solo wirklich verdammt gut ist. Bei „Squeeze“ schreien die Kenner dann begeistert auf. Die knappe Stunde wissen die Kalifornier aufs Beste zu füllen und beenden ihr Set mit dem wunderschönen „Forever“. Klasse Permormance! (Kat)
Ob DIE APOKALYPTISCHEN REITER dem Genre Thrash-Metal, wie sie angesagt werden, oder mittelalterlich inspiriertem Crossover durch alle Stilrichtungen zuzuordnen sind, lasse ich jetzt mal dahingestellt. Fakt ist, dass diese Band für erste, kollektive Bewegungsaktionen sorgt. Mittlerweile kann man etwas befreiter durchatmen und bei einigen Anwesenden findet das eine oder andere kühle Frischgezapfte ziemlich schnell den Weg gen Magen. Fans und Interessierte füllen den Raum vor der Bühne vollständig in Erwartung einer guten Show. Und sie werden nicht enttäuscht. Die Spielfreude und Motivation, die die Band an den Tag legt, überträgt sich auf schnellstem Wege auf das Publikum, und aus sicherer Entfernung registrieren wir den einen oder anderen Pogopit. Die Band liefert in den folgenden 75 Minuten einen überzeugenden Gig ab. Mit neuer Gitarristin, eingesperrtem Keyboarder und energiegeladenem Stageacting sorgen sie für den ein oder anderen Augenfang. Auch der Sound hat sich erheblich verbessert, und somit versetzen Songs wie „Riders Of The Storm“, „Unter der Asche“, „Warum Lebst Du“, „Erhelle Meine Seele“ und zu guter Letzt „Reitermania“ und „Die Sonne Scheint Mir Aus Dem Arsch“ die Audienz ordentlich in Feierlaune. Man gibt sich zudem redlich Mühe, ein Schlauchboot aus dem Pit an die obere Kante des Amphitheaters zu befördern. Ein wirklich gelungener Auftritt
Irgendwie ist es verdammt ungewohnt, den Headliner eines Festivaltages bei Tageslicht / leichter Dämmerung zu empfangen, aber ein neuer Pächter im Amphitheater machte im Vorfeld den Organisatoren des RockHard Festivals die Auflage, den Curfew auf 23.00 Uhr vorzuverlegen. Somit betreten bereits gegen 21.30 Uhr TESTAMENT die Bühne, die mit „The Formation Of Damnation“ ein neues Album im Gepäck haben. Eine leichte Verzögerung vor dem Auftritt der Thrash-Legende wird mit einem galant unpassenden „The Boys Are Back In Town“ (THIN LIZZY) überbrückt, und als die Mannen um einen gut gelaunten Chuck Billy die Bühne betreten, fehlt etwas. Oder wohl eher jemand: Alex Skolnick ist nicht dabei. Dennoch brennen die Jungs bei ihrem ersten Gig auf dem RockHard Festival ein Thrashfeuerwerk ab, für das sie extra eine spezielle Setlist ausgearbeitet haben. Spezielle Setlist heißt in diesem Fall, dass man das aktuelle Album mal (fast) außer Acht lässt und sich auf die Klassiker konzentriert. Eine Setlist, die Songs wie „The Preacher“, „Henchmen Ride“, „Reign Of Terror“, „Alone In The Dark" beinhaltet, müsste eigentlich das gesamte Amphitheater brodeln lassen. Leider breitet sich das Feuer nur im Pit selber aus. Dort hält der sehr basslastige Sound die Leute in Bewegung. Auf den Rängen wird die Freude durch die matschigen Überreste des Sounds getrübt. Auch die Tatsache, dass die Band „Curse Of The Legion Of Death“ zweimal anstimmen muss, was wohl an der Abwesenheit von Mr. Skolnick liegt, lässt die Band nicht positiver rüber kommen. Alles in allem ein passabler Gig, mehr aber leider nicht.
Samstag, 10.05.08

Wie kann man einen Festivaltag besser beginnen, als mit den Resten vom Vorabend. Nein – kein verschaltes Dosenbier! Ich meine leckeren Sekt; kombiniert mit einem ausgiebigen Frühstück und einer vitalisierenden Dusche. Schattenseite eines solchen Luxus ist leider, dass man den eingeplanten Bus zum Bochumer Hauptbahnhof verpasst. Als Hannes und ich in Gelsenkirchen ankommen, stehen THE SORROW bereits auf der Bühne, und wir begutachten von den oberen Stufen den ersten Circle-Pit des Tages. Die Österreicher geben am frühen, heißen Nachmittag ordentlichen Metalcore zum Besten, der von den Fans im Pit wohlwollend abgefeiert wird, auf den Rängen aber eher verhaltene Reaktionen hervorruft. Während sich unser Grüppchen auf den oberen Rängen vervollständigt, erscheint ein gut aufgelegter Götz Kühnemund ("Rock Hard") und überreicht den Stammpostern die VIP-Pässe und Bänder. Sehr sympathische Geste, die durch den Spruch „Der Pass ist zum Posen, das Bändchen ist wichtig“ nur noch unterstrichen wird. Es ist schlicht und einfach noch heißer als am Tag zuvor. Es sind mindestens 28°C im Schatten. Nur schade, dass Schatten bei dieser Location sehr rar gesät ist, denn mein Gehirn scheint bereits am frühen Nachmittag nur noch eine breiige, denkunwillige Masse zu sein. 

Der Hitzereigen am Samstag wird von MOONSORROW weiter geführt. Wie gehabt betreten sie würdevoll (und wie ein grenzdebiler Metzgergeselle mit Kunstblut zugekleistert) die Bühne. Man merkt den Jungs ihre Motivation sofort an, die sie mit einer ordentlichen Show weiter untermauern. Leider springt auch hier der Funke, trotz guten Sounds, nicht wirklich über. Außer ein paar feiernden Gesellen im Pit, überlegt man sich als Anwesender doch lieber jede Bewegung.
Mit dem „Remnants Of War“-Line Up kommen die Texaner von HELSTAR natürlich auf recht hohe Erwartungen. So selten wie sie zu sehen sind, freut man sich auf die Power Metaller um Sänger James Rivera umso mehr. Und sie enttäuschen nicht. Trotz der Hitze legen sie mächtig los. Die Massen sind eher abwartend, lassen sich dann aber doch überzeugen. Der Sound wird langsam auch klarer, und sie fahren ein klassisches Powerbrett. Rivera überzeugt mit einer klaren Stimme, während der Bass ein Ideechen zu sehr dröhnt. Insgesamt ein guter Auftritt. (Kat)
Auch für die Musik von ENSLAVED, den Pionieren des Viking-Metal, ist es geschätzte 25°C zu warm. Dennoch locken die Mannen aus Norwegen weitere interessierte Zuhörer vor die Bühne. Angekündigt werden sie als das Phänomen „Black-Metal meets RUSH & PINK FLOYD“. Sicherlich, ENSLAVED spielen keinen puren Black-Metal und sind technisch sehr versiert, aber die Einflüsse der Prog-Götter suche ich bis jetzt vergebens. Während ihres Sets spielen sie hauptsächlich neue Songs, binden aber auch Titel wie „Isa“ und „Return To Yggdrasil“ in das Set mit ein. Zielstrebig rocken sie sich bei ordentlichem Sound durch das Programm und animieren ihre Fans zu einem ordentlichen Moshpit. Mitten bei ENSLAVED saust Kat von dannen, denn die Karaoke ruft:
Ach Du liebe Güte, und der Götz sagt, wir sollen als Jury auf die Bühne. Ich will nicht. Vor allem, weil die blöde Bühne hoch ist, ich klein mit engem Rock, und das Mistding keine Treppe hat. Also wuchtet mich der arme Sascha per Räuberleiter hoch, und elegant wie ein Rollbraten lande ich im Staub. Aber immerhin auf der Bühne. Vier Tapfere hatten sich gemeldet und Verstärkung in Form von schreienden, gut betrunkenen Kumpels mitgebracht. Die ersten beiden hab ich bis auf die gruselige Bermuda-Hawaii-Hose vergessen, die anderen beiden waren super. Oliver gewinnt die erste Runde mit einem inbrünstigen „Highway To Hell“. Dennis schlunzt davon. Aber Hautpsache Spaß in den Backen. Mir wird dann ein „souveräner“ Auftritt bescheinigt. Wahrscheinlich weil ich das Zögern des Label-Mitarbeiters satt habe, dem das Mic aus der Hand rupfe und einfach das Publikum entscheiden lasse. Ja sorry nochmal, aber ich musste wieder zurück zur nächsten Band... (Kat)
... um die Old-School-Fraktion an diesem Tag zu bedienen. EXCITER und auch ein gewisser Teil der Ruhrpott-Rock-Prominenz lässt sich diesen Gig nicht entgehen. Götz kommentiert den Auftritt damit, dass man eine Old-School-Band einladen wollte, die nicht „ganz so abgenudelt“ ist. Die US-Metaller von EXCITER haben jedenfalls vor kurzem mit Kenny Winter einen neuen Sänger in ihre Reihen aufgenommen. Und jene kleine, etwas beleibte Gestalt flitzt wie von der Tarantel gestochen und sehr motiviert über die Bühne. Durchaus sympatisch kommen die Jungs rüber und versetzen ihre textsicheren Fans mit Hits wie „Violator“ oder „Heavy Metal Maniacs“ sowie „In Mortal Fear“ vom neuen Album „Thrash Speed Burn“ in Extase. Leider ist der Gig durchgehend auf Lichtgeschwindigkeit ausgelegt, und die Gitarrenriffs kommen etwas matschig rüber, aber ihre Fans können EXCITER zumindest überzeugen.
Für mich folgt nun eines der Highlights im Billing des diesjährigen RHF. AMORPHIS sind seit mehr als 10 Jahren aus der Szene nicht mehr wegzudenken und haben sich auf ihre Wurzeln zurück besonnen. Während des 60-minütigen Gigs geben die Finnen einen breit gefächerten Überblick über ihre gesamte Schaffensperiode. Ihre Setlist beinhaltet von „I Of Crimson Blood“ vom Album „Silent Waters“ über „Better Unborn“ („Elegy“) und „Alone“ („Am Universum“) bis zu „Black Winter Day“ vom Klassiker „Tales From The Thousand Lakes“ alle wichtigen Songs. Leidenschaftlich bringen die Musiker die Titel rüber, und dass Sänger Tomi Joutsen nicht orgiastisch zuckend auf der Bühne zusammen bricht, ist ein Wunder. Auch die Zuhörer auf der Tribüne reagieren mehr und mehr auf die folkigen Metal-Sounds aus Finnland und den sich weiterhin verbessernden Sound. Bei diesem Gig stimmt die Chemie zwischen Band und Audienz.
Als Special Guest am Samstag erweisen sich die Bay-Area-Thrasher EXODUS. Kreischend startet es mit „Bonded By Blood“, und netterweise ändert Frontsau Dukes das später in eine angenehmere Stimmlage. Das ewige „FuckFuckFuckedifuck“ muss man nicht unbedingt mögen, aber der Moshpit rotiert wie ein Mixer auf Endstufe. Am nächsten Morgen werden einige bemerken, dass die blauen Flecken kein Dreck sind, sondern...  blaue Flecken eben.  Wie erwartet spielen sie grösstenteils Songs der 80er Jahre, was mehr als dankbar angenommen wird. Das Ende um Punkt 21 Uhr kommt dann wohl etwas unerwartet, Dukes ballert sein Mikro fort und verschwindet berserkernd hinter die Bühne. Was war da denn los? Aber mit der Wall Of Death bei „War Is my Sheperd“ und immer neuen Circle Pits, die Duke frenetisch anfeuert, sind die meisten wohl doch sehr zufrieden mit dem Gig. (Kat)
Festival-Headliner und Dämmerung – bei wohl keinem Act passt diese Kombination weniger als bei IMMORTAL aus Bergen (Norwegen). Pure Düsternis erwartet man eigentlich bei den folgenden Klängen. Immerhin haben die Organisatoren dieses Mal das „Risiko“ einer plötzlich erstrahlenden Sonne (man erinnere sich an den DARK FUNERAL-Gig im letzten Jahr) ausgeklammert . Ich jedenfalls stehe am Eingang zum Fotograben und warte. Das Intro ertönt bereits, aber ein eifriger Security-Mensch hält uns noch zurück. Nebel wabert über die Bühne und verbreitet auch in der Dämmerung eine diabolische Atmosphäre. Plötzlich erscheint Drummer Horgh hinter seinem Drumkit, zeigt die Pommesgabel und ein Pyroknall eröffnet die Show. Sänger Abbath begrüßt die Anwesenden mit einem growligen „Hello Ladies and Motherfuckers“ und ohne Umschweife gibt man beim Opener „The Sun No Longer Rises“ Vollgas. Diese Band gab damals den Anstoß für den Vergleich von Black-Metallern mit Panda-Bären, und eben diese Geschöpfe werden in Plüschtierfassung in der ersten Reihe in die Höhe gereckt. Sehr schön, dass IMMORTAL sich selber - im Gegensatz zu manchen Genre-Kollegen - alles andere als ernst nehmen: Abbath zeigt sich sehr erfreut ob so einer Geste. „Oh Cool, Panda-Bears“ lässt er verlauten. Dass er es im Laufe des Gigs auch noch schafft, die gesamte Anwesenheit zu einer La Ola anzustiften, trägt nur noch mehr zum Sympathiefaktor bei. Bei perfektem, eiskaltem, düsterem Sound legen IMMORTAL ein Set hin, dass man selbst bei angenehmen ca. 15°C von Gänsehautschauern heimgesucht wird. Von „Unholy Forces Of Evil“ vom Debut „Diabolical Follmoon Mysticism” über “Sons Of Northern Darkness” bis “Damned In Black” und “Battles In The North” hauen IMMORTAL einen Klassiker nach dem Anderen aus den Boxen und lassen bei dieser Best-Of-Show eigentlich nur das Album „Blizzard Beasts“ außer acht. Aber dieser Umstand stört nun wirklich niemanden. Im prall gefüllten Amphitheater wird die Band knappe zwei Jahre nach ihrer Reunion von allen Anwesenden, ob nun Black-Metal-Fan oder nicht, abgefeiert. Absolut hochkarätiger Abschluss eines mit guten bis tollen Bands gespickten Tages.
Sonntag, 11.05.08

Wir haben total verpennt und müssen uns wirklich sputen, den geplanten Bus noch zu erwischen. Schließlich wollen wir an diesem sonnigen Vormittag noch im Stammposter-Camp vorbeischauen. Bis zu unserer Ankunft am Hauptbahnhof klappt alles reibungslos, und wir stehen pünktlich am Gleis. Alles was fehlt ist der Zug. Irgendwas ist ja immer. Also legen wir schon mal ein 30-minütiges Sonnenbad ein und schmeißen den Tagesplan dezent um.
In Gelsenkirchen angekommen, treffen wir bereits ein kleines Stammposter-Grüppchen vor der Bühne, und man wartet gemeinsam auf den heutigen Opener: ENEMY OF THE SUN. Während die Jungs und das Mädel um Mastermind und Gitarrenkünstler Waldemar Sorychta die Bühne betreten, zeigt sich nicht der Hauch eines Wölkchens am Himmel. Das Feindbild der Band scheint unbeirrt weiter, da kann Sänger Jules sich noch so sehr die Seele aus dem Leib schreien oder sonst wie versuchen, besagten Himmelkörper mit seiner wirklich guten Stimme zu beeindrucken. Mit einer guten Performance, solidem Sound, guten Songs und einem ausgefeilten Songwriting empfehlen ENEMY OF THE SUN sich für die Zukunft und die folgenden Live-Gigs in dieser Festivalsaison.
Bereits im Vorfeld des RockHard Festivals hat eine Band richtig polarisiert. Als die Münchner von SIEGES EVEN bestätigt wurden, gingen die Kommentare in meinem Bekanntenkreis von „So ein Mist“ bis „Super, Klasse!“ - Dazwischen gab es allerdings nichts. Die Reaktionen im Vorfeld werden auch während des Konzertes konsequent weiter geführt. Der eine Teil der Anwesenden langweilt sich und brät in der Sonne, der andere, kleinere, Teil feiert die anspruchsvollste Band an diesem Wochenende. Die Musiker selbst, die auch in anderen Bands (u.a. BLIND GUARDIAN) gerne mal mit ihrer musikalischen Kompetenz aushelfen, bringen eine gehörige Portion Energie auf die Bühne und animieren die kleine aber feine Prog-Gemeinde. Bereits beim Eröffnungssong „When Alpha And Omega Collide“ vom aktuellen Album „Paramounts“ werde ich von Gänsehautschauern heimgesucht, muss einfach mitsingen und schwebe für die nächsten Songs im siebten Prog-Himmel. Auch in den nächsten Minuten bauen SIEGES EVEN nicht an Spielfreude ab und präsentieren dem geneigten Zuschauen neben aktuellen Songs  „The Waking Hours“ vom 1991er-Album „A Sense Of Change“. Auch wenn diese Band gar nicht in den musikalischen Rahmen des RockHard Festivals passt, hat sie sich selber von den verhaltenen Reaktionen nicht beirren lassen und ihren Fans einen tollen Gig beschert.
ASPHYX
: Von denen hatte man länger nichts mehr gehört. Aber die Reunion auf dem letztjährigen PartySan soll so einige offene Münder hinterlassen haben. Man ist gespannt auf die Performance der Männer um Frontmann Martin van Drunen, der schon bei BOLT THROWER und PESTILENCE aktiv war, während ASPHYX nicht existierten. Du meine Fresse, was die Holländer hier aufs Parkett legen, kann sich mehr als sehen lassen. Wunderbarer Death-Metal, der höllisch ins Gebein fährt und das Theater bereits um 14:00 Uhr nahezu zu Brei mosht. Der Sound ist ein wenig verweht, aber da wir ganz oben stehen, klingt es unten eventuell besser. Aber das ist nicht weiter störend. Diese nicht mehr so jungen, dafür aber umso agileren Kerle haben eine Power, die manch jüngere Band alt aussehen lässt. Sie beeindrucken mich genauso wie BOLT THROWER vor zwei Jahren. Und man merkt ihnen den Spaß auch an. Vielen Dank! (Kat)
Der nun auf dem Programm stehende JORN wird von Götz Kühnemund als bester Rock-Sänger der letzten 20 Jahre angepriesen. Stimmlich mag der gute Mann ja was drauf haben, die nächsten Minuten gestalten sich jedoch recht harmlos. Der Hardrock, den die Band an den Tag legt, entpuppt sich als ziemlich nichtssagend und langweilig. Die Musiker verstehen es zwar, ihre Instrumente zu spielen und zu posen, aber das Songwriting lässt bei JORN doch arg zu wünschen übrig. Somit ist es auch kein Wunder, dass selbst vor der Bühne die Reaktionen ziemlich verhalten sind.
Schlimmer kann ein Stilbruch wohl kaum sein: Auf Regen folgt Sonnenschein, auf Hardrock folgt GrindCore. Die Briten von NAPALM DEATH (Birmingham) schicken sich als nächste an, Gelsenkirchen abzureißen. Und das, obwohl sie scheinbar schwer beschäftigt sind. Ende des Jahres soll ihr neues Album auf den Markt kommen. Für die Freunde von „melodischer“ Musik legen sich die Jungs um Front-Bulldogge Mark „Barney“ Greenway und Basser Shane Embury ordentlich ins Zeug und spacken auf der Bühne herrlich herum. Die Songs gehen bei knallhartem Sound ordentlich aufs Maul, erzeugen in Pit eine heftige Pogo-Orgie und den einen oder anderen Circle-Pit. Kat und ich bekommen beim Hinsehen allein schon blaue Flecken an allen erdenklichen Körperstellen. Klar, dass auch „Nazi Punks Fuck Off“ in diesem Set nicht fehlt. Auch wenn die Grindbomben nicht jedermanns Geschmack sind, reißen sie doch so manch einen aus der Lethargie heraus, die JORN hinterlassen hat.
Die Erwartungen sind hoch, die Stimmung groß. Selbst nach den drei Tagen brennender Sonne und dem einen oder anderen Bier wollen die meisten Anwesenden sich einfach nur auf die folgende Band freuen: VOLBEAT. Vor einem knappen Jährchen spielten sie noch für niedliche 8,- Euro im kleinen Ballroom Hamburg (und ich Oberdussel dachte damals, das wär nicht so dolle und war nicht da...), heute sind sie nach langen Touren und zwei erfolgreichen Alben der Co-CoHeadliner. Und die Mannen um Elvis- und Johnny Cash-Fan Poulsen enttäuschen nicht. Bereits beim ersten Song „The Human Instrument“ rasten die Massen aus. Sitzenbleiben ist unmöglich, Ärsche werden geschwungen und gar putzige Tanzbewegungen irgendwo zwischen Twist und Ska inklusive Headbangen versucht. Die Dänen sind mehr als gut drauf und rocken ihr Set entlang, als gäbe es kein Morgen. Bei „Sad Man's Tongue“ ist es dann auch endgültig bei uns vorbei, und man sieht sich selber irgendwie von oben, schreiend, brüllend und fast die Stufen hinabpurzelnd. Poulsen stürzt sich in die Menge und surft erfolgreich einmal um die Runde, bedankt sich dann mit einem trockenen „Thanks for grabbing my balls!“. So einige Damen im Moshpit mussten wohl mal zulangen.
Der Sound ist gut, jedenfalls von ganz oben. Die Ansagen unterstützen die fröhliche Stimmung, hier ein wenig Düster-Bashing, dort ein wenig Elvis huldigen. Ab und an mal die Fans verarschen gehört auch dazu, aber sie lieben es. Alles in allem ein absolut liebenswerter und begeisternder Auftritt. Selbst Gäste, die die Jungs sonst nicht so toll finden, sind von diesem Gig ehrlich angetan. Für mich persönlich das Highlight des RHF. (Kat)
Es ist schon ein hartes Los für eine Combo, nach einer Band spielen zu müssen, die eine wild feiernde Horde hinterlässt. Aber es ist noch ein viel härteres Los für einen wild feiernden Metalhead, mit purer Langeweile konfrontiert zu werden. Sicherlich, PARADISE LOST waren noch nie für eine herausragende Live-Performance bekannt, aber was sich in den nächsten Minuten auf der Bühne abspielt, treibt einem einfach nur die Tränen in die Augen, beziehungsweise treibt einen geradewegs zum nächsten Bierstand. Nick Holmes und seine Mannen betreten als Co-Headliner auf diesem Festival die Bühne und wirken von der ersten Minute an unheimlich unmotiviert. Mit Ausnahme von Bassist Steve Edmondson und Gitarrist Gregory Mackintosh. Diese beiden Zeitgenossen zeigen zumindest Bewegung auf der Bühne. Überschwengliche Pressereaktionen auf das Album „In Requiem“ hatten, zumindest in meinem Kopf, einen leichten Hoffnungsschimmer erzeugt, aber auch dieser kleine Funke erlischt nach den ersten drei Akkorden. Die Setlist meiner Jugendliebe kann sich durchaus sehen lassen, denn sie enthält unter anderem Songs wie „Enchantment“, „Ember’s Fire“ oder „Gothic“. Aber gerade diese Songs werden so emotionslos, schief und in unangemessener Lahmheit vorgetragen, dass nicht nur ich fassungslos auf den Stufen sitze. Songs einfach nur langsam zu spielen, macht aus ihnen keine Gothic-Doom-Hymnen. Dass sich ein gelangweilter Fronter Holmes während des Gigs die Haare zum Zopf zusammen bindet und die Band 15 Minuten eher als angekündigt die Bühne verlässt, spricht ebenfalls Bände. Es tut weh, dass der Co-Headliner sich als absoluter Reinfall entpuppt.
Vor der letzten Band ICED EARTH soll jetzt also der KARAOKE ALL-STAR-JAM losgehen. Mal gucken. Man betrachtet diese halbe Stunde eher als Bühnenumbau, obwohl es doch Spaß macht. Allmählich haut mir der Wodka Red Bull von einem Geburtstagskind die Sehfähigkeit durcheinander (ich habe ja Feierabend). Aber hören kann ich prima. So bewundere ich lautstark den Kerl, der da „Breaking The Law“ singt, bis mir ein Kumpel kopfschüttelnd mitteilt: „Alte! Merkst Du noch 'n Meter? Das ist Jorn Lande!“. Beschämt beschließe ich, noch etwas mehr Wasser zu trinken. Ich hab den Kerl von ganz hoch oben halt nicht richtig sehen können, der Staub, die Kontaklinsen, nunja... Götz bescheinigt dem Schmier ein grinsendes „Hey, Du kannst ja richtig singen!“, und alle auf der Bühne haben sichtlich Spaß. Die Massen aber auch. Ist halt eine nette Abwechslung, während man auf den Headliner wartet. (Kat)

Eine kurze Pause und man rüstet sich für den Headliner. Ich selber habe ICED EARTH immer an mir vorbei gehen lassen und jetzt merke ich, dass das eine kleine Unachtsamkeint war. Fronter Matt Barlow ist wieder zur Crew um John Schaffer gestoßen, und die Menschenmasse im bis zum Anschlag gefüllten Amphitheater erwartet einen fulminanten Auftritt. Sie wird nicht enttäuscht. In der neuen / alten Besetzung stellen sie ein Best-Of-Programm auf die Beine, das es in sich hat.
Matt Barlow bringt die Songs, denen Tim „Ripper“ Owens im Studio seine Stimme lieh, ebenso überzeugend rüber wie die selber eingesungenen Stücke. Mit purer Emotion und einer unheimlichen Bühnenpräsens liefert er dem Publikum eine solide Partygrundlage. Songs wie „The Dark Saga“, „Burning Times“, „Pure Evil“, „10,000 Strong“ werden vom Publikum laut klatschend aufgenommen. Extatisch reagiert die Audienz auf die Klassiker „Watching Over Me“, „Melancholy“, „My Own Saviour“ und last but not least „Iced Earth“. Eine Reaktion die die Band sofort aufnimmt und mit einer energiegeladenen Show wiedergibt. Eine Show, die durch den guten und ausgeglichenen Sound nur noch bestärkt wird. ICED EARTH geben dem diesjährigen RockHard Festival einen mehr als würdigen Abschluss, und wir stehen in unserer Gemeinschaft mehr als beeindruckt noch einige Minuten nach dem unerbittlichen Curfiew zusammen und versuchen, das soeben Erlebte in Worte, respektive Reaktionen zu fassen. Wäre das RockHard Festival ein Bandcontest gewesen, hätten ICED EARTH mit großem Abstand gewonnen!
Fazit: Perfektion ist langweilig – der Weg dorthin die Herausforderung: Daher an die Orga und die anwesenden Fans eine kleine Anregung: Götz forderte auf, Veränderungen zu nennen. Hier ist eine: Nehmt Müllpfand. Wirklich! Besucher: ihr seid teilweise die allerdicksten Schweine, die rumlaufen. Zelte anzünden, diese dann in den Kanal schmeissen wollen, seinen Scheißdreck überall hinzuwerfen...das Veranstaltungsgelände ist ein Park! Wir können froh sein, dass das RockHard-Team diesen überhaupt nutzen darf zum Campieren, und ihr mit eurem assigen Verhalten gefährdet das! Wozu sind die Müllbeutel wohl da, hm? Und lasst bitte bitte keinen mehr Montag, bis alle Camper weg sind, auf das Gelände. Die Pfandtouristen mögen ja grad noch gehen. Aber fragen könnte man schon, ob der Besitzer die Sachen eventuell noch weiter nutzen möchte. Das ist schon mehr als dreist. Lasst diese Leute doch bitte erst ab 12 Uhr rauf, damit wäre Vielen geholfen.
Und sonst: Hannes, Kat und ich sagen Danke! Danke für drei tolle Tage. Danke für eine grandiose Organisation. Danke für fast ausnahmslos tolle Bands. Danke für entspannte Leute und die tollste Security, die es in der deutschen Festivallandschaft gibt. Danke für keine Lügen!

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