War On Women - Wonderful Hell Tipp

War On Women - Wonderful Hell

2020, nach vier Jahren Trump: Welche Wut hat man da im Bauch, wenn man in einer feministischen US-Hardcore-Band spielt? WAR ON WOMENs Sängerin Shawna Potter jedenfalls lässt sich im Titeltrack des neuen Albums „Wonderful Hell“ in folgenden Zeilen sogar zu ein paar Screams hinreißen: „We set it loose / and now it’s free […] we gotta stop this fascist creep”. Der Leidensdruck, der verzweifelte Wunsch nach einem Ende dessen, was da drüben gerade passiert, ist deutlich spürbar.

„Wonderful Hell“: Ein direkter Aufruf zum Handeln

WAR ON WOMEN benennen gesellschaftliche Missstände gern in ironische Doppeldeutigkeiten. Auffallend oft weichen sie auf ihrem aktuellen Output davon ab und formulieren klar, was ist und was getan werden muss – „Wonderful Hell“ ist noch öfter als gewohnt ein direkter Aufruf zum Handeln.

WAR ON WOMEN haben ihren Humor noch nicht komplett verloren

Allerdings haben sie zum Glück ihren Humor noch nicht vollends verloren, auch wenn das verständlich wäre. „We politely request you get your boots off our necks“ heißt es zum Beispiel in “White Lies” sarkastisch-unterwürfig in Richtung der Staatsgewalt. Und neben allgemein politischen Songs fehlen auch diesmal natürlich nicht jene, die süffisant die alltäglichen geschlechterbezogenen Ungerechtigkeiten aufspießen.

Punk plus Hardcore plus X

Musikalisch legen sich WAR ON WOMEN weiterhin nicht so recht fest. Die Band schreibt immer noch die schnellen, harten Hardcore-Granaten und die eingängigen, melodischen Midtempo-Punk-Songs, beides immer gespickt mit geschickten Wendungen im Songwriting und schöner Mehrstimmigkeit. Doch die Einflüsse reichen doch deutlich über die Grenzen von Punk und Hardcore hinaus.

Der Opener „Aqua Tofana“ beginnt mit einem thrashigen Riff, das durchaus an SLAYER erinnert. Und im Abschluss „Demon“ überrascht die Band aus Baltimore mit einem mehr als sechsminütigen Ausflug in den Postpunk, der in einem Post-Hardcore-Finale mündet. Shawna Potters Gesang ist hier unglaublich gut – diese Melodie über bedrohlichen Gitarren und industriell stampfenden Drums geht so schnell nicht aus dem Kopf.

Eingängige Momente, sperriges Gesamtwerk

„Wonderful Hell“ hat viele eingängige Momente, ist als Gesamtwerk aber sperrig. Das liegt an den zahlreichen Querverweisen in andere Genres, die sich die Band gönnt, aber auch an der ehrlich wütenden Grundstimmung. Was die ganze gesellschaftliche Scheiße angeht, ist für WAR ON WOMEN jetzt offensichtlich die Grenze des Ertragbaren überschritten. Das spürt man deutlich und das muss man erstmal aushalten. Das macht „Wonderful Hell“ zu einem intensiven und auch wichtigen Album. Wollen wir hoffen, dass es gehört wird.