Rolo Tomassi - Where Myth Becomes Memory

Rolo Tomassi - Where Myth Becomes Memory

Vier Jahre nach der Veröffentlichung ihres letzten Albums "Time Will Die And Love Will Bury It" präsentieren ROLO TOMASSI den Abschluss ihrer Alben-Trilogie, die einst mit „Grievances“ begann und nun mit dem dritten und letzten Album "Where Myth Becomes Memory" ein Ende findet. Damit hofft das Quintett, der Saga einen krönenden Abschluss zu geben und dabei kompromisslose Härte mit melodischen Abschnitten und Harmonien in Einklang zu bringen. Ob die Band ihren Ambitionen gerecht werden kann, erfahrt ihr hier.

Songwriting meistern oder zusammenkleistern?

 In seiner Erklärung zum Song "Drip" erklärt Gitarrist Chris Cayford die Rolle des Songs im Entstehungsprozess des Albums:

„Wenn wir den Schreibprozess für jede Platte beginnen, warten wir immer auf den ersten Song, bei dem es Klick macht. Er fühlt sich ähnlich an wie unsere Musik, ist aber auch so unfassbar anders, dass wir wissen, dass er der nächste Schritt ist und wir das Album um ihn herum aufbauen müssen. Dies war der Song, der das geschafft hat. Er fühlt sich an wie der am meisten verfeinerte Song und wir hoffen, dass die Leute ihn so sehr mögen wie wir.“

"Drip" fasst den neuen Stil der Band treffend zusammen und verdeutlicht, wie ROLO TOMASSI auf der neuen Veröffentlichung versuchen, Härte und Melodik elegant miteinander zu vereinen. Der Song beginnt mit einem Noise-Intro, in dem unterschiedliche Beats aufeinandertreffen und zunehmend verschmelzen. Daraufhin setzen die Shouts der Leadsängerin ein, welche von treibenden Drums und wuchtigen Riffs getragen werden, bevor das Lied in Breakdowns und schließlich melodischen Gesang umschlägt, woraufhin ein Klavier einsetzt und zum Ende des Liedes alle genannten Elemente zusammenfließen.

All diese Stilwechsel verlaufen nahtlos und setzen den Trend für den Rest des Albums; darauf stehen solche Wechsel zwischen Genres und Dynamiken im Programm. Die Stärke im Bändigen verschiedener Stile ist zeitgleich aber auch die größte Schwäche von "Where Myth Becomes Memory": Die Tracks variieren in ihrem Aufbau, arbeiten jedoch immer auf dasselbe Ziel hin und klingen auf Dauer etwas gleichförmig, obwohl die Mischung an Härte und Eleganz an sich gut aufgeht.

Der Opener "Almost Always" bietet eine ähnliche Dynamik wie "Drip". Zunächst leitet er das Album mit Gesang begleitet von Noise-Elementen ein, bevor ein Klavier und die Synthline einsetzen und die restlichen Instrumente den Song um eine gewisse Kante ergänzen. Die verschiedenen Baublöcke kommen zu einem stimmigen großen Ganzen zusammen, doch ab einem bestimmten Punkt bleiben Überraschungen aufgrund der vielfachen Wiederholungen derselben Formel aus. So kann man bereits ab der Mitte des Albums erahnen, wann eine ruhige Bridge durch energische Riffs und Shouts abgelöst wird und umgekehrt. 

Selbst grundsätzlich chaotische Stile wie Mathcore wirken daher teils formelhaft und gezähmt, um mit den softeren Elementen zusammenzupassen. Während die djentigen Riffs in den härteren Parts teils fast schon statisch wirken, insbesondere im Vergleich mit den vorherigen beiden Alben der Band, stechen jedoch gerade die ruhigeren melodischen Abschnitte mit klarem Gesang, Klavier und Synthesizern oder melodischen Riffs positiv hervor. Diese Mischung funktionierte bereits auf vorherigen Veröffentlichungen und passt auch hier, doch im Vergleich mit den letzten beiden Alben wirkt es beinahe so, als würde sich die Band etwas zu sehr darauf konzentrieren, diese beiden Welten miteinander zu vereinen. Das soll nicht zu negativ klingen; die Gruppe schafft es, spielend zwischen unterschiedlichen Genres und Klangdynamiken zu wechseln, aber einige Lieder fühlen sich an, als seien darin mehrere Tracks zusammengeflossen, was das Zuhören erschweren kann.

Kein Problem hingegen bei den Vocals: Ob klarer oder harscher Gesang, Eva Spence überzeugt in beiden Kategorien vollends und verleiht aggressiven Strophen eine immense Wucht, während sie ruhigere Nummern gekonnt mit ihrer besinnlichen Stimme abrundet. Auch der Wechsel zwischen beiden Gesangsarten verläuft fließend und bricht nicht die Immersion. Lieder wie das ruhige "Stumbling" und der darauf folgende energetische Track "To Resist Forgetting" brechen mit der eingangs beschriebenen Formel und lockern das Album etwas auf, indem sie jeweils einen Aspekt des Sounds der Band in den Vordergrund rücken. Mit "The End Of Eternity" erhält das Album schließlich einen schönen Abschluss, in dem sich ROLO TOMASSI von ihrer besten Seite präsentieren und noch einmal ihr Talent für Songwriting beweisen. 

Fazit

Zwar gelingt es der Gruppe, die Extreme ihrer Musik zu vereinen und auf stimmungsvolle Art und Weise Dream Pop und Shoegaze mit kernigen Riffs zu paaren, doch auf Dauer wirkt diese Mischung etwas eintönig und langatmig. ROLO TOMASSI spielen mit beiden Seiten ihres Sounds und treiben diese zur Eskalation, doch ihren Zenit erreichen sie in den ruhigeren Abschnitten, von denen es gerne mehr hätte geben können. Stattdessen liegt der Fokus sehr stark darauf, beide Gegensätze zu vereinen, was funktioniert, die Songs und das Album als Ganzes jedoch etwas gleichförmig und langatmig wirken lässt.

Insgesamt ist das neue Album gelungen, aber teilweise fühlen sich die härteren Elemente aufgezwungen an und kommen nicht ganz an die stimmungsvolleren ruhigen Parts heran.

Die Tracklist zu "Where Myth Becomes Memory":

1. Almost Always
2. Cloaked
3. Mutual Ruin
4. Labyrinthine
5. Closer
6. Drip
7. Prescience
8. Stumbling
9. To Resist Forgetting
10. The End of Eternity