Minas Morgul - Todesschwadron Ost


Review

Stil (Spielzeit): Black / Pagan (65:40)
Label/Vertrieb (VÖ): Black Attack (Dez. 2006)
Bewertung: Sehr gelungen. [8/10]
Link: http://www.minasmorgul.org/

MINAS MORGUL (Ehem. Minas Ithil - Stadt des Mondes) ist Sindarin für Stadt der schwarzen Magie und eben diese Stadt liegt, wie bereits anzunehmen, in der von John Ronald Reuel Tolkien erdachten Mittelerde. Dass solche Bandnamen keine Seltenheit sind ist kein Staatsgeheimnis. Ob nun AMON AMARTH, BURZUM, ISENGARD, BARAD DUR oder GORGOROTH um nur eine Hand voll zu nennen: Die Liste ist nahezu endlos. 
Sie alle entspringen der Sprache Tolkiens. Es ist ebenso wenig ein Geheimnis, dass sich viele Bands dieser Sparten nicht durch ethisches Feingefühl auszeichnen oder sogar im hohen Grade durch und durch mit braunem Gedankengut befleckt sind. Der Verdacht liegt bei der dicken Scheibe Heidentum, die hier auf den Teller kommt, leider nahe und so ein paar klärende Worte:
Trotz der gewollt heftigen Liedtitel, wie "Todesschwadron Ost", "Stahlpakt 54°" oder aus früheren Tagen "Blut und Eisen", distanziert sich die Band in ihren Pressetexten von Politischem; ebenso von dem primitiven Spartendenken, der Engstirnigkeit und trifft mit diesem ausführlichen Statement den Nagel auf den Kopf. Alles davon wiederzugeben würde den Rahmen hoffnungslos sprengen, aber um vorzubeugen sei das hier zitiert:

"Unsere Erlebnisse mit diesen und anderen Schaben, welche modernes Heidentum und Religion nicht als Gefühl aus der Mitte, dem Herzen, sehen, sondern als politisch gefärbt betrachten, taten das übrige.  Es sei an all jene adressiert, die sich dick Odin ans Revers heften, weder ihn noch seine Geschichte, weder Kult, noch Gebräuche und Riten kennen und uns / mir die Ohren mit irgendwelchem verdrehten Zeugs wund quatschen."

Provoziert wir aber natürlich dick und nicht jeder kommt darauf, dass sich hinter dem Albumtitel "Todesschwadron Ost" die marodierenden Orks, Fabelwesen Mordors, einem fiktiven Land in der Fantasiewelt Mittelerde, das eben im Osten liegt, verbergen. 


Fies, gemein und atmosphärisch klingen die Ostdeutschen. Auf irgendeine Art und Weise wirkt die Musik auch episch, jedoch wird auf überladene Orchester-Imitationen verzichtet; dieser Eindruck muss unter Anderem von den mehrstimmigen Gesängen kommen, denn hinter dem gekeiften, dominierendem Stimmorgan scheint eine klare, volle und feste Stimme hindurch.
Synthesizer, klarer Gesang und ruhige Instrumentalparts sorgen für die nötige Abwechselung in dem epischen Black Metal. "Die Stunde Des Wolfes", das Zwischenspiel vor "Wulf", ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Akustische Gitarren und Streicher blasen einen frostigen Wind durch die Blutbahnen. Mit "Ein Schatten" erreicht der knapp sechsundsechzig Minuten lange Langspieler einen seiner Höhepunkte. Eingängig, atmosphärisch und trotzdem kraftvoll und ungebändigt donnern die bis in die letzte Silbe durchdachten Texte. Auch das Titelstück ist durch und durch stimmig und kraftvoll; der dunkle Schatten aus dem Osten fällt akustisch über das Land und bringt Angst und Schrecken.
"Wie's Uns Gefällt" ist der wohl bemerkenswerte Titel auf dem Album. Heißes und fettiges Essen, Getränke aus Hörnern, Fleischeslust und wilde Feierei werden dort angepriesen; eine Partystimmung, mit der ich nur überhaupt nicht gerechnet hätte, macht sich breit. 
Joseph Goebbels und George Bush stellen wohl wenig freiwillig Tonbandaufnahmen in einem eindeutigen Kontext, sodass sich zwar zunächst die Kehle zusammenschürt, im Zusammenhang mit den geschrieenen Texten kein Fitzel Zweifel mehr bleibt, dass man es zwar nicht zwingend mit wohlerzogenen Engeln oder Moralaposteln zu tun hat, sehr wohl aber mit Menschen, die klug genug sind sich von dem widerlich pseudo-politischen Hetzereien zu distanzieren. 


Was bleibt ist ein durchdachtes und traumhaftes Album, was in seiner Härte, Vielseitigkeit und Abwechselung nicht viele Konkurrenten hat. Der Fokus liegt zwar klar auf dem Heidentum, doch wirkt nicht anstrengend oder aufgesetzt und auch wenn man nicht hinter den Werten dieser alten Weltanschauung stehen mag wird man seinen Spaß und ein paar nachdenkliche Minuten mit dem Langspieler haben können. Die langen, beiliegenden, erläuternden Texte zu der oft bildlichen Lyrik, die ein weites Spektrum abdeckt, das überraschend farbenfrohe Artwork, das stark an frühe Tabletop- und Rollenspiel-Kunst erinnert und der Anspruch lassen eigentlich kaum Wünsche offen.