Imperial Vengeance - At the Going Down of the Sun Tipp


Stil (Spielzeit): Melodic Black Metal (1:00:15)
Label/Vertrieb (VÖ): Candlelight Records (20.07.09)
Bewertung: 8,5 / 10

Home / Myspace
Wenn man sich Bandnamen, Songtitel und Cover so anguckt, dann steht zu vermuten: da geben sich zwei junge Leute alle erdenkliche Mühe, Eindruck bei der bekannt patriotischen englischen Presse zu schinden und mit aller Macht nach dem Order of the British Empire zu greifen. --- Hört man sich das Mittel zum Zweck an, dann fürchte ich allerdings für die Sirs in spe, dass zumindest die Queen „shouldn't be amused".
Es sei denn, sie steht wider Erwarten auf melodischen Black Metal mit Melodeath Anteilen. Aber vielleicht gefallen ihr ja die orchestralen Intarsien von C. Edward Alexander (auch git. / voc.). Die halten sich zum Glück weit entfernt vom Hollywood-Bombast norwegischer Provenienz. Hinlänglich schwülstig sind sie dennoch. Das muss bei dem Textkonzept aber auch so sein, das sich wesentlich an der Militärgeschichte des UK zwischen 1873 und 1943 orientiert. Aber nicht nur der 6. Luftlandedivision und Konsorten, auch C?n Annwn, den Hunden der Unterwelt aus der walisischen Mythologie, oder dem keltischen Stamm der Trinovanten werden akustische Denkmäler gesetzt.

Während der Metal hübsch schwung- und kraftvoll, aber sicher nicht gerade innovativ aus den Boxen katapultiert wird, sind die diversen orchestralen Stellen teilweise wirklich schick. Muss man aber wohl mögen. Hat weniger mit DB's Soundtrack-Atmosphären zu tun, ist vermehrt an richtiger Klassik orientiert. Sicher bin ich nicht, meine aber Parallelen zur Spätromantik Holsts u. Mahlers auszumachen. Daneben wird's aber auch mal Barock. Klingt jedenfalls weniger überladen als die Norweger, weniger synthetisch. Herrlich viktorianisch: das Intermezzo mit minimalistische Piano (im Stil Messiaen / Satie) und schönschaurigem Cello „From Childhood's Hour". Natürlich gehen die klassischen Spielereien etwas zu Lasten der Härte. Trotzdem kriegen IMPERIAL VENGEANCE noch ordentlich Druck auf die Membranen. Was erstens an einer seht guten, aber nicht allzu unorganischen Produktion, andererseits an der hohen Durchschnittsgeschwindigkeit liegt. Um der Langeweile vorzubeugen oder um Atmosphäre in die fröhliche Raserei zu bringen, geht's auch mal bedächtiger zur Sache.

Nimmt man mal DIMMU BORGIR und ISKALD als Reverenzen, dann sortieren sich die Tommys in Sachen Härte / Bombast wohl in der Mitte ein. Vor allem werden einem jene kitschigen Chöre und anderen vokalen Gimmicks erspart, die noch den besten Ansatz DIMMUs ungenießbar machen. (Allerdings sind auch hier einige der Keyboard-Modulationen grenzwertig.) Und wo bei ISKALD der Groove über gut gesägtes, thrashiges Riffing kommt, sind es hier die komplexen Griffe, die für einen eher melodiösen Groove sorgen. Ein bisschen erinnert's an Alexi Laiho („Something Wild" / „Hatebreeder"), inkl. dessen dezenter Tendenz zur Atonalität. Auch das eine Parallele zur Spätromantik.

Fazit: „At the Going Down of the Sun" ist zunächst einmal Gute-Laune-Black-Metal. Melodisch, dynamisch, überwiegend schnell. Also gut was für Zwischendurch. Aber damit wird man der Scheibe nicht gerecht. Sie taugt außerdem auch zum Zuhören, finde ich. Da stecken einige instrumentale Feinheiten drin, die bei dem überbordenden Schwung vielleicht schnell überhört werden. --- Ich fühle mich jedenfalls bis jetzt schon diverse Male sehr gut unterhalten.

Ein Wort noch mal zum textuellen Konzept: Mehr als einzelne Worte vermag ich bei gutturalen Kreisch- und Grunzgesängen zwar nicht aufzuschnappen; belegen kann ich's deshalb nicht, aber ich glaube kaum, dass wir es hier mit zwei Dummbatzen von der National Front / BNP zu tun haben, die imperiale Großmachtsphantasien schüren wollen. Das Video unten gibt wie ich meine, nicht nur einen musikalischen, sondern auch einen Eindruck von dem dezenten Humor C. Edward Alexanders... Normalerweise liegt der Union Jack da nicht so drapiert, wetten?