Frost - Milliontown




Stil (Spielzeit): Progressive Rock (59:04)

Label/Vertrieb (VÖ): InsideOut Music / SPV (21.07.2006)

Bewertung: nahezu überflüssig (4,5/10)

Link: http://www.frost-music.com

FROST ist ein Projekt von Jem Godfrey. Der ist ein erfolgreicher Mainstream-Produzent und -Songwriter, hat unter anderem für ATOMIC KITTEN, RONAN KEATING und BLUE an den Reglern gesessen und möchte sich nun laut eigener Aussage neben der "Familienkutsche" Popmusik den "Ferrari" Prog zulegen.

Für dieses Hobby hat er sich, wie es sich für einen Produzenten gehört, nicht irgendwen ins Boot geholt, sondern einige namhafte Musiker des Genres. Während der Initiator der Band auf dem Debüt "Milliontown" in die Keyboardtasten haut und sich auch stimmlich zeigt, geben sich Andy Edwards und John Jowitt von IQ an Schlagzeug und Bass die Ehre. John Mitchell von KINO und ARENA übernimmt die Gitarre und singt ebenfalls. Als Gast an der Gitarre tritt noch John Boyes auf.

Das Credo der Band ist es, modernen Prog zu spielen und ihn dementsprechend modern klingen zu lassen. Das klappt recht gut, was aber zu großen Teilen auf die erwartungsgemäß aufwendige Produktion zurückzuführen ist. Ein Profi wie Godfrey weiß eben, wie man dünnen Klang vermeiden und eventuelle Schwächen mehr oder weniger geschickt verdecken kann. Letztere liegen vor allem im Bereich des Gesangs, welchen zu einem Großteil Godfreys äußerst farblose und deshalb meistens vervielfältigte Stimme bestreitet. Die Gesangslinien verraten den Chartproduzenten: immer melodiös (wie beim Vorbild YES, was an sich noch nicht schlimm ist), meistens brav und insgesamt langweilig. John Mitchells Anteil am Gesang ändert daran auch nichts. Ansonsten gibt es guten Prog mit einigen schönen, aber auch nicht sensationellen Brüchen. Mir erscheint das alles etwas gehemmt und manchmal auch künstlich. Vielleicht macht mich der Job des Bandkopfes übermisstrauisch, aber ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass die Band nur so tut, als mache sie ungewöhnliche Musik, ohne diese wirklich zu praktizieren. Stichwort eins: konstruiert, oder besser: konstruiert wirkend und gewissermaßen zu routiniert. Stichwort zwei: Rock nah am Standard, nur halt mit Studiotechnik und einigen progtypischen Spielereien verziert. "Hyperventilate" und "No Me, No You" können noch so halbwegs damit punkten, aber mit dem mühsam verhohlenen Rockgestampfe "The Other Me" ist der Tiefpunkt erreicht. Ein echt öder Song.

Kurze off-topic-Bemerkung: Ich habe nichts gegen aufwendige Produktion. Die in einen anderen musikalischen Bereich gehörende "Lateralus" von TOOL enthält zum Beispiel ungeheuer viele Effekte, wovon manche sofort auffallen und andere erst beim x-ten Durchlauf überraschen. Nur: da sind halt die Songs genial. So ergänzen die Effekte die Songs und lassen niemals ein Ablenkungsmanöver vermuten. Bei "Milliontown" von FROST sieht die Sache anders aus.

FROST, die sich gelegentlich in Andeutung eines Eiskristalls auch FROST* schreiben, haben also mit 5 Liedern in 32 Minuten keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, doch als hätten sie es geahnt, wollen sie es nochmal wissen: Satte 26 ½ Minuten dauert der abschließende titelgebende Track des Albums. Hier wird das schon vorher kredenzte in der größten auffindbaren Karaffe nochmals eingeschenkt: durchaus guter Prog von elegisch bis mäßig vertrackt, fader, inzwischen sogar nerviger "Gesang", und das Ausbleiben von Aha-Momenten nennenswerter Intensität.

Auch wenn ich den Fans der beteiligten Musiker damit vor den Kopf stoße: Ich nenne sowas unterm Strich Mittelmaß. Oder Familienkutsche.