Lester - Die Beste Aller Zeiten

Lester - Die Beste Aller Zeiten
    Punkrock

    Label: Crestwood Records / Loud Media
    VÖ: 30.10.2020
    Bewertung:7/10

    Lester im Web


LESTER aus München haben große Pläne für das Jahr 2020. Bereits Anfang des Jahres veröffentlichten sie eine EP, jetzt folgt mit "Die Beste Aller Zeiten" ihr zweites Album. Darauf wird wieder "Heavy Pop" zu finden sein, das Genre, dem die Musiker sich selbst zuordnen.

LESTER legen voll los: Ihr Sound ist schnell, laut und macht meistens auch Spaß. Sie wirken wie eine richtige deutsche Punk-Band und ihren Sound beschreiben sie selbst als "Gemisch von Punkrock, Indie und dem Emo der 90er Jahre". Wichtig ist ihnen dabei zu betonen, dass sie den Emo meinen, den es vor den Mascara-Musikern gab.

Gleich zu Beginn wird ordentlich in die Gitarren gehauen und Stimmung gemacht. Denkt man aber an LESTERs Beschreibung zurück, fehlt ein wenig die versprochene Edginess. Auch der darauf folgende Song gibt weiter Gas: Ein eingängiger Rhythmus mit präsenten Gitarren und Ohrwurmzeilen verleihen dem Song Radiopotenzial, einzig am Titel "Fickersticker" wird es wohl scheitern.

LESTER bietet Stadion-Potenzial

Mit dem Song "Kreidekreisel" wird dann auch ein Musikvideo mitgeliefert. Während der Refrain einen durch den neuen Rhythmus zum Stolpern bringt, überzeugt das Musikvideo mit Freiheitsgefühlen und etwas Pop-Punk-Ästhetik.

Weiter geht es mit Song Nummer fünf, "Trick 17" – und der sticht aus dem Album heraus. Von der ersten Sekunde an wird man mit Energie überschüttet; die Gitarren, Drums und der Gesang sind im Einklang und geben alles. Die Bridge bietet dann perfekte Voraussetzungen für einen Stadion-Song, der im Flutlicht von Smartphone-Lichtern mitgegröhlt wird. Das macht ihn zu meinem persönlichen Highlight des Albums. Geendet wird in einem Höhepunkt, der einen über die bisher weniger abwechslungsreichen Songs hinwegsehen lässt.

Wer austeilt, muss auch einstecken können

Die Ernüchterung folgt leider schnell – der nächste Song "Halt Dein Maul" teilt ordentlich aus. Aber gegen wen genau? Und heißt das, LESTER kann auch mal einstecken? Bei Lyrics wie "Gerade noch das bisschen Punk, dass sich Mutti noch erschreckt", "Das Bandfoto verrät schon, dass ihr derbe Trottel seid. Selbst die schöne Lichtshow glaubt nicht, dass das genügt. Habt die Rockstarposen ganz umsonst so lang geübt" und "Wir sind anders, denn wir glauben, was wir sagen" kommen so einige Fragen auf. Ist das hier die neue Gatekeeping-Hymne? Muss man erst eine Aufnahmeprüfung bestehen, um wirklich Punk zu sein? Ist das ein Seitenhieb gegen die vorher genannten Mascara-Musiker? Und wenn ja, wieso? Fragen über Fragen.

Ein runder Abschluss

Ist man über diese Ernüchterung hinweg, kann man den Rest des Albums zumindest noch genießen. Großartig ausgeteilt wird nicht mehr, "Treppenhaus" bringt einen gewissen 2000er-Sound im Sinne von BLINK-182 mit sich und es gibt einen ordentlichen Abschluss.

Ihr letzter Song "Bärensee" wirkt sehr reflektiert, lyrisch und musikalisch. Er bringt das Ende des Albums und lässt das die Hörer auch spüren – ein runder Abschluss zu einem insgesamt gelungenen Album.

LESTER haben dieses Jahr bereits eine EP rausgebracht, aber das hat sie definitiv nicht müde gemacht. Ihr neues Album hat einige Schwachstellen, bei denen die Songs wenig abwechslungsreich sind, sie überzeugen aber dafür umso mehr mit den Songs, die herausstechen. Zwar teilen sie ganz schön gegen andere aus, sie werden aber mit Sicherheit auch noch einstecken müssen. Gatekeeping im Jahr 2020 ist übrigens uncool.

Trackliste:

  1. Detox in Detroit
  2. Fickersticker
  3. Rosario-Xinghua
  4. Kreidekreisel
  5. Trick 17
  6. Halt dein Maul
  7. Treppenhaus
  8. Pagodenburg
  9. Loriot
  10. Bärensee