Geschrieben von Alexander Donnerstag, 14 Juni 2012 20:43
Irish Folk Open Air Poyenberg 2012 - Der Bericht

Poyenberg – Ein kleines, verschlafenes Dörfchen im Naturpark Aukrug, Schleswig-Holstein. Seit dem Jahre 2001 findet hier das größte Irish Folk Festival Norddeutschlands statt. Eine große Besonderheit stellt der „International Markt" dar, bei dem 16 Stände aus aller Herren Länder zu finden sind. Das Lineup im Jahre 2012 sah wie folgt aus: Rapalje, Celtica, Skerryvore, The Sally Gardens, The BeerMats, Brogues und ein „Special Guest".
Samstag, 9. Juni 2012 um 17:30: Die Tore des Festivals öffnen sich und die ersten paar Tausend Leute, die schon eine knappe Stunde gewartet haben, stürmen das Festivalgelände, um sich einen guten Platz direkt vor der Bühne zu sichern, damit auch gleich die erste Band, The BeerMats, aus bester Sicht betrachtet werden kann.
Zu The BeerMats gibt es nicht viel Besonderes zu sagen, sie überzeugten weder mit einer überragenden Show, noch mit besonders gutem Sound oder überragenden Songs; es war für den Opener-Act zwar völlig in Ordnung, aber richtig gute Stimmung kam nicht auf. Man könnte meinen, dass dies daran lag, dass erst vor kurzem der Regen aufgehört hatte – angesichts des 08/15-Folks, den diese Band ablieferte, nicht sehr wahrscheinlich. Bemerkenswert war lediglich die Spielzeit von 70 Minuten, für einen Opener doch eine ganze Menge, selbst wenn man die geringe Anzahl an Bands in Betracht zieht.
Als zweites folgten The Sally Gardens, eine Band, die ich schon mehrmals live zu sehen bekommen habe und die immer wieder interessant ist. Eine durchweg solide Show, tolle Songs, doch leider eine fragwürdige Stimme, im wahrsten Sinne des Wortes: Es dauerte nicht lange und schon stand die Frage im Raum, ob man nicht auf einem Doro Pesch Konzert sei. Die Stimmenähnlichkeit war an diesem Abend schon fast gruselig; jedoch ist nicht zu bestreiten, dass es mehr als gut gepasst hat und alles ein wenig rockiger machte. So war ich schon fast traurig, als sie aufhörten zu spielen – und das, obwohl einer meiner persönlichen Top-Acts folgen sollte.
Rapalje sind schon seit Jahren ein Stammgast auf dem Poyenberg-Festival und dies aus gutem Grund: Immer wieder überrascht es mich, wie gut es diese Band versteht, das Publikum zu begeistern und mitzureißen. So dauerte es nicht lange, bis sich vor der Bühne ein kleiner Kreis zum „Tanzen" bildete, sehr zur Freude der Band und zur Freude derer, die im Kreis waren. Doch sofort zeigte sich ein Problem, welches mir schon bei meinen letzten Poyenberg Besuchen aufgefallen ist: Das unglaublich sture Publikum. Zu dem Genre Irish Folk gehört nunmal auch Tanzen, man muss sich bewegen und will Spaß haben, jedoch sehen das einige wohl anders... Was eigentlich kein Problem wäre, wenn diese sich nicht absichtlich mitten in den Kreis stellen und alles und jeden anmeckern und schon beinahe schlagen würden, was ihnen zu nahe kommt. So konnten die 30 Leute, die sich mittlerweile bewegten, dies nicht weiter fortsetzen, da drei Leute sich in den Kreis stellten und mit Schlägen drohten. Zuvorkommend wie man ist, lässt man das Ganze dann natürlich für's erste.?
Wie dem auch sei, das musikalische Können von Rapalje bleibt unter den Folk-Bands unangefochten und ist immer wieder ein Hochgenuss. Leider wurde aus Gründen, die mir nicht ganz klar geworden sind, der Auftritt von Raplaje in zwei Hälften geteilt, die zweite Hälfte des Auftritts sollte fünf Stunden später folgen. Genug Zeit, um zur musikalischen Untermalung von Skerryvore den „International Markt" unsicher zu machen.
Während Skerryvore die Bühne unsicher machten, tat ich dasselbe auf dem „International Markt", der wirklich sehr zu empfehlen ist. So gab es u.a. einen Brasilien-Stand, so wie Deutschland, Mexico, Schweden und zwölf Stände weiterer Länder. Das Angebot war alles in allem vielfältig, so gab es typische Kost aus den jeweiligen Heimatländern und dies zu einem super Preis. Ein Wrap am Mexico-Stand kostete nur 2,50 €. Schnaps bekam man an fast allen Ständen für jeweils einen Euro, Bier bekam man für zwei Euro. Und ganz passend dazu kostete selbst das Ticket nur 16 Euro. Super Preis-Leistungsverhältnis, Respekt! Nach dem Markt ging es für mich noch einmal vor die Bühne, passend zum Ende von Skerryvore. Leider waren auch diese nicht sonderlich überragend, sondern von der Stimmung her sehr mit The BeerMats zu vergleichen.
Als nächstes kam dann, passend zum Einbruch der Dunkelheit, eine Feuershow; zumindest wurde gesagt, dass es eine sein soll. Die Feuershow hätte ich ohne die Ankündigungen als solche absolut nicht erkannt, ein kleines Kind mit Streichhölzern wäre definitiv talentierter gewesen. Die Show war grauenhaft, ich würde gerne noch etwas Gutes dazu sagen, aber mir fällt leider nichts ein, bis auf das Übliche: Sie haben sich echt Mühe gegeben.
Ein anschließendes Feuerwerk ließ mich dieses Streichholzgefuchtel zum Glück schnell vergessen. Es war zwar kein besonderes Feuerwerk, wurde aber genau zur rechten Zeit gestartet und hob die Stimmung enorm. Nachdem dieses vorbei war, warf ich einen Blick auf die Bühne... Ich traute meinen Augen kaum, als ich das Banner des "Special Guests" las. Es waren Santiano.
Santiano sind zwar nicht unbedingt eine Irish Folk Band und werden oft spöttisch betrachtet, jedoch verbreiten sie live eine ungeheure Stimmung und dies bei Liedern, die man schon häufig zuvor gehört hat. So dauerte es nicht lange, bis ihr wohl bekanntestes Lied angespielt wurde: „Leinen los, volle Fahrt, Santiano". Und kurz darauf kam der schon bei Rapalje aufgetretene Kreis wieder, jedoch deutlich größer. Diesmal blieb er (zwar mit gelegentlichem Protest, dass dies gefährlich sei und man asozial sei), aber nachdem die ersten zierlichen Frauen mitmischten und die Umstehenden sahen, wie harmlos das Ganze ist, wurden auch die Proteste leiser. Es wurde gefeiert bis zum Abwinken. Eine zwar recht langweilige Show, aber der Sound machte alles wieder wett, denn der war perfekt.
Mehr als erschöpft ging es dann zum Campingplatz, um etwas Wasser zu holen. Doch nirgends gab es eine Wasserstelle, an allen Becken standen nur Schilder: Kein Trinkwasser. Na toll, wo bekommt man nun Wasser her? Es gab zwar auf dem Gelände welches, doch bei 50 ct pro Becher ist man schnell mit 5 Euro dabei, und das für Wasser. Immer noch keins gefunden, hörte man schon den Soundcheck der nächsten Band, also schnell von den freundlichen Nachbarn eine Flasche Wasser geschnorrt und ab zu Celtica!
Celtica sorgten für eine unfassbar tolle Stimmung und spielten vortreffliche Songs. Das Gute an den Liedern war, dass sie teils eigene spielten, teils Cover. Nun möchte man meinen, dass eine Band mit zwei Dudelsäcken Lieder wie „Drunken Sailor" oder „Was sollen wir trinken" spielt, doch dem war nicht so. Sie spielten Lieder, die jeder kannte und die unheimlich Stimmung machten: „Highway to Hell" und „Thunderstruck" von AC/DC, Songs wie „We will rock you" von Queen oder „Smoke on the water" von Deep Purple, auch "I love Rock 'n Roll" fehlte nicht. Bei diesen Liedern möchte man meinen, dass sie mit zwei Dudelsäcken komisch klingen, doch das genaue Gegenteil war der Fall. Ich fand diese Versionen fast besser als die Originale. Celtica kannte ich vorher nicht, aber ich würde sie jedem empfehlen und werde sie mir bei jeder sich mir bietenden Gelegenheit ansehen, ich war und bin immer noch völlig begeistert!
Leider musste ich anschließend mit meiner Mitfahrgelegenheit nach Hause fahren, wurde aber später genauestens über die beiden noch fehlenden Auftritte aufgeklärt. Zum einen der zweite Teil des Rapalje Auftritts, dieser war wie zu erwarten nicht sonderlich anders als der erste, typisch Rapalje eben. Gespielt wurden, vermutlich aufgrund der fortgeschrittenen Stunde, eher ruhigere Songs. Und wie bei ihrem ersten Auftritt stimmten auch hier der Sound und die Stimmung.
Zuletzt spielten dann Brogues. Eine recht sympathische und aufgeweckte Band, die mit viel Abwechslung zwischen schnellen und langsamen Songs einen schönen Abschluss bildete. Wie zu erwarten, war auch hier die Stimmung gut.
Abschließend bleibt zu sagen, dass das Irish Folk Festival in Poyenberg seine Höhen und Tiefen hatte. So war die Auswahl an Bands und das Preis-Leistungsverhältnis mehr als gut, und auch die Stimmung stimmte größtenteils – bis auf die schon erwähnten Probleme mit den älteren Festivalbesuchern. Ein weiterer Nachteil ist wohl der, dass seit Jahren sehr viele der Besucher Jugendliche sind, die glauben, dass ein Irish Folk Festival nur dafür da ist, um sich zu betrinken. Diese Besucher stören zwar nicht aktiv, dennoch trübt es die Stimmung.
Nichtsdestotrotz würde ich das Irish Folk Festival in Poyenberg allen Irish Folk Fans von jung bis alt empfehlen. Es lohnt sich! Wer Tickets haben will, sollte sich diese schnell sichern, denn die Tickets für das Jahr 2012 waren schon nach sieben Stunden ausverkauft.
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